Gesetzestext

 

(1) Die Führung der Geschäfte der Gesellschaft steht den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu; für jedes Geschäft ist die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich.

(2) Hat nach dem Gesellschaftsvertrag die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden, so ist die Mehrheit im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen.

 

Beiträge; Stimmkraft; Anteil an Gewinn und Verlust. (zum 1.1.24)

(1) Der Beitrag eines Gesellschafters kann in jeder Förderung des gemeinsamen Zwecks, auch in der Leistung von Diensten, bestehen.

(2) Im Zweifel sind die Gesellschafter zu gleichen Beiträgen verpflichtet.

(3) Die Stimmkraft und der Anteil an Gewinn und Verlust richten sich vorrangig nach den vereinbarten BEteilungsverhältnissen. Sind keine Beteiligungsverhältnisse vereinbart worden, richten sie sich nach dem Verhältnis der vereinbarten Werte der Beiträge. Sind auch Werte der Beiträge nicht vereinbart worden, hat jeder Gesellschafter ohne Rücksicht auf den Wert seines Beitrags die gleiche Stimmkraft und einen gleichen Anteil am Gewinn und Verlust.

A. Systematische Stellung.

 

Rn 1

Die Vorschrift enthält rudimentäre Regelungen zu Grundsätzen der Geschäftsführung sowie zur Beschlussfassung der Gesellschaft und steht am Beginn der §§ 709715, welche Geschäftsführung und Vertretung regeln. §§ 709713 bestimmen das gesetzliche Modell zur Geschäftsführung, die §§ 714, 715 anschließend die Vertretung der Gesellschaft. Durch die neuere Rspr zur Teilrechtsfähigkeit der GbR sind zumindest die Formulierungen einiger Normen überholt. So spricht zB § 714 von der Vertretung der Mitgesellschafter statt der Gesellschaft. Die Vorschriften sind dispositiv und gelten vorbehaltlich abw gesellschaftsvertraglicher Regelung. § 709 ist Ausdruck des gesetzlichen Modells der GbR mit einer überschaubaren Zahl von einander persönlich bekannten Gesellschaftern. Aufgrund dieser personalistischen Struktur soll in Fragen der Geschäftsführung Einstimmigkeit herrschen. Geschäftsführung betrifft die Tätigkeit für die Gesellschaft in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht, die Geschäftsführungsbefugnis das ›rechtliche Dürfen‹ hierzu. Die Vertretungsmacht bezeichnet dagegen das ›rechtliche Können‹.

B. Geschäftsführung.

I. Grundsätze.

1. Umfang der Geschäftsführung.

 

Rn 2

Zur Geschäftsführung sind nach dem Leitbild der Vorschrift alle Gesellschafter berufen. Der Begriff der Geschäftsführung wird dabei weit verstanden. Hierunter fällt jede Art, ob tatsächlich oder rechtsgeschäftlich, ob mit oder ohne Außenwirkung, von Handlungen für die Gesamthand zur Förderung des Gesellschaftszweckes mit Ausnahme sog Grundlagengeschäfte (MüKo/Schäfer § 709 Rz 10). Grundlagengeschäfte sind Handlungen, welche den Gesellschaftsvertrag ändern oder die Grundlagen der Gesellschaft betreffen, dh deren Struktur und Organisation (Erman/Westermann § 709 Rz 6; Staud/Habermeier § 709 Rz 2; MüKo/Schäfer § 709 Rz 10). Dies sind insb Beitragserhöhungen, Änderungen im Gesellschafterbestand, die Auflösung sowie Modifikationen der Geschäftsführung oder des Gesellschaftszweckes. In diesen Bereichen ist ein einstimmiger Gesellschafterbeschluss erforderlich, es sei denn, der Gesellschaftsvertrag räumt dem Geschäftsführer eine entspr Dispositionsbefugnis ein (MüKo/Schäfer § 709 Rz 10). Ab 1.1.24 sieht § 732 nF vor, dass auch unter einer gesellschaftsvertraglichen Mehrheitsklausel mindestens eine Dreiviertelmehrheit für einen Auflösungsbeschluss erforderlich ist. Das Gleiche gilt nach § 734 nF, wenn im Auflösungsstadium die Fortsetzung beschlossen wird.

2. Grundsatz der Selbstorganschaft.

 

Rn 3

Die Regeln zur Geschäftsführung werden geprägt vom Grundsatz der Selbstorganschaft. Dieser Grundsatz, welcher im Gegensatz zu den Kapitalgesellschaften für alle Personengesellschaften gilt, besagt, dass die Geschäftsführung und die organschaftliche Vertretung zwingend den Gesellschaftern vorbehalten ist (BGH WM 01, 1056; WM 94, 237, 238; aA Erman/Westermann § 709 Rz 3). Die Befugnis zur Geschäftsführung ist demnach Ausfluss der Mitgliedschaft selbst. Dies verbietet zwar nicht eine Beteiligung Dritter an der Geschäftsführung durch den Abschluss entspr Anstellungs- oder Auftragsverhältnisse dergestalt, dass diese Aufgaben der Geschäftsführung übernehmen (MüKo/Schäfer § 709 Rz 5; BRHP/Schöne § 709 Rz 4 ff). Zulässig ist sogar eine umfassende Übertragung der Geschäftsführung. Entscheidend ist aber, dass zumindest ein Gesellschafter jederzeit in der Lage ist, ebenfalls die Geschäftsführung in vollem Umfang wahrzunehmen und keine Entkoppelung der Gesellschafter von der Geschäftsführung erfolgt (BGH WM 94, 237 [BGH 20.09.1993 - II ZR 204/92]; entspr zur Bevollmächtigung Dritter Frankf FGPrax 20, 110; aA Erman/Westermann § 709 Rz 3). Da die Geschäftsführungsbefugnis des Dritten nur abgeleitet ist, ist sie auch ohne seine Mitwirkung durch die Gesellschafter frei widerrufbar. Dementsprechend finden darauf auch die für die Geschäftsführung durch Gesellschafter geltenden §§ 712, 713 keine Anwendung (MüKo/Schäfer § 709 Rz 5). Die Schaffung einer mittelbaren Fremdorganschaft ist auch durch die Übertragung der Geschäftsführung auf eine GmbH als geschäftsführende Ge...

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