Leitsatz (amtlich)

a) Im Konkurs eines Wohnungseigentümers bleiben vor Konkurseröffnung begründete und fällig gewordene Ansprüche gegen den Gemeinschuldner auf Zahlung von Wohngeldvorschüssen Konkursforderungen regelmäßig auch dann, wenn über die Jahresabrechnung nach Konkurseröffnung beschlossen wird.

b) Ein Beschluß von Wohnungseigentümern, der Wohngeldvorschüsse nach einem anderen Maßstab als dem im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile verteilt, ist nicht nichtig, sondern allenfalls anfechtbar.

 

Normenkette

KO §§ 3, 58-59; WEG §§ 16, 23, 28

 

Verfahrensgang

OLG Köln (Urteil vom 16.04.1993; Aktenzeichen 20 U 190/92)

LG Köln (Urteil vom 30.04.1992; Aktenzeichen 7 O 326/91)

 

Nachgehend

BayObLG (Beschluss vom 05.11.1998; Aktenzeichen 2 ZBR 92/98)

 

Tenor

Die Revision gegen das Teilurteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 16. April 1993 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Verwalterin der Wohnungs- und Teilerbbauberechtigtengemeinschaften der Wohnanlage „A. K.” in K.-M. Der Beklagte ist Verwalter in dem am 8. März 1989 eröffneten Konkursverfahren über das Vermögen von K.-H. F. (fortan: Gemeinschuldner). Dieser war mit 21 Wohnungen und 12 Garageneinstellplätzen an der Wohnanlage beteiligt. Der Beklagte hat die Wohnungs- und Teilerbbaurechte des Gemeinschuldners vor Einleitung des vorliegenden Verfahrens zum Teil veräußert, zum Teil wegen Unverwertbarkeit an den Gemeinschuldner freigegeben. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Zahlung rückständiger Wohngelder für die Jahre 1987 und 1988. Nach der Behauptung der Klägerin beläuft sich der Rückstand des Gemeinschuldners für 1987 auf 84.074,73 DM und für 1988 auf 74.159,69 DM. Auf den Rückstand von 1987 hat sie ein Guthaben aus dem Jahre 1986 in Höhe von 1.328,74 DM verrechnet. Über die Jahresabrechnung 1988 wurde unter Teilnahme des Beklagten in der Wohnungs- und Teilerbbauberechtigtenversammlung vom 29. April 1989 beschlossen. Über die Jahresabrechnung 1987 wurde zunächst am 7. Mai 1988 beschlossen. Da die Klägerin nach einem Verwalterwechsel die Auffassung vertrat, die Kosten seien nicht – wie geschehen – nach Quadratmeteranteilen, sondern nach Miteigentumsanteilen umzulegen, wurde in der Versammlung vom 29. April 1989 beschlossen, die Abrechnung entsprechend zu ändern. Über die neue Abrechnung wurde in der Versammlung vom 31. März 1990, an welcher der Beklagte ebenfalls teilnahm. Beschluß gefaßt. Nach der Behauptung der Klägerin beträgt der über die Vorauszahlungsverpflichtungen des Gemeinschuldners hinausgehende Spitzenbetrag für 1987 und 1988 insgesamt 32.084,38 DM, nach der Darlegung des Beklagten lediglich 6.295,58 DM. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die gesamten Wohngelder aus den Jahresabrechungen 1987 und 1988 seien Massekosten im Sinne von § 58 Nr. 2 KO, so daß ihr der auf den Gemeinschuldner entfallende rückständige Betrag von 156.905,68 DM in vollem Umfang zustehe.

Die Klägerin hat sich im Mai 1991 zunächst an das Amtsgericht als Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit gewandt. Dieses hat sich durch Beschluß vom 7. Juni 1991 für sachlich und funktionell unzuständig erklärt, „da es sich vorliegend nach Veräußerung der Wohnungen nicht mehr um eine WEG-Sache” handele, und hat den Rechtsstreit in die ordentliche streitige Gerichtsbarkeit verwiesen. Dieser Beschluß ist den Parteien formlos mitgeteilt worden. In erster Instanz hat die Klägerin lediglich einen Teilbetrag von 10.000 DM verlangt, im zweiten Rechtszug den gesamten rückständigen Betrag. Das Landgericht hat die Teilklage in vollem Umfang, das Oberlandesgericht die erweiterte Klage durch Teilurteil in Höhe von 124.821,30 DM abgewiesen. Über die darüber hinausgehende, als „Spitzenbetrag” geltend gemachte Klagesumme von 32.084,38 DM hat das Berufungsgericht noch nicht entschieden. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Berufungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg

I.

