1. Überblick.

 

Rn 33

§ 823 I erfasst die Verletzung des Eigentums iSd § 903 an Sachen iSd §§ 90 ff. Die Vorschrift gilt entspr für die Verletzung von Tieren iSd § 90a (BeckOGK/Spindler § 823 Rz 123 mwN) und kann einen Anspruch des Halters wegen Eigentumsverletzung begründen. Formen der Eigentumsverletzung sind Beeinträchtigungen des Eigentumsrechts, der Sachsubstanz und der Nutzungsmöglichkeit; sie sind insb von reinen Vermögensschäden abzugrenzen (insofern kann der Ersatz nach § 823 I weniger weit reichen als die umfassende Herrschafts- und Nutzungsbefugnis des Eigentümers nach § 903). Zu beachten ist der weitgehende Vorrang der §§ 987 ff, 2018 ff. Bei Lieferung unbestellter Sachen ist str, ob § 823 I durch § 241a II ausgeschlossen wird (§ 241a Rn 14 f). Zur Konkurrenz zwischen Delikts- und Vertragsansprüchen s.u. Rn 39, 41 ff.

2. Beeinträchtigung des Eigentumsrechts.

 

Rn 34

Das Eigentumsrecht kann durch schuldhaft unberechtigte Verfügungen über das Eigentum eines anderen beeinträchtigt werden, zB durch Übereignung an einen gutgläubigen Dritten oder die Belastung mit einem Sicherungsrecht (BGHZ 56, 73, 77 mwN; NJW 86, 1174 f; 96, 1535, 1537). Der Anspruch aus § 823 I steht hier (sofern nicht durch §§ 989 ff ausgeschlossen) neben demjenigen aus § 816 I 1.

 

Rn 35

Auch die Verursachung eines Rechtsverlusts nach §§ 946 ff kann eine Eigentumsverletzung darstellen (BGHZ 56, 73, 77 f; 109, 297, 300 mwN); daneben kommt ein Anspruch aus § 951 iVm § 812 I 1 Var 2 in Betracht. Keine Eigentumsverletzung ist aber gegeben bei der bloßen Duldung des Einbaus von Baumaterial durch einen Bauherrn, da idR der Bauunternehmer Vorsorge in Bezug auf Konflikte zwischen den Rechten des Materiallieferanten (insb aufgrund von Eigentumsvorbehalten) und des Verarbeitenden treffen muss (BGHZ 56, 228, 237 ff; 102, 293, 309).

 

Rn 36

Schließlich kann das Eigentumsrecht durch Maßnahmen in der Zwangsvollstreckung (Pfändung und Verwertung schuldnerfremden Eigentums) beeinträchtigt werden. Der Vollstreckungsschuldner haftet, wenn er den Eigentümer nicht über die Pfändung unterrichtet hat (Staud/J Hager § 823 Rz B 69 mwN). Der Vollstreckungsgläubiger haftet grds ebenfalls ggü dem Eigentümer (s insb BGHZ 58, 207, 210 mwN; 67, 378, 383; 118, 201, 205 ff mwN), str ist aber, ob schon bei einfacher Fahrlässigkeit (so insb die Rspr aaO, aber unter Anlegung eines relativ strengen Verschuldensmaßstabs) oder erst bei grober (so teilw die Lit, zB NK-BGB/Katzenmeier § 823 Rz 36; Erman/Wilhelmi § 823 Rz 26). Eine Beschränkung der Haftung lässt sich mit einer Gleichstellung mit dem unrechtmäßigen Besitzer iSd § 990 I begründen, da das Vertrauen des Vollstreckungsgläubigers in die Ordnungsmäßigkeit des Vollstreckungsverfahrens vergleichbar schutzwürdig ist (vgl Erman/Wilhelmi aaO). Wenn der Eigentümer seine Rechte nach §§ 769, 771 ZPO nicht wahrnimmt, kommt ein Mitverschulden iSd § 254 in Betracht (vgl aber BGHZ 118, 201, 206 f: keine Rechtfertigung durch Inanspruchnahme eines gesetzlichen Verfahrens, da der Eigentümer daran nicht unmittelbar beteiligt ist).

3. Beeinträchtigung der Sachsubstanz.

a) Allgemeines.

 

Rn 37

Beeinträchtigungen der Sachsubstanz sind insb die Zerstörung oder Beschädigung einer Sache (auch zB durch erhebliche Verunreinigung, BGH DB 64, 65 f, unbefugtes Plakatieren, LG Bonn NJW 73, 2292, 2293 f [LG Bonn 15.06.1973 - 5 S 50/73]; AG Leipzig NJW-RR 98, 240 [AG Leipzig 18.07.1997 - 5 C 5887/97] oder Sachverbrauch, durch unaufgeforderte Telefaxwerbung, Hamm OLGR 07, 660, E-Mail-Werbung, BAG NJW 09, 1990, 1991 oder Briefkastenwerbung, LG Bonn GRURPrax 14, 189) oder die Einwirkung von Immissionen (BGHZ 62, 186, 188 f; 90, 255, 257 f; 101, 106, 110; 120, 239, 249 f; Rostock NJW 06, 3650: Verlust des BIO-Siegels). Eine Schädigung durch ideelle Immissionen sieht die Rspr nicht als ausreichend an (insb BGHZ 51, 396, 399), aA teilw die Lit (zB Erman/Wilhelmi § 823 Rz 33). Auch das Durcheinanderbringen einer Kartei oder eines Archivs ohne Beschädigung der Bestandteile selbst kann eine Eigentumsverletzung darstellen (BGHZ 76, 216, 220), ebenso das Löschen von Software (Karlsr NJW 96, 200, 201) oder Beschädigung bzw Verlust von Daten (zB Meier/Wehlau NJW 98, 1585, 1588 f; Oldbg BeckRS 11, 28832; Spickhoff in Leible/Lehmann/Zech, Unkörperliche Güter im Zivilrecht 11, 233, 236 f) – sofern man Software als Sache iSd § 90 ansieht (dazu insb BeckOGK/Spindler § 823 Rz 137) bzw wenn die Daten auf einem im Eigentum des Geschädigten stehenden Datenträger gespeichert sind (Hörl ITRB 14, 111 f; Zech CR 15, 137, 142; tw diff Lesser Haftungsprobleme und Versicherungslösungen bei Cyber-Risiken 21, 33 ff). In anderen Fällen kommt evtl eine Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts, eines Rechts am Datenbestand als sonstiges Recht (s.u. Rn 77) oder eine Verletzung des Besitzes als sonstiges Recht (dazu Adam NJW 20, 2063, 2067 f) in Betracht. Problematisch iRd Fallgruppe sind insb mittelbare Substanzverletzungen (Rn 38 ff) sowie die Konkurrenz mit Vertragsansprüchen (insb Rn 41 ff).

b) Mittelbare Substanzverletzungen.

aa) Beeinträchtigung bzw Unterbrechung von Versorgungseinrichtungen.

 

Rn 38

Erste Fallgruppe der mittelbaren Substanzverletzungen ist die Beeinträchtigung bzw Unterb...

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