Entscheidungsstichwort (Thema)

Duldung eines Überwuchses wegen unzumutbaren Rückschnittbegehrens

 

Leitsatz (amtlich)

a) Es steht dem beeinträchtigten Grundstückseigentümer frei, nicht nach § 910 Abs. 1 S. 2 BGB vorzugehen, sondern den selbständig daneben stehenden Anspruch auf § 1004 Abs. 1 BGB geltend zu machen; Maßstab bleibt allerdings § 910 Abs. 2 BGB.

b) Läuft das Rückschnittbegehren letztlich auf eine verbotene Beseitigung des Baumes hinaus, kann es unzumutbar sein.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 01.06.2006; Aktenzeichen 3 O 299/05)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das am 1.6.2006 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - 3 O 299/05 - wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Wert der Beschwer des Klägers übersteigt 20.000 EUR nicht.

 

Gründe

A. Der Kläger begehrt von den Beklagten, seinen Grundstücksnachbarn, - soweit für die Berufungsinstanz noch von Bedeutung - den Rückschnitt zweier an der gemeinsamen Grundstücksgrenze stehenden, fast 20 m hohen und mit der Krone bzw. dem Astwerk bis zu 4,10 m in den Luftraum über dem klägerischen Grundstück hineinragenden Fichten.

Durch das angefochtene Urteil (Blatt 97 ff.), auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen vollumfänglich gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das LG die diesbezügliche Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens (Blatt 32 ff.) abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, aus sachverständiger Sicht sei weder eine standortgerechte Pflanzung auf Klägerseite ausgeschlossen noch eine ortsunübliche, erhebliche Beeinträchtigung des seitens des Klägers im fraglichen Bereich angelegten Stellplatzes gegeben.

Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers, der seinen angeblichen Beseitigungsanspruch weiterverfolgt. Er wendet sich dagegen, dass der Erstrichter eine Beeinträchtigung des Stellplatzbereiches seines Grundstückes verneint hat, und rügt in diesem Zusammenhang insbesondere, dass sein unter Beweis gestellter Vortrag, dort abgestellte Fahrzeuge würden Schäden durch Fichtenzapfenbefall und Harztropfen erleiden, erstinstanzlich nicht berücksichtigt worden sei. Er ist der Ansicht, solche Auswirkungen der Fichten brauche er nicht zu dulden.

Der Kläger beantragt (Blatt 136, 255), unter teilweiser Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Beklagten zu verurteilen, die auf ihrem Grundstück [Straße] [Ort], Gemarkung J., T., Flur 2, Parzelle Nr./27 entlang der Grundstücksgrenze zum Grundstück des Klägers [Straße], [Ort], Gemarkung J., T., Flur 2, Parzelle Nr./11 befindlichen Bäume so zurückzuschneiden, dass

  • keine Äste mehr auf das Grundstück des Klägers herüberragen und
  • keine Nadeln und Tannenzapfen auf das Grundstück des Klägers fallen.

Die Beklagten beantragen (Blatt 123, 255), die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres früheren Vorbringens. Sie bleiben bei ihrer Darstellung, die beiden Fichten stellten keine ortsunübliche, wesentliche und unzumutbare Beeinträchtigung des klägerischen Grundstücks dar. Im Übrigen laufe auch das Zurückschneiden der beiden Fichten letztendlich auf deren Beseitigung hinaus, welcher Anspruch indessen längst verjährt sei.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 2.8.2007 (Blatt 252 ff.) Bezug genommen.

Der Senat hat weiter Beweis erhoben; wegen des Ergebnisses wird auf das Ergänzungsgutachten des Sachverständigen E. vom 16.5.2007 (Blatt 157 ff.) sowie dessen Erläuterung (vgl. Sitzungsprotokoll vom 2.8.2007, S. 2 ff.; Blatt 253 ff.) verwiesen.

B. Die Berufung des Klägers ist nach den §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, mithin zulässig.

In der Sache bleibt ihr der Erfolg jedoch versagt, denn die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer kausalen Rechtsverletzung i.S.d. § 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).

Im Ergebnis zu Recht hat das LG das - allein berufungsgegenständliche - Begehren des Klägers auf Rückschnitt des Überhangs der beiden in Rede stehenden grenznahen Fichten für unbegründet erachtet. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Ergebnisses der geboten gewesenen weiteren Beweisaufnahme (Ergänzungsgutachten).

1. Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagten ergibt sich nicht aus den Vorschriften über die Grenzabstände für Bäume nach dem Saarländischen Nachbarrechtsgesetz. Denn der Anspruch auf Beseitigung von Bäumen, die - wie hier - die Grenzabstände des § 48 des Saarländischen Nachbarrechtsgesetzes nicht einhalten, ist gem. § 55 des Saarländischen Nachbarrechtsgesetzes ausgeschlossen, wenn der Nachbar nicht innerhalb von 5 Jahren nach dem Anpflanzen K...

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