Rn 1

Die Vorschrift beschränkt die negativen Befugnisse des Eigentümers (§ 903 Rn 2) des Grundstücks, über welches der Notweg führt, indem sie ihn zur Duldung der Benutzung seines Grundstücks durch den Nachbarn verpflichtet, dessen Grundstück keine Verbindung mit einem öffentlichen Weg hat. Nur wenn die Zugangslosigkeit nicht anders behoben werden kann, kommt ein Notwegrecht in Betracht (BGH WuM 21, 630, 632 [BGH 16.04.2021 - V ZR 85/20]). Als Ausgleich erhält der Duldungspflichtige eine Entschädigung in Form einer Geldrente (II). Ein Notwegrecht kann sich weder aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis (§ 903 Rn 14 ff) noch aus dem Schikaneverbot (§ 226), sondern nur unter den Voraussetzungen des Abs 1 ergeben (BGH MDR 22, 953, 954).

 

Rn 2

Maßgeblicher Gesichtspunkt für die Regelung ist das überwiegende Interesse an einer sinnvollen Nutzung des verbindungslosen Grundstücks. Allerdings geht der Schutz des Eigentümers des verbindungslosen Grundstücks nicht so weit, dass ihm ein eigenmächtiges Benutzungsrecht iSv § 858 I eingeräumt wird. Vielmehr gewährt die Vorschrift lediglich einen Anspruch auf Duldung der Benutzung des Nachbargrundstücks, der ggf gerichtlich durchgesetzt werden muss.

 

Rn 3

§ 917 gilt nicht nur für einen Weg über das Nachbargrundstück; Inhalt des Rechts kann auch die Befugnis sein, Ver- und Entsorgungsleitungen über das Nachbargrundstück, ggf durch Gebäude, zu führen (BGH MDR 18, 789 f). In diesem Fall spricht man von einem Notleitungsrecht. Eines Rückgriffs auf § 917 bedarf es allerdings nur, soweit kein Landesrecht eingreift (BGHZ 177, 165, 167 ff), wonach die Benutzung fremder Grundstücke an weniger enge Voraussetzungen geknüpft ist (Näheres bei Staud/Roth Rz 7). Kein Notleistungsrecht haben die Träger der Strom-, Wasser- und Telekommunikationsversorgung für Leitungen und Anlagen, durch die sie ihre Kunden an ihre Verteilungsnetze anschließen, weil sie aufgrund besonderer Vorschriften (§ 8 AVBWasserV, § 12 NAV, § 76 TKG) zur Inanspruchnahme von fremden Grundstücken berechtigt sind (BGH WM 12, 1926, 1927).

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