Gesetzestext

 

(1) Steht auf der Grenze ein Baum, so gebühren die Früchte und, wenn der Baum gefällt wird, auch der Baum den Nachbarn zu gleichen Teilen.

(2) 1Jeder der Nachbarn kann die Beseitigung des Baumes verlangen. 2Die Kosten der Beseitigung fallen den Nachbarn zu gleichen Teilen zur Last. 3Der Nachbar, der die Beseitigung verlangt, hat jedoch die Kosten allein zu tragen, wenn der andere auf sein Recht an dem Baume verzichtet; er erwirbt in diesem Falle mit der Trennung das Alleineigentum. 4Der Anspruch auf die Beseitigung ist ausgeschlossen, wenn der Baum als Grenzzeichen dient und den Umständen nach nicht durch ein anderes zweckmäßiges Grenzzeichen ersetzt werden kann.

(3) Diese Vorschriften gelten auch für einen auf der Grenze stehenden Strauch.

 

Rn 1

Als Grenzbaum iSd Vorschrift wird ein Baum bezeichnet, dessen Stamm, wo er aus dem Boden heraustritt, von der Grundstücksgrenze durchschnitten wird (BGHZ 160, 18). Es kommt weder darauf an, ob diese Situation bereits im Zeitpunkt des Anpflanzens oder des natürlichen Aufwuchses des Baumes vorhanden war, noch darauf, auf welchem der beiden Grundstücke sich das Wurzelwerk des Baumes befindet (BGHZ 160, 18, 21).

 

Rn 2

Die Vorschrift sagt nichts über das Eigentum an einem Grenzbaum, der noch nicht gefällt ist. Aus I und aus der Entstehungsgeschichte ergibt sich jedoch, dass in diesem Fall vertikal geteiltes Eigentum besteht; dh, dass jedem Eigentümer der Teil des Baumes gehört, der sich auf seinem Grundstück befindet (BGHZ 160, 18, 21 f). Für diesen Teil ist der Eigentümer in demselben Umfang verkehrssicherungspflichtig wie für einen vollständig auf seinem Grundstück stehenden Baum (BGHZ 160, 18).

 

Rn 3

Wurde der Baum gefällt, gehört sein Holz beiden Grundstückseigentümern je zur Hälfte (I; über Ausnahmen s Rn 7). Dasselbe muss auch gelten, wenn der Baum infolge von Naturereignissen wie zB Sturm oder Blitzschlag umfällt. Unerheblich ist, wie weit der Baum vorher auf dem Grundstück des einen und des anderen Eigentümers stand und in welchem Umfang er nach dem Fällen bzw Umstürzen auf den Grundstücken liegt.

 

Rn 4

Die Früchte des Baumes gehören sowohl vor als auch nach dem Fällen bzw dem Umstürzen den Nachbarn zu gleichen Teilen. Das gilt auch dann, wenn sich der einzige fruchttragende Ast vollständig über einem der beiden Grundstücke befindet. Bei der Ernte der Früchte müssen beide Eigentümer mitwirken. Für herabgefallene Früchte gilt § 911.

 

Rn 5

Jeder Eigentümer kann die Beseitigung des Baumes verlangen. Der andere Eigentümer darf die Zustimmung nicht grundlos verweigern. §§ 226, 242 können dem Beseitigungsverlangen allerdings entgegengehalten werden. Auf öffentliches Naturschutzrecht, wie es zB vielfach in Baumschutzsatzungen enthalten ist, kann sich der Zustimmungspflichtige nicht ohne weiteres berufen, sondern nur dann, wenn Ausnahmen von einem Beseitigungsverbot nicht zulässig sind. Die eigenmächtige Beseitigung eines Grenzbaums ohne Zustimmung des Nachbarn ist unzulässig.

 

Rn 6

Der Anspruch auf Beseitigung ist ausgeschlossen, wenn der Baum als Grenzzeichen dient und nicht durch ein anderes zweckmäßiges Grenzzeichen ersetzt werden kann (II 4). Praktische Relevanz besitzt diese Vorschrift heute kaum noch.

 

Rn 7

Die Kosten der Beseitigung müssen beide Eigentümer zu gleichen Teilen tragen (II 2). Derjenige, der die Beseitigung nicht verlangt, kann sich jedoch der Kostenpflicht entziehen, wenn er auf sein Recht an dem Baum (Rn 3) verzichtet; in diesem Fall muss der die Beseitigung verlangende Eigentümer die Kosten allein tragen, allerdings erwirbt er dafür das Alleineigentum an dem gefällten Baum (II 3).

 

Rn 8

I und 2 gelten auch für einen auf der Grenze stehenden Strauch (III).

 

Rn 9

§ 923 ist entspr auf die Beseitigung von Grenzanlagen iSv § 921 (§ 921 Rn 2 ff) anwendbar, wenn das dem bisherigen Eigentum (§ 921 Rn 9) entspr Wertverhältnis nicht festgestellt werden kann.

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