Rn 66

Außer bei vertraglicher Kündigungsmöglichkeit ist die Bürgschaft nur eingeschränkt kündbar: (1) bei einer Bürgschaft auf unbestimmte Zeit nach Ablauf eines gewissen Zeitraums nach Treu und Glauben und bei Beachtung einer angemessenen Frist (BGH WM 59, 855, 856; NJW 85, 3007, 3008 [BGH 04.07.1985 - IX ZR 135/84]; NJW-RR 93, 944, 945; s DerlKnopsBa/Knops § 25 Rz 81); (2) bei Eintritt besonders wichtiger Umstände (§ 314, vgl BTDrs 14/6040 176: außerordentliches Kündigungsrecht im Kern zwingend), zB (a) eine erhebliche Verschlechterung der Vermögenslage des Hauptschuldners (BGH NJW-RR 93, 944, 945 [BGH 21.01.1993 - III ZR 15/92]; s.a. BGH WM 59, 1072, 1074 f (zu § 610 II aF); Erman/Zetzsche § 765 Rz 42: bei Vermögensverschlechterung vor Auszahlung des Darlehens Kündigung nach § 490 I analog), (b) Ausscheiden eines Gesellschafters aus der Gesellschaft, wenn die Gesellschafterstellung Anlass für den Abschluss des Bürgschaftsvertrages war (BGH ZIP 99, 877, 878; nicht bei Abberufung des bürgenden Fremdgeschäftsführers; vgl BGH NZM 11, 709 [zur Schuldmitübernahme]), (c) Eintritt des Bürgen als persönlich haftender Gesellschafter in die schuldende Gesellschaft (BGH NJW 86, 2308, 2309), (d) Scheidung der Ehe zwischen Hauptschuldner und Bürgen (vgl BGH ZIP 02, 2123 f).

 

Rn 67

In Anwendung des Rechtsgedankens von § 488 III 2 ist oftmals eine Kündigungsfrist von drei Monaten als angemessen anzusehen (Celle NJW-RR 89, 548, für den dort offenbar gleichgestellten Fall der außerordentlichen Kündigung; Derleder NJW 86, 97, 102 (zu § 609 II aF, der § 488 III 2 entspricht); Erman/Zetzsche § 765 Rz 42). Im Einzelfall können längere oder – insb nach Ablauf einer bestimmten Zeit oder bei einer Kündigung aus wichtigem Grund – kürzere Fristen angemessen sein (s zB Celle NJW-RR 89, 548 [OLG Celle 05.10.1988 - 3 U 306/87]: 4–6 Wochen; Extremfall von BGH NJW 85, 3007, 3008 [BGH 04.07.1985 - IX ZR 135/84]: Reduzierung der Kündigungsfrist nach Treu und Glauben auf Null). Dabei kann auch die Art der verbürgten Hauptschuld zu berücksichtigen sein (vgl für einen Fall der Mietbürgschaft Ddorf NJW 99, 3128, 3129: Wirksamkeit der Kündigung erst, wenn Gläubiger selbst ordentlich kündigen kann; KG BeckRS 07, 12609: keine Kündigung der Mietbürgschaft bei befristetem Mietvertrag).

 

Rn 68

In AGB kann das Kündigungsrecht aus Treu und Glauben und aus § 314 nicht ausgeschlossen werden. Die Bestimmung einer Mindestlaufzeit der Bürgschaft und einer angemessenen Kündigungsfrist sind möglich (Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Anh § 310 BGB [15] Rz 18).

 

Rn 69

Da die Kündigung ex nunc wirkt (BGH NJW-RR 93, 944, 945 [BGH 21.01.1993 - III ZR 15/92]), wird durch die Kündigung die Bürgschaftsschuld auf die im Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens bestehenden Verbindlichkeiten begrenzt (BGH NJW 85, 3007, 3008 [BGH 04.07.1985 - IX ZR 135/84]). Wer eine Entlassung aus der Bürgschaft wünscht, muss diese vertraglich mit dem Gläubiger vereinbaren.

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