Mit Recht hat das Berufungsgericht die Klage als zulässig angesehen.

1. Zur Entscheidung sind die Gerichte der ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit (Prozeßgerichte) und nicht die der freiwilligen Gerichtsbarkeit berufen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist das Prozeßgericht zuständig, wenn Ansprüche aus dem Gemeinschaftsverhältnis von oder gegen Wohnungseigentümer geltend gemacht werden, die vor Rechtshängigkeit bereits aus der Wohnungseigentümergemeinschaft ausgeschieden sind (BGHZ 44, 43; 106, 34). Dies gilt nach § 30 Abs. 3 Satz 2, § 1 Abs. 1, 6 WEG in gleicher Weise für Ansprüche von und gegen Wohnungs- und Teilerbbauberechtigte.

Im Fall des Konkurses eines Wohnungseigentümers tritt an dessen Stelle der Konkursverwalter (§ 864 Abs. 2 ZPO, §§ 1 Abs. 1, 6 KO; vgl. Schuschke, Zwangsvollstreckung § 864 Rdn. 7; Kuhn/Uhlenbruck, KO 10. Aufl. § 1 Rdn. 14). Veräußert dieser das Wohnungseigentum vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens, muß er wegen der gegen die Masse gerichteten Ansprüche aus § 16 Abs. 2 WEG ebenfalls vor dem Prozeßgericht verklagt werden. Das gleiche gilt, wenn der Konkursverwalter das zunächst in die Masse gefallene Wohnungseigentum dem Gemeinschuldner freigibt. Dann tritt dieser wieder in vollem Umfang in seine Rechte als Wohnungseigentümer ein. Dem Konkursverwalter stehen Verwaltungs- und Verfügungsrechte an dem Wohnungseigentum nicht mehr zu (vgl. BGHZ 35, 180, 181; Kilger/Karsten Schmidt, KO 16. Aufl. § 6 Anm. 4 d aa; Kuhn/Uhlenbruck aaO § 6 Rdn. 35).

Da die Prozeßgerichte danach zur Entscheidung berufen sind, kann auf sich beruhen, ob sich diese Entscheidungszuständigkeit auch mit einer Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses vom 7. Juni 1991 begründen ließe oder ob dem entgegenstehen könnte, daß dieser Beschluß den Parteien nur formlos übermittelt, nicht aber zugestellt worden ist.

2. Die Klägerin ist als Verwalterin nach den Grundsätzen der gewillkürten Prozeßstandschaft befugt, Ansprüche der Wohnungs- und Teilerbbauberechtigten im eigenen Namen geltend zu machen und Zahlung an sich zu verlangen. Die Ermächtigung dazu wurde ihr unstreitig erteilt. Das notwendige eigene schutzwürdige Interesse ergibt sich aus der Pflicht der Verwalterin, die ihr obliegenden Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen (vgl. BGHZ 104, 197, 199 m.w.N.).

II.

1. In der Sache hat das Berufungsgericht ausgeführt, nach § 16 Abs. 2, § 28 Abs. 2 WEG, § 58 Nr. 2 KO könne die Klägerin Vorwegbefriedigung gemäß § 57 KO allenfalls wegen des Kostenanteils verlangen, um den die nach Konkurseröffnung beschlossenen Jahresabrechnungen nach ihrem Vortrag die bereits vor Konkurseröffnung beschlossenen laufenden Vorschußzahlungen übersteigen, d. h. wegen 32.084,38 DM. Bei den zusätzlich verlangten 124.821,30 DM handele es sich um einfache Konkursforderungen.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung stand.

a) Das gilt zunächst für die auf das Jahr 1988 entfallenden Wohngeldvorschüsse.

Die Wohnungseigentümer – entsprechendes trifft auf Wohnungs- und Teilerbbauberechtigte zu (§ 30 Abs. 3 Satz 2, § 1 Abs. 6 WEG) – sind einander zur Tragung der Lasten des Gemeinschaftseigentums sowie der Kosten seiner Verwaltung und seines gemeinschaftlichen Gebrauchs nach dem Verhältnis ihrer Anteile verpflichtet (§ 16 Abs. 2 WEG).

