Gesetzestext

 

1Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. 2Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf die Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

 

Rn 1

§ 852 1 enthält eine eigenständige Anspruchsgrundlage (NK-BGB/Katzenmeier § 852 Rz 2 mwN; aA A Bruns NJW 21, 1121, 1122) zur Abschöpfung eines durch eine unerlaubte Handlung erlangten (dazu Karlsr BeckRS 07, 12724) Vorteils nach Verjährung des Deliktsanspruchs. Sie ist va dann von Bedeutung, wenn der originäre Deliktsanspruch verjährt (insb wegen § 199 I Nr 2) und ein Bereicherungsanspruch ebenfalls verjährt oder ausnw von den Voraussetzungen her nicht gegeben ist (s zB BGHZ 71, 86, 98 ff). Die Regelung bezieht sich auf Deliktsansprüche aus §§ 823 ff sowie aus Spezialgesetzen (die häufig explizit auf § 852 verweisen, wie zB die immaterialgüterrechtlichen Schadensersatzregelungen; für entspr Anwendung auf Ansprüche aus § 75 I 1 BBG OVG Berlin OVG 4 B 8.04 mwN; eine Verweisung ist aber nicht zwingende Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 852, s etwa Karlsr NZKart 19, 351, 353 f zu § 33 GWB aF), nicht aber auf Ansprüche aus § 717 II 1 ZPO (BGHZ 169, 308 Rz 18 ff) und konsequenterweise dann auch nicht aus § 945 ZPO. Es handelt sich um einen Deliktsanspruch (wichtig va wegen § 393) mit Rechtsfolgenverweisung auf das Bereicherungsrecht (BTDrs 14/6040, 270; BGH WRP 15, 972 [BGH 15.01.2015 - I ZR 148/13] Rz 29; GRUR 19, 496 [BGH 26.03.2019 - X ZR 109/16] Rz 15; BGHZ 233, 16 Rz 53; NJW 22, 3284 Rz 31; Soergel/Krause § 852 Rz 4; Staud/Vieweg § 852 Rz 17 ff mwN; zu § 852 III aF: BGHZ 71, 86, 98 ff; 130, 288, 297). Daher setzt § 852 insb keine Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung voraus (BGHZ 71, 86, 100; Karlsr 17 U 338/06; Staud/Vieweg § 852 Rz 9; MüKo/Wagner § 852 Rz 6; BeckOK/Spindler § 852 Rz 19; NK-BGB/Katzenmeier § 852 Rz 2 mwN). Das Vorliegen eines Schadens ist allerdings erforderlich, weil sonst eine Anspruchsvoraussetzung fehlt (BGH BeckRS 17, 136439 Rz 2). Der Anspruch verjährt nach § 852 2, der parallel zu § 199 III ausgestaltet ist. Die Regelung hat für Ansprüche im Zusammenhang mit der Abgasproblematik nach Ablauf der Verjährungsfristen für Ansprüche aus § 826 an Bedeutung gewonnen. Ansprüche aus § 852 bedürften jedoch unter Berücksichtigung des Zwecks von § 852 einer genauen Begründung mit Blick auf die Bereicherung des Herstellers (insb beim Erwerb von einem Zwischenhändler, auch wenn es wegen der Rechtsfolgenverweisung auf das Bereicherungsrecht nicht auf die Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung ankommt) sowie mit Blick auf den Zweck des § 852 und die Musterfeststellungsklage. Daher sind sie bisher zu Recht teilw abgelehnt worden (zB BGH NJW 22, 1311 [BGH 10.02.2022 - VII ZR 365/21] Rz 30; BeckRS 22, 4168 Rz 45; 4153 Rz 39; 4168 Rz 40 ff; BB 22, 1170 [BGH 10.02.2022 - VII ZR 679/21] Rz 41 ff, alle zum Erwerb von Gebrauchtwagen; Martinek jM 21, 56, 59 f; ausführlicher zu einer teleologischen Reduktion des § 852 ders FS Vieweg 405, 419 ff, dagegen mit Blick auf die Musterfeststellungsklage Hartrich DRiZ 21, 232, 234 f; stark einschr auch Riehm NJW 21, 1625, 1626 ff). Anders jetzt der für die Dieselfälle eingerichtete VIa-Zivilsenat für den Erwerb von Neuwagen (ausf BGHZ 233, 16 Rz 54 ff zum Erwerb vom Hersteller; VersR 22, 719 Rz 12 ff; NJW 22, 2752 Rz 10 ff; BeckRS 22, 21673 Rz 11 ff; 21552 Rz 10 ff; VersR 22, 1519 Rz 8 ff; BeckRS 22, 31011 Rz 10; 21718 Rz 12 f; 30950 Rz 11 ff; 30443 Rz 13 ff; 33057 Rz 26; 38891 Rz 21, alle zum Erwerb vom Zwischenhändler; zurückhaltender in Bezug auf Erwerb vom Zwischenhändler BGH NJW 22, 2196 Rz 26 ff; ZIP 22, 1756 Rz 14 ff; BeckRS 22, 20571 Rz 16 ff – jedoch kein Unterschied bei EU-Reimport; VersR 22, 1603 Rz 12; 23, 52 Rz 11 ff; BeckRS 22, 29965 Rz 10 ff, ebenso der VII. Zivilsenat für einen Anspruch gegen den Motorhersteller BGH NJW 22, 3284 [BGH 14.07.2022 - VII ZR 422/21] Rz 32 ff; noch weitergehend– für den Erwerb von Neu- oder Gebrauchtwagen – A Bruns NJW 21, 1121, 1123 ff; M Foerster VuR 21, 180, 181 ff; van de Loo/Walther BB 21, 1227, 1230 ff). Herauszugeben ist danach der vom Kläger erlangte (Brutto-)Kaufpreis unter Abzug der vom Kläger gezogenen Nutzungen (BGHZ 233, 16 Rz 82 ff; NJW 22, 3150 Rz 20; BeckRS 22, 21673 Rz16; VersR 23, 52 Rz 21; BeckRS 22, 31011 Rz 12; 21718 Rz 15; 30443 Rz 16; 38891 Rz 23; 30950 Rz 14; 33057 Rz 29 ff; genauer zu den Nutzungen s.a. § 826 Rn 24d), bei Vorsteuerabzugsberechtigung des Geschädigten auch der Umsatzsteuer (BGH VersR 23, 52 Rz 18; BeckRS 22, 30443 Rz 16), ggf der Händlermarge (BGH BeckRS 22, 21673 Rz 16; 21552 Rz 12 f; 31011 Rz 12; 21718 Rz 15; 30950 Rz 14; 3...

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