Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich: Gleichartigkeit von Anrechten aus Zusatzversorgung des kirchlichen und öffentlichen Dienstes

 

Leitsatz (amtlich)

Im Umlageverfahren und im Kapitaldeckungsverfahren geführte Anrechte aus Pflichtversicherung bei Zusatzversorgungskassen des öffentlichen und kirchlichen Dienstes (hier: kommunale Zusatzversorgungskasse Abrechnungsverband I und Evangelische Zusatzversorgungskasse) sind nicht gleichartig im Sinne des § 18 Abs. 1 VersAusglG, weil in der Anwartschaftsphase die Beiträge und in der Leistungsphase die Rente unterschiedlich besteuert werden (Anschluss an OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 29.5.2019 - 8 UF 104/17, juris; entgegen KG, Beschluss vom 27.11.2014 - 18 UF 63/14 = FamRZ 2015, 929).

 

Verfahrensgang

AG Dieburg (Beschluss vom 03.11.2017; Aktenzeichen 52 F 122/17 S)

 

Tenor

Die angefochtene Entscheidung wird unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen im zweiten Absatz der Ziffer II der Beschlussformel wie folgt abgeändert:

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Evangelische Zusatzversorgungskasse, Versicherungs-Vertragsnummer ..., zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 24,71 Versorgungspunkten, bezogen auf den 28.2.2017, übertragen. Für das Anrecht der Antragsgegnerin gelten die Regelungen über das Anrecht des Antragstellers entsprechend.

Gerichtskosten werden für das Beschwerde- und das Rechtsbeschwerdeverfahren nicht erhoben. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Der Beschwerdewert wird auf 2.610,- EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: ZVK Stadt1) ist eine Zusatzversorgungskasse des öffentlichen Dienstes. Sie wendet sich gegen einen Scheidungsverbundbeschluss, in dem von dem Ausgleich eines bei ihr bestehenden Anrechts abgesehen wurde. Aus ihrer Sicht ist es von gleicher Art wie das Anrecht des anderen Ehegatten bei der weiteren Beteiligten zu 4. (im Folgenden: EZVK), einer Trägerin der Zusatzversorgung des kirchlichen Dienstes, weshalb beide Anrechte auszugleichen seien.

Das Familiengericht hat die am XX.XX.1998 geschlossene Ehe des Antragstellers (im Folgenden: Ehemann) und der Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) auf den am 9. März 2017 zugestellten Antrag geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. In der gesetzlichen Ehezeit (1. August 1998 bis 28. Februar 2017) hat der Ehemann u. a. ein Anrecht in der kirchlichen Zusatzversorgung bei der EZVK und die Ehefrau u. a. ein Anrecht bei der ZVK Stadt1 erworben. Den jeweiligen Ausgleichswert des bei ihnen bestehenden Anrechts haben die ZVK Stadt1 mit 5,27 Versorgungspunkten (korrespondierender Kapitalwert: 2.399,38 EUR) und die EZVK mit 18,10 Versorgungspunkten (korrespondierender Kapitalwert: 9.239,34 EUR) angegeben. Beide Anrechte wurden in der jeweiligen Pflichtversicherung erworben. Die EZVK hat die interne Teilung des bei ihr bestehenden Anrechts in den Tarif ihrer freiwilligen Versicherung verlangt. Sie hat sich hierbei auf § 44 Abs. 3 ihrer Satzung in der damaligen Fassung berufen, die Folgendes regelt:

"Wird vom Familiengericht für die ausgleichsberechtigte Person ein Anrecht übertragen, erwirbt die ausgleichsberechtigte Person bezogen auf das Ende der Ehezeit ein von einer eigenen Pflicht- oder freiwilligen Versicherung unabhängiges Anrecht in der freiwilligen Versicherung nach Maßgabe der jeweils geltenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen und gilt als beitragsfrei versichert. ..."

Das Amtsgericht hat das Anrecht der Ehefrau bei der ZVK wegen Geringfügigkeit nicht ausgeglichen. Das Anrecht des Ehemanns bei der EZVK hat es mit einem Ausgleichswert von 18,10 Versorgungspunkten zugunsten der Ehefrau intern geteilt und angeordnet, dass die Teilung "nach Maßgabe der Versorgungsregelung § 44 der Satzung der EZVK" erfolgt.

Die Beschwerde der ZVK Stadt1 gegen den ihr am 20.11.2017 zugestellten Scheidungsverbundbeschluss ist am 5.12.2017 bei dem Familiengericht eingegangen. Sie führt aus, dass die Anrechte der Ehegatten aus Zusatzversorgung des öffentlichen bzw. kirchlichen Dienstes gleichartig seien. Wegen des Vorrangs des § 18 Abs. 1 VersAusglG habe auch das bei der Beschwerdeführerin bestehende Anrecht ausgeglichen werden müssen, denn die Differenz der korrespondierenden Kapitalwerte übersteige die Geringfügigkeitsgrenze nach § 18 Abs. 3 VersAusglG.

Der Senat hat die angefochtene Entscheidung mit Beschluss vom 2.7.2019 (FamRZ 2019, 1781) abgeändert. Er hat das Anrecht der Ehefrau bei der ZVK Stadt1 mit einem Ausgleichswert von 5,27 Versorgungspunkten zugunsten des Ehemanns intern geteilt. Außerdem hat der Senat den Ausspruch hinsichtlich des Anrechts des Ehemanns bei der EZVK dahingehend abgeändert, dass zugunsten der Ehefrau 24,71 Versorgungspunkte übertragen werden und dass für ihr Anrecht die Regelungen über das Anrecht des Ehemanns entsprechend gelten. § 44 Abs. 3 der Satzung der EZVK hat der Senat wegen Verstoßes gegen das Gebot...

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