Leitsatz (amtlich)

1. Gelangt über einen offen stehenden Kanaldeckel Sand und Unrat einer Straßenbaustelle in einen städtischen Abwasserkanal (Schmutzwasserkanal eines Trennsystems) und entsteht hierdurch ein Abflusshindernis, das bei Regenfällen zu einem Wasserrückstau im Anwesen eines Anwohners führt, so steht diesem ein Schadensersatzanspruch ggü. der Kommune, sowohl aus pVV als auch aus Amtshaftung und nach den Vorschriften des Haftpflichtgesetzes zu.

2. Dem steht wegen der Besonderheiten des Trennsystems die Rechtsprechung des BGH zum sog. Rückstauschaden nicht entgegen.

3. Die Gemeinde haftet auch für Schäden, die durch ihre Mitarbeiter mittels nicht sachgerechten Druckspülversuche zum Zweck der Beseitigung des Abflusshindernisses verursacht werden.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 22.11.2002; Aktenzeichen 4 O 306/00)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22.11.2002 verkündete Urteil des LG Saarbrücken (4 O 306/00) dahingehend abgeändert, dass in Ziff. I. des Tenors die Worte "nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz" durch die Worte "nebst 4 % Zinsen" ersetzt werden.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

A. Die Parteien streiten um Schadensersatz auf Grund eines Wasserrückstaus in der Schmutzwasserleitung des Hauses der Klägerin sowie auf Grund der Maßnahmen zu dessen Beseitigung.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Hausanwesens Nr. ... in der Straße "..." in ... Die Beklagte ließ im Februar 2000 in dieser Straße Straßenbauarbeiten durchführen (Bl. 3 d.A.).

Am 16.2.2000 trat aus den Abflüssen im Kellergeschoss des klägerischen Anwesens Wasser in den Keller ein. Durch den Einsatz einer Abwasserpumpe wurde der Wasserstand niedrig gehalten (Bl. 3 d.A.).

Am Morgen des 17.2.2000 schickte die Beklagte Mitarbeiter zum Haus der Klägerin. Diese versuchten mittels einer Druckwasserspülung die Verstopfung zu beseitigen, wobei sich der Wasserspiegel im Keller des klägerischen Hauses erhöhte (Bl. 3 d.A.).

Vorprozessual holte die Klägerin ein Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. Architekt S. vom 20.3.2000 (Bl. 6 d.A.) ein (Bl. 4 d.A.). Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 12.4.2000 (Bl. 23 d.A.) auf, an sie innerhalb von 14 Tagen 20.733,86 DM zu zahlen (Bl. 5 d.A.).

Mit ihrer Klage hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie Ersatz für die durch die Überflutung entstandenen Schäden i.H.v. 20.733,86 DM nebst Zinsen zu zahlen.

Sie hat behauptet, die Verstopfung des Kanals sei dadurch entstanden, dass im Laufe der Bauarbeiten auf der Straße ein Schmutzwasserschacht - ebenso wie andere Kanalschächte - längere Zeit offengestanden habe, wodurch Quarzsand, Sand, Wasser und Fäkalien in den Kanal und in ihr Kellergeschoss gelangt seien (Bl. 3, 4 u. 34 d.A.). Die Kanalschächte lägen weit über dem Niveau ihres Grundstücks, welches im Vergleich zu den Nachbargrundstücken am tiefsten liege (Bl. 34 d.A.). Durch die Durchspülversuche am 17.2.2000 sei der Schaden noch verstärkt worden, da hierdurch der Pegel von 10 cm auf 30-40 cm gestiegen sei (Bl. 4 u. 35 d.A.).

Durch die Überflutung sei im Keller ein Sachschaden i.H.v. 18.926,82 DM entstanden (Bl. 4 d.A.). Des Weiteren hat die Klägerin die Auffassung vertreten, Anspruch auf Ersatz der Kosten für den Sachverständigen S. i.H.v. 1.807,04 DM zu haben (Bl. 4 d.A.).

Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, eine Verstopfung im Hauptkanal habe nicht vorgelegen. Vielmehr habe es sich um eine Verstopfung im Hauskanal der Klägerin gehandelt, für die diese selbst verantwortlich sei (Bl. 29 f. d.A.). Die Straße habe sich im Endstufenausbau befunden (Angleichung der Schachtdeckel an das Straßenniveau), jedoch habe durch diesen Arbeitsvorgang nur Wasser in zu vernachlässigender Menge in den Schmutzwasserkanal DN 150 gelangen können (Bl. 29 d.A.). Beim Eintreffen der Mitarbeiter der Beklagten habe im Kellergeschoss lediglich Wasser bis zu einer Höhe von 2 cm gestanden (Bl. 29 d.A.). Beim Freiklopfen des mit Beton und Estrich zugedeckten Revisionsschachts sei das aufgestaute Wasser schnell in den Bodeneinläufen des Hauskanals verschwunden (Bl. 29 f. d.A.). Anschließend sei der Hauskanal vom Waschkeller aus nachgespült worden. Daraus sei zu folgern, dass sich eine Verstopfung des Hauskanals durch die Erschütterungen beim Aufmeißeln des Revisionsschachts gelöst habe und weggespült worden sei (Bl. 30, 139 u. 192 d.A.). Ursache für die Verstopfung sei das Eindringen von Niederschlagswasser in den Schmutzwasserkanal gewesen, welches infolge der Verstopfung nicht habe abfließen können (Bl. 30 d.A.).

Das LG hat - nach Beweiserhebung durch richterlichen Augenschein (zum Ergebnis vgl. Bl. 81-83 d.A.), Vernehmung der Zeugen B. (Bl. 83 d.A.), K. P. (Bl. 85 d.A.), K. P. (Bl. 86 d.A.), H. (Bl. 88 d.A.), B. (Bl. 86 d.A.), G. (Bl. 91 d.A.) und O. (Bl. 93 d.A.) sowie Einholung ...

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