Die anteilsmäßige Verpflichtung der Wohnungseigentümer zur Tragung der Lasten und Kosten – sogenanntes Wohn- oder Hausgeld – hat der Verwalter in den von ihm jeweils für ein Kalenderjahr aufzustellenden Wirtschaftsplan aufzunehmen (§ 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WEG). Die Wohnungseigentümer sind nach § 28 Abs. 2 WEG verpflichtet, entsprechende Vorschüsse zu leisten. Nach Ablauf des Kalenderjahres hat der Verwalter eine Abrechnung zu erstellen (§ 28 Abs. 3 WEG). Über Wirtschaftsplan und Abrechnung beschließen die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit (§ 28 Abs. 5 WEG). Dieser Beschluß bildet den Geltungsgrund für die Verpflichtung der Wohnungseigentümer. Durch ihn werden im Rahmen der in § 16 Abs. 2 WEG vorgesehenen allgemeinen Beitragspflicht die Verbindlichkeiten jedes einzelnen Wohnungseigentümers gegenüber den anderen begründet (BGHZ 104, 197, 202 f; 108, 44, 51; 120, 261, 266).

Im Streitfall wurde der Beschluß der Wohnungs- und Teilerbbauberechtigten über die für 1988 vorgesehenen Vorschußleistungen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts geraume Zeit vor der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Gemeinschuldners ordnungsgemäß gefaßt. Mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, daß die Vorschüsse sämtlich im Jahre 1988 und damit ebenfalls vor Konkurseröffnung fällig wurden. Zur Zeit der Eröffnung des Konkursverfahrens hatte der Gemeinschuldner seine Verpflichtungen zur Vorschußleistung nicht erfüllt. Dann handelte es sich bei der entsprechenden Forderung der übrigen Wohnungs- und Teilerbbauberechtigten gegen den Gemeinschuldner um eine Konkursforderung im Sinn von § 3 Abs. 1 KO (vgl. BGH, Urt. v. 12. März 1986 – VIII ZR 64/85, WM 1986, 800, 802; OLG Stuttgart OLGZ 1980, 70, 71; LG Frankfurt a.M. Rpfleger 1987, 31; AG Köln EWiR § 61 KO 1/92, 803 [Grub]; Kilger/Karsten Schmidt aaO § 58 Anm. 3 l; Weitnauer, WEG 7. Aufl. § 16 Rdn. 30). Durch den nach Konkurseröffnung gefaßten Beschluß über die Abrechnung für das Jahr 1988 hat sich daran nichts geändert.

Die Jahresabrechnung dient insbesondere der Feststellung, welche Lasten und Kosten tatsächlich angefallen sind, ob sie durch die beschlossenen und die tatsächlich eingegangenen Vorschüsse gedeckt sind oder ob sich insoweit Differenzen ergeben, wie sich ein Unterschied zwischen tatsächlichen Ausgaben und Sollvorschüssen auf die einzelnen Wohnungseigentümer verteilt und welcher Saldo sich zugunsten oder zu Lasten des einzelnen Wohnungseigentümers unter Einrechnung der von ihm geleisteten und der noch fehlenden Vorschußzahlungen ergibt (vgl. Palandt/Bassenge, BGB 53. Aufl. § 28 WEG Rdn. 7 ff m.w.N.; Weitnauer aaO § 28 Rdn. 12). Der Beschluß über die Jahresabrechnung regelt verbindlich alle sich aus ihm ergebenden Verpflichtungen der Wohnungseigentümer (vgl. Weitnauer aaO § 28 Rdn. 16), so daß sich von einer Neubegründung auch der noch offenen Vorschußverbindlichkeiten sprechen läßt. Die Nachforderungen in Höhe der sogenannten Abrechnungsspitze – d. h. des anteilig auf die einzelnen Wohnungseigentümer umgelegten Betrages, um den die mit dem Wirtschaftsplan beschlossenen (Soll-)Vorschüsse hinter den tatsächlich entstandenen Lasten und Kosten zurückbleiben – werden durch den Beschluß über die Jahresabrechnung erstmalig (originär) begründet. Demgegenüber kommt diesem Beschluß in bezug auf die rückständigen Vorschußforderungen grundsätzlich nur eine den Beschluß über den Wirtschaftsplan bestätigende oder – vergleichbar einem Abrechnungsvertrag nach § 782 GB – eine rechtsverstärkende Wirkung zu (Hauger, Festschrift für Bärmann und Weitnauer 1990 S. 353, 361 f). Damit stimmt überein, daß der Wirtschaftsplan mit dem Beschluß über die Jahresabrechnung seine Bedeutung zwar weitgehend, aber keineswegs vollständig verliert (vgl. Hauger aaO S. 362 f; Weitnauer aaO § 28 Rdn. 2 b).

