Leitsatz

  1. Haftung des Rechtsnachfolgers für Abrechnungsnachforderungen aus Vorjahren, die erst nach Eigentumswechsel genehmigend beschlossen wurden
  2. Falsche Adressierung der Abrechnungen an die Voreigentümerin ändert an diesem Ergebnis nichts, da ein anderslautender Beschluss über eine Voreigentümerhaftung als unzulässiger Gesamtakt zulasten Dritter anzusehen und damit nichtig wäre
 

Normenkette

§§ 16 Abs. 2, 28 WEG

 

Kommentar

  1. Ein Eigentümer hatte Anfang 2005 Wohnungen erworben; Umschreibung erfolgte im Juni 2005. Erst in der Eigentümerversammlung vom Oktober 2006 wurden die Abrechnungen für die Wirtschaftsjahre 2004 und 2005 beschlossen. Es ergaben sich daraus Nachforderungen an die Eigentümer, weil die tatsächlichen Kosten höher waren als die nach Wirtschaftsplan beschlossenen Vorschüsse. Einzelabrechnungen wurden hier an die Voreigentümerin mit entsprechenden Nachforderungen als Abrechnungsspitze adressiert.

    Nach Meinung des LG Köln seien die Abrechnungsgenehmigungsbeschlüsse dahin gehend auszulegen, dass die Nachforderungen gegen die Voreigentümerin aufgrund der auch an sie adressierten Jahresabrechnungen geltend zu machen seien, zumal dies auch dem Wunsch des Rechtsnachfolgers entsprach.

    Auf Revision der klagenden Gemeinschaft wurde das Berufungsurteil im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin erkannt wurde.

  2. Zahlungsverpflichtet war vorliegend der Rechtsnachfolger ungeachtet der Adressierung der Einzelabrechnungen an die Voreigentümerin.

    Zahlungsverpflichtungen im Innenverhältnis der Gemeinschaft fallen nicht bereits mit Entstehung der Lasten und Kosten an, sondern erst durch Beschlüsse. Daraus folgt zugleich, dass ein Abrechnungsgenehmigungsbeschluss Verbindlichkeiten nur für und gegen die bei der Beschlussfassung eingetragenen Wohnungseigentümer, nicht aber für deren Rechtsvorgänger begründen kann; andernfalls läge ein unzulässiger Gesamtakt zulasten Dritter vor; umgekehrt rechtfertigt sich die Verpflichtung der aktuellen Wohnungseigentümer im Zeitpunkt der Beschlussfassung aus § 16 Abs. 2 WEG (vgl. BGH, Beschluss v. 21.4.1988, BGHZ 104 S. 197/203 sowie BGH v. 30.11.1995, BGHZ 131 S. 228/230 und BGH v. 23.9.1999, BGHZ 142 S. 290/296 f.).

  3. In richtiger Auslegung des gefassten Beschlusses ist nicht auf die Adressierung abzustellen, vielmehr muss dem Umstand Rechnung getragen werden, dass ein Voreigentümer nicht belastet werden könne. Die Eigentümer wollten sicherlich keine nichtige Abrechnungsforderung gegen die Voreigentümerin begründen. Auch die in der Gemeinschaftsordnung vereinbarte Regelung, dass Käufer und Verkäufer im Jahr des Wohnungswechsels als Gesamtschuldner haften, macht deutlich, dass das Interesse der Gemeinschaft darin besteht, einen neuen Wohnungseigentümer möglichst weitgehend in die Zahlungspflicht für Kosten und Lasten einzubeziehen.
  4. Da die Abrechnungsgenehmigungsbeschlüsse bestandskräftig wurden, war die Rechtsnachfolgerschuld auch nicht auf die Abrechnungsspitze zu reduzieren, d.h. anteilig auf die auf einzelne Eigentümer umgelegte Beträge, um die die mit dem Wirtschaftsplan beschlossenen (Soll-)Vorschüsse hinter den tatsächlich entstandenen Lasten und Kosten zurückblieben (vgl. BGH, Urteil v. 10.3.1994, NJW 1994 S. 1866/1867). Auch eine fehlerhafte, aber bestandskräftig beschlossene Abrechnung wird verbindlich. Selbst eine Falschadressierung in Abrechnungen führt nicht zur Nichtigkeit der Genehmigungsbeschlüsse (BGH, Beschluss v. 24.2.1994, NJW 1994 S. 2950/2953).
 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 02.12.2011, V ZR 113/11

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