Leitsatz

Haben die durch den Verwalter vertretenen Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft einen Rechtsanwalt mit der Erhebung einer Klage beauftragt und ist diese erhoben worden, bevor der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung zur fehlenden Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft geändert hat, ist die Erhöhungsgebühr nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO (Anm. d. Red. = Nr. 1008 VV RVG) grundsätzlich erstattungsfähig.

 

Fakten:

Der Rechtsanwalt wurde seitens der Wohnungseigentümergemeinschaft, vertreten durch den Verwalter, damit beauftragt, Klage gegen den Bauträger wegen Baumängeln zu erheben. Entsprechende Klageerhebung durch den Rechtsanwalt erfolgte vor Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit durch den BGH. Das Verfahren fand seinen Abschluss allerdings erst nach diesem Zeitpunkt. Der Rechtsanwalt hat dennoch Anspruch auf eine Mehrvertretungsgebühr nach dem alten § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO bzw. der neuen Nr. 1008 VV RVG des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes. Denn vor Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit hatte der Rechtsanwalt die Wohnungseigentümer vertreten, also mehrere Personen. Und hierfür steht ihm grundsätzlich eine Mehrvertretungsgebühr zu. Nach Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit hingegen vertritt ein Rechtsanwalt in Rechtssachen der Gemeinschaft, die dem Rahmen ihrer Teilrechtsfähigkeit unterfallen, nur noch eine Person, nämlich die teilrechtsfähige Gemeinschaft.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Beschluss vom 08.02.2007, VII ZB 89/06

Fazit:

Mit dieser Entscheidung beendet der BGH den überflüssigen Streit über die Erstattungsfähigkeit von Mehrvertretungsgebühren der Anwälte bei Vertretung der Eigentümergemeinschaften vor Anerkennung ihrer Teilrechtsfähigkeit. Vor der entsprechenden Entscheidung des BGH (Beschluss v. 2.6.2005, Az.: V ZB 32/05) stand außer Zweifel, dass ein Rechtsanwalt stets die Mehrvertretungsgebühr berechnen konnte, soweit auch Ansprüche der "Gemeinschaft" geltend gemacht wurden. Denn diese war nicht rechts- und somit auch nicht parteifähig. Der Rechtsanwalt konnte also gar nicht lediglich nur eine Person vertreten, sondern die einzelnen Miteigentümer. Der Erstattungsfähigkeit der Erhöhungsgebühr steht auch nicht entgegen, dass die Wohnungseigentümer die Möglichkeit hatten, den Verwalter zur Durchsetzung der Ansprüche, etwa wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums, zu ermächtigen und dieser sodann als Prozessstandschafter den Prozessbevollmächtigten hätte beauftragen können. Grundsätzlich ist ein Rechtsinhaber in aller Regel nämlich nicht gehalten, unter dem Gesichtspunkt der kostensparenden Prozessführung von der selbstständigen Verfolgung seiner Rechte abzusehen, wenn die Rechte auch anderen Gläubigern zustehen und die Klage gemeinsam erhoben werden soll. Nach Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Gemeinschaft - im Übrigen auch durch den Gesetzgeber im Rahmen der am 1. Juli 2007 in Kraft tretenden WEG-Reform - sieht dies bei gemeinschaftlichen Forderungen und Verbindlichkeiten freilich anders aus, da der Rechtsanwalt hier die rechts- und parteifähige Gemeinschaft und somit lediglich eine Person vertritt.

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