Leitsatz (amtlich)

1. Antragsfragen unterliegen nicht der Inhaltskontrolle.

2. Indiz für Arglist kann sein, dass der Krankenversicherer des Versicherungsnehmers wegen psychischer Belastungen einen Risikozuschlag in der Tagegeldversicherung erhoben hat.

3. Hat der Versicherungsnehmer die Frage nach Behandlungen bejaht und den Hausarzt angegeben und hat der Versicherer auf seine darauf erfolgende Nachfrage bei dem Hausarzt nichts von der von diesem behandelten psychischen Erkrankung erfahren, so hat der Versicherer seiner Nachfrageobliegenheit genügt.

 

Normenkette

VVG § 22; BGB § 123

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 24.03.2005; Aktenzeichen 12 O 304/04)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 24.3.2005 verkündete Urteil des LG Saarbrücken, Az. 12 O 304/04, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 110.710,46 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten darum, ob der Kläger von der Beklagten aus einer abgeschlossenen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung Leistungen beanspruchen kann und das Vertragsverhältnis fortbesteht, nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 6.2.2004 (Bl. 29/30 d.A.) den Rücktritt vom Versicherungsvertrag erklärt und diesen zugleich wegen arglistiger Täuschung angefochten hat.

Der Kläger, von Beruf Rechtsanwalt, beantragte am 18.3.2000 bei der Beklagten den Abschluss einer Risikolebensversicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung und Erweiterung der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung um die Berufsklausel für (u.a.) Rechtsanwälte (Bl. 74 ff., 12 d.A.) unter Einschluss der Allgemeinen Bedingungen für die Risikoversicherung und die Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (Bl. 13 ff. d.A.). Die Beklagte policierte den Vertrag am 25.8.2000 (Bl. 18/19 d.A.) unter Ausschluss von Erkrankungen und Funktionsstörungen der Wirbelsäule sowie Myopie (Bl. 20 d.A.).

Die Gesundheitsfrage Nr. 1 in dem Antragsformular "Litten Sie in den letzten 10 Jahren oder leiden Sie zur Zeit an Krankheiten, Störungen oder Beschwerden (z.B. Herz oder Kreislauf, Atmungs-, Verdauungs-, Harn- oder Geschlechtsorgane, Wirbelsäule, Nerven, Psyche, Blut, Zucker, Fettstoffwechsel, Geschwülste oder sonstige Krankheiten)? Wann, woran, wie lange, Folgen?" mit "geringfügige Anomalie des 3. Lendenwirbels (keine Bandscheibe), ausgeheilt, Lungenentzündung 1990 "[= ausgeheilt]". Die Gesundheitsfrage Nr. 3 "Sind Sie in den letzten 10 Jahren untersucht, beraten, behandelt oder operiert worden? Wann und weshalb, beanspruchte Ärzte? kreuzte der Kläger mit "ja" an und gab seinen Hausarzt "Dr. F." in M. an. Die Gesundheitsfrage Nr. 4 "Haben Sie in den letzten 10 Jahren Unfälle, Verletzungen oder Vergiftungen erlitten? Wann? Welcher Art? Bestehen Folgen?" beantwortete der Kläger mit "Fersenbeinbruch 1999, ausgeheilt". Zu der Frage Nr. 8 "Welcher Arzt ist über Ihre Gesundheitsverhältnisse am Besten unterrichtet (z.B. Hausarzt)? Bitte Anschrift angeben" verwies der Kläger auf die Antwort unter Ziff. 3.

Die Beklagte erbat vom Kläger vor Abschluss der beantragten Versicherungen die Einholung eines ärztlichen Zeugnisses durch einen Arzt seiner Wahl. Dieses wurde von dem Hausarzt des Klägers, Dr. F., zugleich Facharzt für Psychotherapie, am 2.5.2000 erstellt (Bl. 210 d.A.). In den "Erklärungen vor dem Arzt" (I) wurde die Frage 3e) "Bestanden oder bestehen bei Ihnen Krankheiten, Störungen oder Beschwerden des Gehirns oder Rückenmarks, der Nerven, Gemüts- oder Geistesstörungen, Depressionen, Epilepsie, Krämpfe, Lähmungen, Ohnmachten, Schwindel, häufige Kopfschmerzen? Erfolgte psychotherapeutische Behandlung? mit "nein" angekreuzt. Zu Frage Ziff. 10 "Welchen Arzt nehmen Sie für sich gewöhnlich in Anspruch (Hausarzt)?Name und Anschrift des Arztes, Wann? Weshalb?" wurde angegebenen: "Dr. F., bei Bedarf." Im Untersuchungsbefund (II) wurde von Dr. F. die Frage Nr. 5 "Halten Sie Nervensystem und Psyche für gesund, insb. verhalten sich die Reflexe (...) normal?" mit "ja" beantwortet (Bl. 212 d.A.). Auf von der Beklagten zu verschiedenen Angaben, so auch der Antwort zu der Frage unter Ziff. (I) Nr. 10, gestellte Nachfragen antwortete der Kläger "zu 10): 'bei Bedarf' bedeutet gewöhnlicher Arztbesuch wegen Erkältung oder Grippe sowie die jährliche Regelvorsorgeuntersuchung (sog. Gesundheits-Check)" (Bl. 211 d.A.). Dr. F. beantwortete die Nachfragen mit Schreiben vom 24.5.2000 (Bl. 214 d.A.) wie folgt:"... bei Bedarf,(was bedeutet: falls notwendig), in meiner hausärztlichen Behandlung wegen Bagatellerkrankungen,(d.h.: grippale und bronchiale Infekte, gastrointestinale Störungen und Befindlichkeitsstörungen funktioneller Art, von kurzfristiger Dauer, ohne bleibende Schäden...

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