Leitsatz (amtlich)

Der Träger der Straßenbaulast ist im Rahmen der ihm obliegenden Verkehrssicherungspflicht gehalten, den öffentlichen Verkehr auch vor solchen Gefahren zu bewahren, die dem Verkehr aus einem Verkehrsspiegel drohen. Hierbei erfasst die Verkehrssicherung nicht nur die aus der Substanz des Spiegels drohenden Gefahren, sondern auch die Funktionalität des Verkehrsspiegels.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 14.05.2009; Aktenzeichen 4 O 75/09)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Saarbrücken vom 14.5.2009 - 4 O 75/09 - wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.716,35 EUR festgesetzt.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt der Kläger das beklagte Land unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht aus einem Verkehrsunfallereignis in Anspruch.

Der Kläger kollidierte am 19.11.2008 gegen 6.50 Uhr in H., die S. straße befahrend, im Kreuzungsbereich zur N. Straße, in die der Kläger nach rechts einbiegen wollte, mit dem von P. F. gesteuerten Fahrzeug, der die N. Straße aus Sicht des Klägers gesehen von links befuhr.

Gegenüber der Einmündung ist ein Verkehrsspiegel angebracht, der den Verkehrsteilnehmern aus der Fahrtrichtung des Klägers einen besseren Einblick in die N. Straße gewähren soll.

Der Kläger hat behauptet, er habe an der Einmündung angehalten und sich über den Spiegel vergewissert, dass er gefahrlos nach rechts in die N. Straße einbiegen könne. Er habe sich dann langsam in die Vorfahrtstraße vorgetastet und sich weiterhin durch Blick in den Verkehrsspiegel nach links über die Verkehrssituation vergewissert. Er habe dann sein Fahrzeug angehalten, als er das Fahrzeug des Herrn F. bemerkt habe. Dieser sei auf das klägerische Fahrzeug aufgefahren, als der Kläger bereits fast parallel zum Mittelstreifen in der N. Straße gewesen sei.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ihm auch das beklagte Land auf Schadensersatz hafte, weil der Verkehrsspiegel aufgrund eines älteren Knicks in der Haltekonstruktion falsch eingestellt gewesen sei und er das herannahende Fahrzeug nicht habe sehen können. Wegen der örtlichen Situation sei er auf einen ordnungsgemäß eingestellten Verkehrsspiegel angewiesen gewesen. Das beklagte Land hafte, weil es den von ihm aufgestellten Spiegel nicht ausreichend kontrolliert und nicht rechtzeitig repariert habe.

Der Kläger hat den behaupteten Sachschaden unter Vorlage eines Kostenvoranschlags der Firma Auto S. vom 25.11.2008 (Bl. 14 d.A.) auf 1.691,35 EUR beziffert. Daneben begehrt er die Zahlung einer Unkostenpauschale von 25 EUR.

Der Kläger hat zunächst neben dem beklagten Land auch den Fahrer und die Haftpflichtversicherung des unfallverursachenden Fahrzeugs vor dem AG Ottweiler auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Mit Beschluss vom 12.2.2009 (Bl. 31 d.A.) hat sich das AG Ottweiler hinsichtlich der gegen das beklagte Land gerichteten Klage für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit gegen das beklagte Land an das LG verwiesen.

Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger

I. 1.716,35 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.11.2008 zu zahlen;

II. weitere 229,55 EUR außergerichtliche Anwaltskosten zu zahlen.

Dem ist der Beklagte entgegengetreten. Der Beklagte hat den vorgetragenen Unfallhergang mit Nichtwissen bestritten und die Auffassung vertreten, dass dem Kläger eine Vorfahrtsverletzung vorzuwerfen sei. Der Verkehrsspiegel sei nicht vom beklagten Land, sondern von der Ortspolizeibehörde der Gemeinde I. errichtet worden. Bei den regelmäßigen Streckenkontrollen durch den Landesbetrieb für S. seien keine Beschädigungen festgestellt worden. In rechtlicher Hinsicht sei es von Relevanz, dass der Verkehrsspiegel kein Verkehrszeichen, sondern ein Sicherungsmittel sei, das den Kläger nicht davon entbinde, sich selbst um die Einhaltung der Vorfahrtsregeln zu kümmern.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung wird auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO verwiesen.

Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klagebegehren in vollem Umfange weiter. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass sich die Verkehrssicherungspflicht auch auf die Funktion des Spiegels beziehen müsse. Ein Spiegel dürfe nicht seinerseits zur Gefahrenquelle werden, weil er, wie im vorliegenden Falle geschehen, in die falsche Richtung weise und den Verkehrsteilnehmern eine falsche Realität vorspiegele. Der Verkehrssicherungspflichtige müsse eine solche unfallverursachende Fehlfunktion sofort beseitigen.

Der Haltemast des Spiegels sei durch einen Verkehrsunfall am 14.11.2008 gegen 21.45 Uhr abgeknickt worden. Die den Unfall aufnehmenden Polizeibeamten hätten den beklagten Landesbetrieb a...

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