Rn 4h

Ein Beamten- oder Richterverhältnis auf Zeit wird zur befristeten Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben begründet. Auch die in einem solchen Dienstverhältnis stehenden Personen können ein Versorgungsanrecht iSv § 44 I Nr 1 erwerben, wenn sie die maßgebliche Wartezeit erfüllen. Von praktischer Bedeutung sind insb die Anrechte kommunaler Wahlbeamter. Bei ihnen besteht die Besonderheit, dass das Beamtenverhältnis (zunächst nur) bis zum Ende der laufenden Wahlperiode dauert. Eine Wiederwahl in das bisher ausgeübte Amt ist zwar möglich, aber (jedenfalls im Regelfall) ungewiss und kann deshalb im Versorgungsausgleich nicht unterstellt werden (BGH FamRZ 19, 191 Rz 13; 19, 1052 Rz 21). Ob der Beamte nach Ablauf der Wahlperiode ggf in ein früher ausgeübtes Amt zurückkehren kann, hängt von den persönlichen Umständen ab. Für die Behandlung der Versorgungsanrechte im Versorgungsausgleich kommt es darauf an, in welchem Stadium sich das Beamtenverhältnis auf Zeit bei Ehezeitende befindet.

 

Rn 4i

Hat der Beamte bei Ehezeitende die für eine beamtenrechtliche Versorgung erforderliche Dienstzeit noch nicht zurückgelegt und kann er diese auch in der zu diesem Zeitpunkt laufenden Wahlperiode nicht mehr erreichen, ist im Versorgungsausgleich kein beamtenrechtliches Anrecht zu berücksichtigen. Es besteht vielmehr – ebenso wie bei Zeitsoldaten und Widerrufsbeamten (vgl Rn 7) – nur eine alternative Versorgungsaussicht, die mit dem Wert einer Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung zu berücksichtigen ist (BGH FamRZ 19, 1052 Rz 25). Die Aussicht auf eine beamtenrechtliche Versorgung kann in diesem Fall nur durch eine Wiederwahl in das bisherige oder ein gleichwertiges Amt realisiert werden, die angesichts der mit dem Wahlausgang verbundenen Unwägbarkeiten nicht als dem gewöhnlichen Verlauf entspr anzusehen ist. Selbst wenn der Beamte nach Ehezeitende tatsächlich wiedergewählt wurde und damit ein beamtenrechtliches Anrecht entstand, ist im Versorgungsausgleich nur die bei Ehezeitende bestehende Versorgungsaussicht zu berücksichtigen (BGH aaO Rz 26). Hat der Beamte allerdings vor seiner Ernennung bereits in einem anderen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis mit Anwartschaft auf eine Versorgung gestanden und erscheint seine Rückkehr in dieses Dienstverhältnis nach der Entlassung aus dem Wahlbeamtenverhältnis gesichert, so ist die in diesem Dienstverhältnis zurückgelegte Zeit als zusätzliche ruhegehaltfähige Dienstzeit bei der Berechnung der in dem früheren Dienstverhältnis erworbenen beamtenrechtlichen Versorgungsanwartschaft zu berücksichtigen (BGH FamRZ 07, 30, 34).

 

Rn 4j

Hat der Beamte nach den maßgeblichen Versorgungsbestimmungen bei Ende der Ehezeit ein beamtenrechtliches Anrecht bereits dem Grunde nach gesichert (zB aufgrund einer Wiederwahl), ist dessen Ehezeitanteil gem § 44 I 1 iVm § 40 II zeitratierlich zu ermitteln. In der Anwartschaftsphase ist – wegen der Ungewissheit einer (erneuten) Wiederwahl – als höchstens erreichbare Gesamtdienstzeit nach § 40 II 1 nicht die Zeit bis zu der für Beamte allgemein geltenden Altersgrenze zugrunde zu legen, sondern nur die Zeit bis zum Ablauf der Amtszeit (Wahlperiode), die zum Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung läuft (BGH FamRZ 19, 1052 Rz 21). Eine nach Ende der Ehezeit erfolgte Wiederwahl ist aber als eine Veränderung, die auf den Ehezeitanteil zurückwirkt (§ 5 II 2), zu berücksichtigen (BGH aaO Rz 22).

 

Rn 4k

Bezieht der Beamte im Zeitpunkt der Entscheidung bereits Ruhegehalt, ist sein Anrecht nach § 41 II 1 ebenfalls zeitratierlich zu bewerten. Dabei sind die Annahmen für die höchstens erreichbare Zeitdauer und für die zu erwartende Versorgung jedoch durch die tatsächlichen Werte zu ersetzen (§ 41 II 2). Zur Ermittlung des Ehezeitanteils ist das Verhältnis der in die Ehezeit fallenden Dienstzeit und der bis zum Eintritt in den Ruhestand tatsächlich zurückgelegten Dienstzeit mit der erdienten Beamtenversorgung zu multiplizieren (BGH aaO Rz 18). Bei der Ermittlung der Gesamtdienstzeit sind alle nach Ende der Ehezeit bis zum Eintritt in den Ruhestand abgeleisteten Dienstzeiten, die sich auf die Höhe der Versorgung ausgewirkt haben, zu berücksichtigen. Daher sind nicht nur Zeiten einzubeziehen, die auf einer nachehezeitlichen Wiederwahl in das bereits bei Ehezeit ausgeübte Amt beruhen, sondern auch Zeiten, die der Beamte abgeleistet hat, nachdem er in ein früher ausgeübtes Amt zurückgekehrt oder in ein anderes Amt desselben Dienstherrn berufen worden ist. Ein Beamter bezieht aus allen ausgeübten Ämtern eine einheitliche Versorgung. Für den Versorgungsausgleich kommt es nicht darauf an, ob die insg erreichte Dienstzeit vor, während oder nach der Ehezeit abgeleistet worden ist; außer Betracht bleibt allerdings eine erst nach Ehezeitende erreichte höhere Besoldungsstufe (BGH aaO Rz 31 ff).

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