Leitsatz (amtlich)

1. Die über die Anordnung der Vorführung hinausgehende Anordnung der Unterbringung ist eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung voraus.

2. Alleine die Stellung einer Vielzahl unsinniger oder keinen Erfolg versprechender Anträge bei Gericht ergibt nicht zwangsläufig die Notwendigkeit der Betreuerbestellung.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Beschluss vom 17.08.2004; Aktenzeichen 5 T 349/02)

 

Tenor

Auf den Antrag des Beschwerdeführers v. 1.9.2004 betreffend die Beschwerde gegen den Beschluss des LG Saarbrücken v. 17.8.2004 - 5 T 349/02 - wird dem Beschwerdeführer Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens gewährt.

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers v. 1.9.2004 wird der Beschluss des LG Saarbrücken v. 17.8.2004 - 5 T 349/02 - aufgehoben. Das Verfahren wird zur erneuten Entscheidung an das LG Saarbrücken zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und Beschwerdeführer (im Folgenden: Beschwerdeführer) beabsichtigt, ein Beschwerdeverfahren gegen die Anordnung seiner zwangsweisen Unterbringung zur Durchführung einer zweiwöchigen Untersuchung mit dem Zweck der Vorbereitung eines Gutachtens zu betreiben und beantragt zu seiner Durchführung die Gewährung von Prozesskostenhilfe.

Der Beschwerdeführer steht seit dem 20.8.1998 wegen einer paranoiden schizophrenen Psychose unter Betreuung in den Aufgabenkreisen Sorge für die Gesundheit und Aufenthaltsbestimmung. Durch Beschluss v. 28.3.2002 (Bl. 372 ff.) hat das AG Saarbrücken die Betreuung erweitert auf die Aufgabenkreise Geltendmachung von Ansprüchen auf Sozialhilfe und Vertretung in gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtsstreitigkeiten. Für den letztgenannten Aufgabenkreis hat es außerdem einen Einwilligungsvorbehalt angeordnet. Das AG führt in dem Beschluss u.a. aus, dass der Beschwerdeführer in den letzten Jahren eine Vielzahl von Klagen vor dem VG des Saarlandes erhoben habe, wobei er hier u.a. einen Eingriff in seine verfassungsmäßigen Rechte aufgrund einer staatlichen Einwirkung auf ihn mittels elektromagnetischer Strahlen gerügt habe. Grundlage für den Beschluss des AG war ein Gutachten des Sachverständigen Dr. H., Psychiatrische Klinik der Kliniken S., v. 27.6.2001. Zur Erstellung dieses Gutachtens hatte der Sachverständige den Beschwerdeführer, nachdem dieser der Aufforderung zu einer Untersuchung in der S.-Klinik nicht gefolgt war, zu Hause aufgesucht. Da der Beschwerdeführer den Sachverständigen nicht in seine Wohnung lassen wollte, fand ein ca. 10-minütiges Gespräch im Hausflur statt, das schließlich von dem Beschwerdeführer abgebrochen wurde. Anschließend führte der Sachverständige ein längeres Gespräch mit der Mutter und dem Bruder des Beschwerdeführers. In dem im Anschluss hieran erstellten Gutachten führt der Sachverständige aus, dass aufgrund der bei dem Betroffenen festgestellten Krankheit dieser unfähig sei, die eigenen Angelegenheiten bei gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtsstreitigkeiten selbst sinnvoll zu besorgen, da es ihm sein Zustand nicht erlaube, seine bürgerlichen Rechte und Pflichten adäquat zu beurteilen und wahrzunehmen. Dies führe dazu, dass der Beschwerdeführer auch in Zukunft selbstschädigende Äußerungen bei gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtsstreitigkeiten abgeben werde.

Gegen diesen Beschluss hat der Betroffene Beschwerde eingelegt.

Das LG Saarbrücken hat nach Anhörung des Sachverständigen mit Beschluss v. 18.12.2003 (Bl. 751 ff.) die Erstellung eines erneuten Sachverständigengutachtens durch den Sachverständigen H. zur Klärung der Frage, ob der Beschwerdeführer auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen könne und wenn ja, welche Bereiche dies betreffe, angeordnet. Gleichzeitig hat es dem Beschwerdeführer für den Fall, dass er der Ladung des Sachverständigen zur Untersuchung nicht Folge leiste, die Vorführung durch die zuständige Betreuungsbehörde angedroht.

Der Beschwerdeführer wurde sodann seitens des Sachverständigen mehrfach zur Untersuchung geladen. Diesen Ladungen leistete er nicht Folge, wobei er zur Begründung u.a. ein laufendes Befangenheitsverfahren gegen den Sachverständigen, Terminskollisionen und nicht einhaltbare Ladungszeiten angab.

Darauf hin ordnete das LG Saarbrücken mit Beschluss v. 22.3.2004 (Bl. 790) die Vorführung des Beschwerdeführers zur Vorbereitung der Untersuchung durch die Betreuungsbehörde an, welche am 21.4.2004 durchgeführt wurde. Mangels Mitwirkung des Beschwerdeführers bei der Untersuchung konnte ein Gutachten durch den Sachverständigen nicht erstellt werden.

In einer Stellungnahme v. 6.5.2004 (Bl. 814 ff.) führt der Sachverständige aus, dass angesichts der fehlenden Mitarbeit des Beschwerdeführers eine stationäre Begutachtung desselben während einer Dauer von zwei bis sechs Wochen unvermeidlich sei.

Darauf hin hat das LG den Beschwerdeführer persönlich am 7.7.2004 zur Frage der Unterbringung angehört.

Nach Anhörung des Bes...

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