Leitsatz (amtlich)

Ein Versorgungsträger ist beschwerdebefugt, wenn er eine Verletzung der Anwendungsvoraussetzungen von § 18 Abs. 1 VersAusglG rügt. Für eine Anschlussbeschwerde, welche dasselbe Ziel wie die (Haupt-)Beschwerde verfolgt, fehlt dem Anschlussbeschwerdeführer das Rechtsschutzbedürfnis. Einer Aussetzung des Versorgungsausgleichsverfahrens bedarf es nicht, wenn ein oder mehrere Anrechte der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes rentenferner Ehegatten zwar teilweise auf Startgutschriften beruhen, aber auf der Hand liegt, dass eine künftige Neuregelung der Startgutschriften nicht zum Überschreiten der Bagatellgrenze des § 18 Abs. 3 VersAusglG führen kann, und der Versorgungsausgleich unter Berücksichtigung dessen hinsichtlich jener Anrechte nicht durchgeführt wird.

 

Verfahrensgang

AG St. Wendel (Aktenzeichen 6 F 145/16 S)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse des Verbandes der Diözesen Deutschlands werden die Ziffern II. 2. und II. 5. des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - in St. Wendel vom 24. Oktober 2017 - 6 F 145/16 S - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

2. Hinsichtlich des Anrechts des Antragstellers bei der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse des Verbandes der Diözesen Deutschlands, Versicherungsnummer XXXXXXX.X, findet ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht statt.

5. Hinsichtlich des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Evangelischen Zusatzversorgungskasse, Versicherungsnummer XXXXXXXX, findet ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht statt.

2. Die Anschlussbeschwerde des Antragstellers und die Hilfsanschlussbeschwerde der Antragsgegnerin werden als unzulässig verworfen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben; die als weitere Beteiligte aufgeführten Versorgungsträger tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Für die erste Instanz bewendet es bei der Kostenentscheidung des Familiengerichts.

4. Verfahrenswert der Beschwerdeinstanz: 2.040 EUR.

5. Dem Antragsteller wird die von ihm für die zweite Instanz nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe verweigert.

 

Gründe

I. Der im Januar 1959 geborene Antragsteller (fortan: Ehemann) und die im April 1963 geborene Antragsgegnerin (Ehefrau), beide Deutsche, haben am 1. Oktober 1982 die Ehe miteinander geschlossen. Der Scheidungsantrag des Ehemannes wurde der Ehefrau am 23. November 2016 zugestellt.

Durch den nur in der Folgesache Versorgungsausgleich angefochtenen Beschluss vom 24. Oktober 2017, auf den Bezug genommen wird, hat das Familiengericht die Ehe der Beteiligten geschieden (Ziffer I. der Entscheidungsformel) und in Ziffer II. den Versorgungsausgleich geregelt. Dabei hat es u.a. - soweit für das Beschwerdeverfahren von Interesse - in den Ziffern 2. bzw. 5. das bei der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse des Verbandes der Diözesen Deutschlands (weitere Beteiligte zu 1., fortan: KZVK) bestehende Anrecht des Ehemannes sowie das bei der Evangelischen Zusatzversorgungskasse (weitere Beteiligte zu 2., fortan EZVK) bestehende Anrecht der Ehefrau jeweils im Wege interner Teilung ausgeglichen.

Mit ihrer Beschwerde rügt die KZVK, dass von einem Ausgleich des vom Ehemann bei ihr und von der Ehefrau bei der EZVK erworbenen Anrechts wegen Geringfügigkeit der Differenz der jeweiligen Ausgleichswerte abzusehen sei. Die EZVK Köln teilt - wie der Ehemann mit seiner gleichgerichteten Anschlussbeschwerde - diese Auffassung. Die Ehefrau bittet um Zurückweisung der Beschwerde, vorsorglich erhebt sie (Hilfs-)Anschlussbeschwerde mit dem Antrag, den Versorgungsausgleich betreffend das Anrecht der Ehefrau bei der EZVK nicht durchzuführen. Die anderen Beteiligten haben von einer Stellungnahme im Beschwerdeverfahren abgesehen bzw. sich nicht geäußert.

Der Ehemann sucht um Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nach.

II. Bereits durch die Beschwerde ist dem Senat vorliegend nicht nur das bei der KZVK bestehende Anrecht des Ehemannes, sondern auch das bei der EZVK bestehende Anrecht der Ehefrau - jeweils umfassend - zur Prüfung angefallen. Denn der bestehende Zusammenhang beider in Rede stehenden Anrechte, welche - was zwischen den Beteiligten auch außer Streit steht - gleicher Art im Sinne von § 18 Abs. 1 VersAusglG sind (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 13. Juli 2017 - 6 UF 38/17 -; OLG Hamm NJW-RR 2016, 774; OLG Schleswig FamRZ 2014, 789), gebietet zwingend die Einbeziehung dieser Anrechte gleicher Art in die zweitinstanzliche Versorgungsausgleichsentscheidung (vgl. dazu BGH FamRZ 2016, 794 und 1062; Senatsbeschlüsse vom 13. Juli 2017 - 6 UF 38/17 - und vom 11. Juli 2017 - 6 UF 56/17 -; Beschluss des 9. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 27. Dezember 2017 - 9 UF 38/17 -). Hingegen unterliegt die Rechtsmittelbeschränkung der KZVK im Übrigen - soweit sie die anderen erstinstanzlich beschiedenen Anrechte der Ehegatten anbetrifft, welche von der Teilanfechtung durch die KZVK nicht erfasst sind - keinen Bedenken (vgl. dazu BGH FamRZ 2012, 509; 2011, 547 und 1785; Senatsbeschlüsse vom...

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