Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Aktenzeichen 14 O 102/17)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 13.6.2019 - Az: 14 O 102/17 - abgeändert und die Beklagte wird verurteilt, die Freigabe und Herauszahlung des von der Volksbank D. eG bei dem Amtsgericht Saarbrücken (Az 44 HL 222/2008) zu Gunsten des Herrn H. R., der Klägerin und des Herrn Rechtsanwalt J. als Nachlassverwalter der E. R. hinterlegten Betrages in Höhe von 126.494,44 EUR nebst Hinterlegungszinsen an die Klägerin zu bewilligen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des gesamten vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 115% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 126.494,44 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zustimmung zur Auszahlung eines hinterlegten Betrages an sich.

Die Klägerin beerbte zusammen mit ihrem Bruder, M. R., zu gleichen Teilen ihre Mutter, E. R.. Diese lebte bis zu ihrem Tode im Jahr 2005 mit dem Vater der Klägerin, H. R., in Gütergemeinschaft mit gemeinschaftlicher Verwaltung. H. R. starb im Jahr 2012 und wurde von der Beklagten alleine beerbt.

Die Eltern der Klägerin unterhielten bei der Volksbank Dudweiler u.a. ein Konto mit der Nr. XXXXXXXXXX. Im Jahr 2008 führte ein Schriftwechsel zwischen dem Nachlassverwalter der E. R., Rechtsanwalt J., und den Rechtsanwälten des H. R. über die Aufteilung des Guthabens zu einem Gläubigerstreit. H. R. beanspruchte 75% des Guthabens für sich, weil er den Anspruch der Klägerin als hälftiger Erbin der E. R. aus der Erbengemeinschaft mit Vertrag vom 15.7.2006 (Blatt 20 der Akten) erworben habe, also rechnerisch die 25% der Klägerin an den aus der Gütergemeinschaft zu verteilenden Aktiva. Weil keine Einigung über diese 25% erzielt werden konnte, die Beteiligten sich aber auf eine Auszahlung des Guthabens einigten (siehe das Schreiben der Rechtsanwälte E. vom 20.10.2008 - Blatt 26 der Akten), zahlte die Volksbank Dudweiler 50% des Kontoguthabens an den Vater der Klägerin, H. R., 25% an den Nachlassverwalter und hinterlegte die streitigen 25% zugunsten der Klägerin, H. R. und Rechtsanwalt J..

Im Jahr 2017 stimmte Rechtsanwalt J. der Auszahlung des hinterlegten Betrages an die Klägerin zu. Auch der Bruder der Klägerin, M. R., erklärte sich mit der Auszahlung des hinterlegten Betrages an die Klägerin einverstanden (Blatt 197 der Akten). Die Beklagte stimmte nicht zu. Sie berief sich außerdem auf Verjährung.

Das Landgericht Saarbrücken hat die Klage durch Urteil vom 13.6.2019 wegen Verjährung abgewiesen.

Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 13.6.2019 - 14 O 102/17 - die Beklagte zu verurteilen, die Freigabe und Herauszahlung des von der Volksbank Dudweiler eG bei dem Amtsgericht Saarbrücken (Az 44 HL 222/2008) zu Gunsten des Herrn M. R., der Klägerin und des Herrn Rechtsanwalt J. als Nachlassverwalter der E. R. hinterlegten Betrages in Höhe von 126.494,44 EUR nebst Hinterlegungszinsen an die Klägerin zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil.

II. Die Berufung der Klägerin hat Erfolg. Die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine andere Entscheidung. Der Klägerin steht nach § 812 BGB ein Anspruch auf Zustimmung zur Auszahlung des hinterlegten Geldes gegen die Beklagte zu. Die Beklagte kann sich nicht auf die Einrede der Verjährung berufen.

(1.) Der Klägerin steht als materiell Berechtigter an dem hinterlegten Guthaben ein Anspruch gegen die Beklagte aus § 812 BGB auf Zustimmung zur Auszahlung an die Klägerin zu.

(a) Die Klägerin ist materiell Berechtigte hinsichtlich des hinterlegten Betrages.

Vor der Gesamtauseinandersetzung, die streitig ist, konnten sich die Eheleute jedenfalls nach der Scheidung (auf Seiten der Ehefrau deren Erben) formfrei auf eine Teilauseinandersetzung hinsichtlich des Bankguthabens einigen (allgemein dazu: Brudermüller in Palandt, BGB, 79. Aufl., § 1474 Rn. 1; Thiele in: Staudinger, BGB, 2018, § 1474 Rn. 2; Kappler in: BeckOGK, 2019, § 1474 BGB Rn. 56; OLG Stuttgart, FamRZ 1996, 1474). Dies ist im Jahr 2008 geschehen. Die Einigung, die im Schreiben der Rechtsanwälte E. vom 20.10.2008 - Blatt 26 der Akten - angesprochen ist, ist umgesetzt worden. Ohne eine Vereinbarung, das Bankguthaben entsprechend § 1476 Abs. 1 BGB aufzuteilen, hätten dem Vater der Klägerin und Rechtsvorgänger der Beklagten nicht 50% des Guthabens zugestanden. Eine Auszahlung seines Anteils ohne eine entsprechende Einigung über die Teilauseinandersetzung hätte nicht erfolgen können. Auch an den Nachlassverwalter hätte nicht der rechnerische 1/4-Anteil des Bruders...

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