Rn 12

Welche Benutzung des verbindungslosen Grundstücks ordnungsmäßig ist, richtet sich allein nach objektiven Gesichtspunkten; die persönlichen Bedürfnisse des Grundstückseigentümers sind unerheblich (BGH NJW-RR 09, 515, 516 [BGH 12.12.2008 - V ZR 106/07]). Der Duldungsanspruch (Rn 2) besteht nur für eine objektiv dem Grundstück angemessene, den wirtschaftlichen Verhältnissen entspr Nutzung (BGH WM 15, 1781, 1782; MDR 20, 481, 482 für Gewerbegrundstück). Ob eine Zuwegung zu einem bebauten Grundstück den Anforderungen an eine zur ordnungsmäßigen Grundstücksnutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg genügt, beurteilt sich nach den aktuellen technischen und rechtlichen Voraussetzungen und nicht nach den Gegebenheiten bei Erteilung der Baugenehmigung (BGH MDR 22, 1086, 1088 [BGH 13.05.2022 - V ZR 4/21]). Eine generelle Aussage zur ordnungsmäßigen Benutzung kann nicht getroffen werden; entscheidend sind immer die Umstände des Einzelfalls (BGH NJW 64, 1321 [BGH 15.04.1964 - V ZR 134/62]). In jedem Fall muss es sich jedoch um eine unmittelbare Nutzung handeln; deshalb kann der Eigentümer nicht die Duldung eines Notwegs verlangen, wenn er das Grundstück nur mit einem solchen Weg (zu einem angemessenen Preis) vermieten oder verpachten kann (BGH NJW-RR 06, 1160, 1161 [BGH 05.05.2006 - V ZR 139/05]). Zu der Erreichbarkeit des verbindungslosen Grundstücks mit Kfz s Rn 7.

 

Rn 13

Eine Abwägung zwischen den Interessen des Eigentümers des verbindungslosen Grundstücks und denen des Eigentümers des Nachbargrundstücks hinsichtlich der ordnungsmäßigen Benutzung des verbindungslosen Grundstücks findet nicht statt; der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit spielt insoweit keine Rolle, sondern nur die objektiven Bedürfnisse des verbindungslosen Grundstücks (BGH NJW 64, 1321, 1323 [BGH 15.04.1964 - V ZR 134/62]). Für die Durchsetzung des Duldungsanspruchs reicht es deshalb nicht aus, dass die Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks durch den Notweg nur gering ist, wenn die sonstigen Voraussetzungen des Rechts nicht vorliegen.

 

Rn 14

Die ordnungsmäßige Benutzung setzt voraus, dass die Art der Benutzung des verbindungslosen Grundstücks öffentlich-rechtlich und privatrechtlich zulässig ist. Sie darf nicht gegen bau-, straßen- und naturschutzrechtliche Vorschriften und auch nicht gegen Nutzungsbeschränkungen infolge von Dienstbarkeiten verstoßen.

 

Rn 15

Auch eine vorübergehende außergewöhnliche Benutzung kann ordnungsmäßig sein, zB für die Dauer von Baumaßnahmen. In diesem Fall besteht ein zeitlich befristeter Duldungsanspruch des Nachbarn.

 

Rn 16

Eine Änderung der bisherigen Nutzungsart kann den Duldungsanspruch (Rn 2) begründen, wenn sie der technischen und der wirtschaftlichen Entwicklung sowie den örtlichen Verhältnissen entspricht (BGH WM 15, 1781, 1782). Allerdings muss auch die neue Nutzung ordnungsmäßig iSd Vorschrift sein.

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