Gesetzestext

 

(1) Hat die verletzte Person zum Zeitpunkt einer Tat nach § 1 Abs. 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Abs. 3, mit dem Täter einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt geführt, so kann sie von diesem verlangen, ihr die gemeinsam genutzte Wohnung zur alleinigen Benutzung zu überlassen.

(2) 1Die Dauer der Überlassung der Wohnung ist zu befristen, wenn der verletzten Person mit dem Täter das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück, auf dem sich die Wohnung befindet, zusteht oder die verletzte Person mit dem Täter die Wohnung gemietet hat. 2Steht dem Täter allein oder gemeinsam mit einem Dritten das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück zu, auf dem sich die Wohnung befindet, oder hat er die Wohnung allein oder gemeinsam mit einem Dritten gemietet, so hat das Gericht die Wohnungsüberlassung an die verletzte Person auf die Dauer von höchstens sechs Monaten zu befristen. 3Konnte die verletzte Person innerhalb der vom Gericht nach Satz 2 bestimmten Frist anderen angemessenen Wohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschaffen, so kann das Gericht die Frist um höchstens weitere sechs Monate verlängern, es sei denn, überwiegende Belange des Täters oder des Dritten stehen entgegen. 4Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für das Wohnungseigentum, das Dauerwohnrecht und das dingliche Wohnrecht.

(3) Der Anspruch nach Absatz 1 ist ausgeschlossen,

1. wenn weitere Verletzungen nicht zu besorgen sind, es sei denn, dass der verletzten Person das weitere Zusammenleben mit dem Täter wegen der Schwere der Tat nicht zuzumuten ist oder
2. wenn die verletzte Person nicht innerhalb von drei Monaten nach der Tat die Überlassung der Wohnung schriftlich vom Täter verlangt oder
3. soweit der Überlassung der Wohnung an die verletzte Person besonders schwerwiegende Belange des Täters entgegenstehen.

(4) Ist der verletzten Person die Wohnung zur Benutzung überlassen worden, so hat der Täter alles zu unterlassen, was geeignet ist, die Ausübung dieses Nutzungsrechts zu erschweren oder zu vereiteln.

(5) Der Täter kann von der verletzten Person eine Vergütung für die Nutzung verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht.

(6) 1Hat die bedrohte Person zum Zeitpunkt einer Drohung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, auch in Verbindung mit Abs. 3, einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt mit dem Täter geführt, kann sie die Überlassung der gemeinsam genutzten Wohnung verlangen, wenn dies erforderlich ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. 2Eine unbillige Härte kann auch dann gegeben sein, wenn das Wohl von im Haushalt lebenden Kindern beeinträchtigt ist. 3Im Übrigen gelten die Absätze 2 bis 5 entsprechend.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

§ 2 regelt den Anspruch auf Überlassung der Wohnung und setzt den Grundsatz ›Der Täter geht, das Opfer bleibt‹ hinsichtlich von Gewalttaten im häuslichen Bereich um (Schumacher FamRZ 02, 645, 655). Danach kann das Opfer einer vorsätzlichen und widerrechtlichen Körper-, Gesundheits- oder Freiheitsverletzung von dem Täter, mit dem es einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führt, verlangen, die Wohnung fortan allein zu nutzen. Die der gemeinsamen Nutzung der Wohnung zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisse haben zwar grds keinen Einfluss auf den Nutzungsanspruch, beeinflussen aber die Dauer der alleinigen Nutzungsberechtigung. Schützenswerte Belange des Täters können über den Ausschlusstatbestand des § 2 III Nr 3 berücksichtigt werden (BTDrs 14/5429 30).

 

Rn 2

Anders als § 1 enthält § 2 eine echte materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage (BTDrs 14/5429 19). Eine solche war früher in § 1361b BGB nur für den Fall der Trennung von Eheleuten gegeben.

B. Anspruchsgrundlagen.

 

Rn 3

§ 2 unterscheidet zwei Fallkonstellationen: Die vollendete Gewalttat, die schon für sich allein einen Überlassungsanspruch auslöst sowie die widerrechtliche Drohung mit einer Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder Freiheit, die einen Überlassungsanspruch dann auslöst, wenn dieser erforderlich ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Wegen des Gewaltbegriffs als solchem verweist die Norm auf § 1 I 1.

I. Gewalttat.

1. Vollendete Gewalt (Abs 1).

 

Rn 4

Im Falle einer vollendeten Gewalttat iSd § 1 I 1, also im Falle der vorsätzlichen und widerrechtlichen Verletzung des Körpers, der Gesundheit oder Freiheit des Opfers, besteht, sofern Täter und Opfer einen gemeinsamen auf Dauer angelegten Haushalt führen, ohne weitere Voraussetzungen der Anspruch auf Überlassung der Wohnung an das Opfer zur alleinigen Nutzung. Indem § 1 III in Bezug genommen ist, gilt dies auch dann, wenn der Täter die Tat in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit begangen hat, in den er sich durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel versetzt hat. Unerheblich ist, worin die Ursachen für die Verschlechterung der Beziehungen der zusammenlebenden Personen und deren Auseinandersetzungen zu sehen sind (Schlesw NJW-RR 04, 156 [OLG Schleswig 16.06.2003 - 13 UF 93/03]).

2. Angedrohte Gewalt (Abs 6).

 

Rn 5

Der Anspruch auf Überlassung der Wohnung zur alleinigen Nutzung besteht auch da...

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