Rn 10

Inhalt der Schuldverschreibungsurkunde ist das Leistungsversprechen des Ausstellers dem Inhaber der Urkunde ggü. Bei Zweifeln ist deren Inhalt durch Auslegung (§§ 133, 157) zu ermitteln. Diese erfolgt nach objektiven Kriterien. Ausgehend vom Wortlaut können aber auch außerhalb der Urkunde liegende Umstände (zB Anlass und Zweck der Ausgabe) Berücksichtigung finden (BGHZ 28, 259, 263 f; München WM 98, 1716 ff). Da es sich um massenhaft verwendete Erklärungen handelt, fragt sich, ob die für AGB geltenden Auslegungsgrundsätze herangezogen werden können. Anleihebedingungen von Inhaberschuldverschreibungen sind nach ganz hM als AGB zu sehen (BGHZ 119, 305, 312; Ddorf WM 91, 1375, 1379: für Genussscheinbedingungen; Frankf WM 93, 2089: für Anleihebedingungen). Nach überwiegender Ansicht fallen sie jedoch nicht in den Anwendungsbereich des § 305 II (BGH NJW 05, 2917 ff: funktionale Reduktion der Regelung; Frankf WM 08, 1917, 1918). Zur uneingeschränkten Nachprüfbarkeit der Auslegung durch das Revisionsgericht für im Bundesgebiet verbreitete Schuldverschreibungen s BGHZ 28, 259, 263; NJW 62, 1436, 1437.

 

Rn 11

Das Leistungsversprechen des Ausstellers, dem Inhaber der Urkunde ggü eine Leistung zu erbringen, braucht nicht ausdrücklich zu erfolgen. Lediglich ein Forderungsrecht kann verbrieft werden (Bambg NJW-RR 89, 1449, 1450). Werden andere Rechte, zB Mitgliedschaftsrechte (Inhaberaktien), verbrieft, kommt eine analoge Anwendung der §§ 793 ff in Betracht. Unerheblich ist die Art der versprochenen Leistung, meist wird eine Geldleistung vorliegen. Möglich sind auch andere Leistungen (zB Inhaberlagerschein, Optionsscheine, die ein Bezugs- oder Veräußerungsrecht auf andere Papiere verbriefen; Grüneberg/Sprau Rz 2). Die Angabe einer bestimmten Geldsumme ist nicht erforderlich. Nicht notwendig, aber zulässig ist die Angabe eines Schuldgrunds, etwa um sich Einwendungen aus dem Kausalverhältnis nach § 796 vorzubehalten. Auch Einschränkungen, wie Bedingungen (zB Dividendenscheine) und Nebenabreden, sind möglich (s aber München NJW-RR 99, 557 [OLG München 22.01.1997 - 7 U 4544/96]: keine Einschränkung bzgl der Steuerfreiheit der Zinsen bei Sozialpfandbriefen).

 

Rn 12

Die Leistung muss dem Inhaber der Urkunde versprochen werden (Inhaberklausel). Das braucht nicht ausdrücklich und unter Verwendung des Worts ›Inhaber‹ zu erfolgen (zum Inhaber München 17.1.18 – 7 U 1801/17, juris Rz 48). Ausreichend ist, dass aus dem Urkundsinhalt und der Verkehrssitte deutlich wird, dass der Aussteller jedem berechtigten Inhaber verpflichtet sein will. Staatsschuldverschreibungen und Zinsscheine sind daher auf den Inhaber ausgestellt, auch wenn das nicht ausdrücklich erwähnt wird. Zulässig ist es, einen bestimmten Gläubiger in der Urkunde zu nennen, sofern dort gleichzeitig deutlich wird, dass die Verpflichtung zur Zahlung jedem Inhaber ggü besteht. Die Ergänzung ›für Inhaber oder Order‹ macht die Urkunde nicht zum Orderpapier, sofern nicht eine bestimmte Person bezeichnet wird, deren Order maßgeblich sein soll (RGZ 78, 149, 151).

 

Rn 13

Der Aussteller muss aus dem Inhalt der Urkunde erkennbar sein. An die Person des Ausstellers sind keine Bedingungen geknüpft, allerdings ergeben sich für einige Inhaberpapiere Beschränkungen (zB nach § 14 BBankG für Banknoten). Wollen Eltern, der Betreuer oder der Vormund Aussteller sein, ist für die Ausstellung eine Genehmigung des Familien- bzw des Vormundschaftsgerichts erforderlich (§§ 1643 I, 1854 Nr 3).

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