Leitsatz (amtlich)

Nur wenn konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen sowohl der objektiven als auch der subjektiven Voraussetzungen des § 1365 Abs. 1 BGB gegeben sind, darf das Grundbuchamt die Zustimmung des anderen Ehegatten oder den Nachweis weiteren Vermögens verlangen. Demgegenüber begründen bloße Zweifel oder abstrakte Vermutungen hinsichtlich des Umfanges des Vermögens und/oder der Kenntnis des Vertragspartners kein Recht und keine Pflicht des Grundbuchamtes zu Nachforschungen von Amts wegen oder zur "vorbeugenden" Anforderung einer Zustimmung des Ehegatten.

 

Normenkette

BGB § 1365 Abs. 1; GBO § 19

 

Tenor

Die Zwischenverfügung des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Saarbrücken vom 5. August 2022 -N.- xxxx-2 - wird aufgehoben.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin ist als Eigentümerin des unbebauten Grundstücks Flur ..., Nr. .../1 in das Grundbuch von N. eingetragen. Sie ist im gesetzlichen Güterstand mit Herrn M. verheiratet. Durch notarielle Urkunde vom 6. Juli 2022 des Notariats J. und B. (Urk-Nr. xxx) bestellte die Antragstellerin zur Absicherung eines Darlehens eine Grundschuld nebst Übernahme der persönlichen Haftung in Höhe von 74.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von 12 v.H. jährlich zugunsten der S. Saarbrücken.

Mit Antrag vom 7. Juli 2022 begehrte die Antragstellerin u.a. die Eintragung des Grundpfandrechts in das Grundbuch. Das Grundbuchamt ermittelte den Wert des Grundstücks anhand des Bodenrichtwerts mit ca. 58.045 EUR. Da nach den Ermittlungen des Grundbuchamtes im Grundbuch des Saarlandes kein weiteres Grundeigentum der Antragstellerin eingetragen ist, ging das Grundbuchamt davon aus, dass die Antragstellerin über ihr wesentliches Vermögen verfüge und die Grundschuldbestellung daher einer Genehmigung des Ehegatten bedürfe. Mit Verfügung vom 28. Juli 2022 sowie angegangener Zwischenverfügung vom 5. August 2022 wurde die Eintragung der Grundschuld daher von der Vorlage einer Einwilligungserklärung des Ehemannes oder der Erklärung abhängig gemacht, dass die Antragstellerin über weiteres Vermögen verfüge.

Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin hat dagegen mit Schriftsatz vom 7. September 2022 (Bl. 23 d.A.) bei dem Grundbuchamt Beschwerde eingelegt.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat die Sache dem Saarländischen Oberlandesgericht vorgelegt.

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

1. Das Saarländische Oberlandesgericht ist gemäß § 72 GBO für die Entscheidung über die Beschwerde zuständig. Die Beschwerde gegen eine auf den Eintragungsantrag hin ergangene Zwischenverfügung ist zulässig (§§ 71 Abs. 1, 18 Abs. 1 GBO). Die Beschwerde ist im Namen der Antragstellerin eingelegt. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bildet allein das vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis, auf das sich die angefochtene Verfügung bezieht.

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Das in der angefochtenen Zwischenverfügung vom Amtsgericht Saarbrücken - Grundbuchamt - angenommene Eintragungshindernis besteht nicht. Das Grundbuchamt durfte deshalb den Eintragungsantrag der Antragstellerin nicht aus den Gründen der aufgehobenen Zwischenverfügung ablehnen.

a) Nach dem im Grundbuchverfahren geltenden formellen Konsensprinzip (§ 19 GBO) erfolgt eine Eintragung, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird. Andererseits darf das Grundbuchamt nicht bewusst dabei mitwirken, das Grundbuch unrichtig zu machen. Wenn es auf Grund feststehender Tatsachen weiß, dass durch die bewilligte Eintragung das Grundbuch unrichtig würde, darf es die Eintragung nicht vornehmen. Da sich die verfahrensrechtliche Bewilligungsbefugnis von der Befugnis zur sachenrechtlichen Verfügung über das Recht bzw. über das Eigentum ableitet (vgl. Demharter, GBO, 31. Aufl., § 19 Rn. 56), hat das Grundbuchamt von Amts wegen zu prüfen, ob der Bewilligende Verfügungsbeschränkungen unterliegt (BGH, Beschluss vom 28. April 1961 - V ZB 17/60, NJW 1961, 1301). Eine solche Beschränkung enthält die Vorschrift des § 1365 Abs. 1 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1963 - V ZR 56/62, BGHZ 40, 218). In derartigen Fällen kommt es also trotz § 19 GBO ausnahmsweise zu einem Durchgriff auf das materielle Recht.

b) Nach § 1365 Abs. 1 BGB kann sich ein im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebender Ehegatte nur mit Zustimmung des anderen Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen; hat er sich ohne Zustimmung des anderen Ehegatten verpflichtet, so kann er diese Verpflichtung nur erfüllen, wenn der andere Ehegatte einwilligt. Zustimmungsbedürftig sind nicht nur Rechtsgeschäfte über das Gesamtvermögen als solches. Vielmehr können auch Rechtsgeschäfte über einen einzelnen Gegenstand § 1365 BGB unterfallen, wenn dieser Gegenstand das ganze oder nahezu das ganze Vermögen ausmacht. Letzteres ist bei größeren Vermögen in der Regel anzunehmen, wenn dem verfügenden Ehegatten Werte von weniger als 10% seines ursprünglichen Gesamtvermögens verbleiben (BGH, Beschluss vom 21. Februar 2013 - V ZB 15/12, MDR 2013, 701; Urteil vom 7....

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