Leitsatz (amtlich)

Weder die Einleitung eines Betreuungsanordnungsverfahrens noch die Beauftragung eines medizinischen Sachverständigen nach § 68b FGG ist mit Rechtsmitteln anfechtbar.

 

Normenkette

FGG §§ 19, 68, 68b

 

Verfahrensgang

LG Ellwangen (Aktenzeichen 1 OH 11/02, 1 GH 12/02, 1 T 187/02)

 

Gründe

… II. 2b) Die (unbefristete) weitere Beschwerde gegen die landgerichtliche Beschwerdeentscheidung betreffend die Einleitung eines Betreuungsverfahrens ist unabhängig von der Statthaftigkeit der Erstbeschwerde als Rechtsbeschwerde nach § 27 Abs. 1 FGG statthaft (Keidel/Kahl, § 27 Rz. 7; Bumiller/Winkler, FG 7. Aufl. § 27 Rz. 3). Sie ist auch i.Ü. zulässig, insb. formgerecht, nämlich zu Protokoll des Rechtspflegers, eingelegt.

c) Das Rechtsmittel der Beschwerdeführer ist jedoch unbegründet, denn das LG hat die Erstbeschwerde gegen die (erneute) Einleitung eines Betreuungsanordnungsverfahrens zu Recht als unzulässig verworfen. Weder die Einleitung eines Betreuungsverfahrens noch die in diesem Zusammenhang erfolgte Beauftragung eines Sachverständigen nach § 68b FGG sind „Verfügungen” (= Entscheidungen) i.S.d. § 19 FGG und deshalb nicht gesondert anfechtbar.

aa) Dass die Einleitung eines Verfahrens in „Betreuungssachen” (§§ 6569o FGG), also die Einleitung der Prüfung, ob für eine bestimmte Person ein Betreuer zu bestellen ist, keine „Entscheidung” des VormG ist, die als solche der Anfechtung durch Rechtsmittel unterliegt, sondern als interne verfahrensleitende Maßnahme einer Beschwerde entzogen ist, ist allgemeine Meinung in Rspr. und Schrifttum (BayObLG v. 31.1.2001 – 3Z BR 20/01, FGPrax 2001, 78 = FamRZ 2001, 707 = BtPrax 2001, 123; BtPrax 1998, 148; KG RPfleger 1971, 180; Keidel/Kahl, § 27 Rz. 7, § 19 Rz. 5, 9, 14; Bassenge/Herbst, a.a.O., § 19 Rz. 10).

Soweit nicht ein Antrag des/der Betroffenen Anlass zur Verfahrenseinleitung gibt, hat das VormG ein Betreuungsverfahren von Amts wegen einzuleiten, sobald es – auch durch Dritte – einen Hinweis erhält, eine Betreuerbestellung könnte erforderlich sein. Die daraufhin von Amts wegen zu führenden Ermittlungen (§ 12 FGG), für die die §§ 6868b FGG weitere Regelungen enthalten, sollen dem Vormundschaftsrichter die erforderliche Klarheit darüber verschaffen, ob und ggf. welche Betreuerbestellung erforderlich ist oder ob der Anregung keine Folge zu geben ist. Die Einleitung eines Betreuungsanordnungsverfahrens durch das VormG ist ebenso ergebnisoffen wie die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft. Wäre bereits die Aufnahme dieses amtlichen Prüfungsverfahrens mit Rechtsmitteln anfechtbar, könnte das Verfahren durch Rechtsmittel blockiert werden, bevor es überhaupt angefangen hat. Auch der – vom Beschwerdeführer geltend gemachte – Schutz des/der Betroffenen vor Grundrechtsverletzungen durch das ermittelnde Gericht erfordert einen solchen anfänglichen Rechtsschutz nicht; vielmehr würde dies die Prüfung, ob gerichtliche Fürsorgemaßnahmen erforderlich sind oder nicht, in unvertretbarer Weise verzögern; insoweit ist auch der – letztlich auf Art. 2 GG beruhende – Anspruch des bzw. der Betroffenen auf staatliche Hilfe gem. § 1896 ff. BGB zu berücksichtigen.

bb) Ebenso stellt das – durch Formularschreiben erfolgte – Ersuchen des VormG an das Gesundheitsamt zur Erstellung eines Sachverständigen-Gutachtens gem. § 68b FGG keine anfechtbare „Verfügung” i.S.d. § 19 FGG dar. Es handelt sich insb. nicht um eine Zwischenentscheidung, die ausnahmsweise deshalb anfechtbar ist, weil sie in Rechtspositionen des/der Betroffenen eingreift. Im Betreuungsverfahren gehört – von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen – die Einschaltung eines Sachverständigen zur Prüfung der medizinischen Notwendigkeit einer Betreuerbestellung zum unverzichtbaren Standard (§ 68b Abs. 1 S. 1 FGG) und ist somit gesetzliche Voraussetzung für die Bestellung eines (nicht nur vorläufigen) Betreuers. Es wäre widersinnig, die Durchführung dieser dem Schutz des Betroffenen dienenden Verfahrensvorschrift zugleich als schwerwiegenden – und deshalb gesondert anfechtbaren – Eingriff in die Rechte des Betroffenen zu qualifizieren.

Deshalb teilt der Senat die weit überwiegende Meinung, dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 68b FGG keine anfechtbare (Zwischen-) Entscheidung ist, und nimmt insb. auf den Beschluss des 3. Zivilsenats des BayObLG vom 31.1.2001 (BayObLG v. 31.1.2001 – 3Z BR 20/01, FamRZ 2001, 707 = FGPrax 2001, 78 = BtPrax 2001, 123 m.w.N. zur bisherigen Rspr;) Bezug (ebenso BayObLG v. 29.2.2002, BtPrax 2002, 215; OLG Brandenburg v. 18.7.1996 – 9 Wx 19/96, FamRZ 1997, 1019; vgl. auch OLG Hamm v. 20.6.1996 – 15 W 143/96, FamRZ 1997, 440; BayVerfGH v. 2.6.1995 – Vfg. 121–VI/93, BtPrax 1995, 179).

Der vom 1. Senat des KG in 2 jüngeren Entscheidungen (KG v. 12.9.2000, FGPrax 2000, 239 und v. 11.9.2001 – 1 W 315/01, KGReport Berlin 2002, 39 = FGPrax 2002, 63 = FamRZ 2002, 970 = NJW-RR 2002, 944) vertretenen gegenteiligen Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen. Soweit sich das K...

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