Leitsatz

Die Verwendung eines falschen Umlageschlüssels führt bei "minimalen Mehrbelastungen" des klagenden Wohnungseigentümers nicht zur Ungültigerklärung eines Wirtschaftsplans.

 

Normenkette

§ 28 Abs. 1, Abs. 3 WEG

 

Das Problem

Die Wohnungseigentümer genehmigen im November 2013 die Wirtschaftspläne 2014. Gegen diesen Beschluss geht Wohnungseigentümer K vor. K rügt, Verwalter V habe falsche Umlageschlüssel gewählt.

 

Die Entscheidung

  1. Ohne Erfolg! Die Klage sei in Ermanglung eines Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Andere Umlageschlüssel hätten keine Auswirkungen auf die kalkulierten und im Gesamtwirtschaftsplan ausgewiesenen Kosten/Einnahmen. Sie hätten allenfalls für die einzelnen Wirtschaftspläne eine Bedeutung.
  2. Für K bestünde nicht die Gefahr von erheblichen Nachzahlungen oder von erheblich überhöhten Vorschüssen derart, dass keine ordnungsmäßige Verwaltung mehr mit dem Wirtschaftsplan gegeben wäre. Insoweit sei ein Beurteilungsspielraum und weiter Ermessensspielraum einzuräumen, der nicht bereits bei jeder Fehlerhaftigkeit, Unrichtigkeit und Geringfügigkeit überschritten sei. Es komme dafür auf die Auswirkung und Frage der Erheblichkeit an, wobei auch die Größe der Wohnungseigentumsanlage, Anzahl der Mit- und Teileigentümer und das Gesamtvolumen (der Umfang) eine Rolle spielten. Kleinstbeträge oder Fehler im Bagatellbereich, sogar "geringe Fehler" begründeten kein Rechtsschutzbedürfnis.
  3. Offen bleiben könne, ob der anfechtende Wohnungseigentümer grundsätzlich die Erheblichkeit (persönliche Auswirkung/Beschwer) anhand eines seiner Ansicht nach erstrebten "richtigen" Wirtschaftsplans darlegen muss. Denn K sei den entsprechenden Ausführungen der beklagten Wohnungseigentümer zur Auswirkung nicht entgegengetreten. Danach würde sich zugunsten der Klägerin unter Zugrundelegung einer Basis von 10 Mio. MEA eine Veränderung von 2,244 % per jeweilige Kostenart ergeben und zu einem Unterschiedsbetrag von 0,0275 % führen.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Die Entscheidung ist meines Erachtens grundfalsch, soweit sie ein Ermessen sieht, welche Umlageschlüssel angewendet werden. Sind Umlageschlüssel bestimmt, sind diese anzuwenden. Ein Ermessen, anders vorzugehen, besteht nicht.
  2. Richtig ist, dass falsche Umlageschlüssel an den prognostizierten Einnahmen und Ausgaben nichts ändern. Ferner ist richtig, dass falsche Umlageschlüssel vor allem in großen Wohnungseigentumsanlagen i.d.R. nicht dazu führen, dass ein Wohnungseigentümer erheblich mehr Hausgeld zu zahlen hat oder mit einer sehr hohen Abrechnungsspitze rechnen muss. Dieses "Nützlichkeitsdenken" (warum klagst du eigentlich?) halte ich dennoch für falsch. Hat der Verwalter falsche Umlageschlüssel angewendet – wozu es nie kommen muss – ist der Wirtschaftsplan rechnerisch falsch. Er ist dann – notfalls durch eine gerichtliche Entscheidung – zu korrigieren. Dies ist "erzieherisch" und schafft Klarheit für die Zukunft. Ferner ist nicht einzusehen, dass die Zulässigkeit einer Klage von "Erheblichkeitsfragen" abhängen soll. Wer mit solchem Denken anfängt, spielt mit dem Feuer und torpediert das Grundrecht auf einen wirkungsvollen Rechtsschutz.

Was ist für den Verwalter wichtig?

Jeder Verwalter sollte "peinlichst" darauf achten, die jeweils in einer Wohnungseigentumsanlage geltenden Umlageschlüssel anzuwenden, wenn er Einnahmen und Ausgaben auf Wohnungseigentümer umlegt. Hier darf es keine Routine geben. Vor dem Entwurf des Wirtschaftsplans und der Einzelwirtschaftspläne sowie des Entwurfs der Abrechnung über den Wirtschaftsplan und die Einzelabrechnungen sollte für jede Wohnungseigentumsanlage überprüft werden, welche Umlageschlüssel dort aktuell gelten.

 

Link zur Entscheidung

LG Lüneburg, Beschluss vom 28.07.2014, 9 S 49/14

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