Eine Schuldumschaffung im Sinn einer Novation, d. h. einer Aufhebung des Beschlusses über den Wirtschaftsplan und seiner vollständigen Ersetzung durch den Beschluß über die Jahresabrechnung, ist mit diesem grundsätzlich nicht bezweckt (Hauger aaO S. 359). Im allgemeinen ist bei der Feststellung des Willens, ein altes Schuldverhältnis aufzuheben und durch ein neues zu ersetzen, große Vorsicht geboten; regelmäßig wird eine Novation nicht gewollt (vgl. BGH, Urt. v. 27. April 1993 – XI ZR 120/92, WM 1993, 1078, 1079). Ob einem Beschluß über die Jahresabrechnung gegenüber einem Beschluß über den Wirtschaftsplan überhaupt eine novierende Wirkung beigemessen werden und unter welchen Voraussetzungen dies gegebenenfalls geschehen kann (vgl. in diesem Zusammenhang BGHZ 113, 197, 200), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Hier sind für einen schuldumschaffenden Willen der Mehrheit, die den Beschluß über den Jahresabschluß trägt, Anhaltspunkte weder festgestellt noch vorgetragen.

Dieser Beschluß ließ deshalb die Eigenschaft des Anspruchs auf die rückständigen Vorschüsse als Konkursforderung unberührt. Es liegt ähnlich wie bei einem nicht novierenden Vergleich (vgl. BGB-RGRK/Steffen, 12. Aufl. § 779 Rdn. 35, 36) über eine Konkursforderung oder dem ebenfalls nicht schuldumschaffenden abstrakten Anerkenntnis (BGB-RGRK/Steffen aaO § 781 Rdn. 1 i.V.m. § 780 Rdn. 32, 33) einer Konkursforderung. Durch derartige Rechtshandlungen werden die betroffenen Konkursforderungen modifiziert, verstärkt, unstreitig gestellt undals solche neu begründet. Ihre Qualität als Konkursforderungen erfährt dadurch jedoch keine Änderung (Kuhn/Uhlenbruck aaO § 59 Rdn. 5 d; Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 3 Rdn. 44; vgl. auch BGHZ 108, 44, 50, wo diese Frage noch offengelassen wurde).

Dem steht nicht entgegen, daß im Konkurs des Wohnungseigentümers dessen anteilige Verpflichtung zur Zahlung einer nach Konkurseröffnung beschlossenen Sonderumlage, die den von ihm durch Wohngeldrückstand vor Konkurseröffnung verursachten Fehlbedarf der Gemeinschaft ausgleichen soll, eine Masseverbindlichkeit ist (BGHZ 108, 44, 49 f). In diesem Fall wird mit dem Beschluß über die Sonderumlage erstmals eine Verbindlichkeit der Wohnungseigentümer begründet, die bis dahin nicht bestand. Sie tritt auf seiten des insolventen Wohnungseigentümers zu seinem weiterhin offenen Wohngeldrückstand hinzu (BGHZ aaO).

Die hier vertretene Auffassung steht ferner nicht in Widerspruch zu der Entscheidung BGHZ 104, 197. Diese betraf allein Nachforderungen aus zurückliegenden Jahresabrechnungen, über die ein Beschluß der Wohnungseigentümer noch ausstand. In dem Urteil wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß in den Forderungen auf rückständiges Wohngeld noch offene Ansprüche auf Wohngeldvorschüsse nicht enthalten waren.

Die von der Klägerin zur Begründung ihrer abweichenden Meinung herangezogenen Entscheidungen des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 10. Januar 1990 (ZMR 1990, 189 f) und des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 14. Februar 1991 (ZIP 1991, 812 ff m. krit. Anm. Hintzen in EWiR § 155 ZVG 1/91, 623) sind zu § 155 Abs. 1 ZVG ergangen und für den Konkurs nicht unmittelbar einschlägig. Ihre Richtigkeit kann deshalb im vorliegenden Rechtsstreit auf sich beruhen. Soweit sich ihre Erwägungen auf den Konkurs übertragen lassen, vermag der Senat ihnen nicht zu folgen.

b) Auch wegen der auf das Jahr 1987 entfallenden Vorschußrückstände ist das Berufungsurteil im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Der Beschluß über den Wirtschaftsplan für dieses Jahr und über die in ihm ausgewiesenen Vorschüsse wurde vor Konkurseröffnung gefaßt. Allerdings wurde die Verteilung der Vorschüsse auf die einzelnen Wohnungs- und Teilerbbauberechtigten nicht – wie es § 16 Abs. 2 WEG vorsieht – anhand der auf jeden Berechtigten entfallenden Anteile, sondern nach Quadratmetern vorgenommen. Aus diesem Grund wurde über die vor Konkurseröffnung beschlossene Jahresabrechnung nach Konkurseröffnung erneut Beschluß gefaßt. Dieser Umstand vermag indes an der Einordnung des Anspruchs der Wohnungs- und Teilerbbauberechtigten auf Leistung der rückständigen Vorschüsse als Konkursforderung nichts zu ändern. Insbesondere war der Beschluß über den Wirtschaftsplan für 1987 nicht wegen Verstoßes gegen § 16 Abs. 2 WEG nichtig.

Ein Beschluß ist nichtig, wenn er gegen ein zwingendes gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt oder zwingende Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes verletzt (BGHZ 107, 268, 271 f m.w.N.). Das trifft auf den Beschluß über einen Wirtschaftsplan, der die Vorschüsse auf die Lasten und Kosten des Wohnungseigentums nach einem anderen Maßstab als dem im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile (§ 16 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 WEG) verteilt, nicht zu. Die Regelung des § 16 Abs. 2 WEG ist nicht zwingend, sondern abdingbar (vgl. BGHZ 116, 392, 400; Weitnauer aaO § 16 vor Rdn. 1, Rdn. 1, 13 c; Bärmann/Pick/Merle, WEG 6. Aufl. § 16 Rdn. 116; auch BGHZ 92, 18, 23; OLG Düsseldorf, Der Wohnungseigentümer 1986, 28). Ein Beschluß, der – ohne daß dies in der Gemeinschaftsordnung vorgesehen ist – eine von § 16 Abs. 2 WEG abweichende Kosten- und Lastenverteilung vornimmt, ist deshalb nicht nichtig, sondern allenfalls anfechtbar. Er erwächst in Bestandskraft, wenn er – wie hier – nicht fristgerecht angefochten wird (§ 23 Abs. 4 WEG; Bärmann/Pick/Merle aaO § 16 Rdn. 116; Weitnauer aaO § 16 Rdn. 13 c). Daß der vor Konkurseröffnung gefaßte Beschluß über die Jahresabrechnung 1987 nach Konkurseröffnung abgeändert wurde, ist für die Wirksamkeit des Beschlusses über den Wirtschaftsplan für das Jahr 1987 und die in ihm geregelten Vorschußverpflichtungen, die allein Gegenstand des Revisionsverfahrens sind, ohne Bedeutung.

Die Klägerin hat nicht vorgetragen, daß die auf den Gemeinschuldner entfallenden Vorschüsse bei einer Aufteilung nach Wohnungs- und Teilerbbaurechtsanteilen anstatt nach Quadratmetern niedriger angesetzt worden wären. Deshalb bedarf die Frage, wie die in der nach Konkurseröffnung beschlossenen Jahresabrechnung ausgewiesenen Verbindlichkeiten des Gemeinschuldners in Höhe einer solchen Differenz konkursrechtlich einzuordnen wären, keiner Entscheidung.

 

Unterschriften

B, Sch, K, Z, G

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 10.03.1994 durch Vetter Justizsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 513503

BB 1994, 2033

NJW 1994, 1866

Nachschlagewerk BGH

ZIP 1994, 720

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