Rn 10

Unabhängig von der Zeitdauer der Reise kommt es darauf an, dass mindestens zwei verschiedene, miteinander verbundene Reiseleistungen von nicht völlig untergeordneter Bedeutung (s IV) verkauft oder zum Verkauf angeboten werden. Die RL (Rn 1) nennt in Art 3 Nr 1 als Reiseleistungen: Beförderung, Unterbringung, Vermietung bestimmter Kfz bzw Krafträder und andere touristische Dienstleistungen. Daran knüpft sehr eng die Definition der Reiseleistungen in III 1 an, wobei in III 1 Nr 2 klargestellt ist, dass Beherbergung nicht als Reiseleistung zählt, wenn sie Wohnzwecken dient (zB bei einem Langzeitsprachkurs – BTDrs 18/10822, 67). Als Beispiele für den ›Auffangtatbestand‹ der Nr 4 (touristische Leistung) nennt der VO-Geber Eintrittskarten für Konzerte, Sportveranstaltungen, Ausflüge, Führungen, Vermietung von Sportausrüstungen (zB Skiausrüstungen), Skipässe oder Wellnessbehandlungen (s BTDrs 18/10822, 67); Reiseversicherungen sind schon begrifflich keine Reiseleistung (BTDrs 18/10822, 67; 652/16, 72). Entspr wurden schon bisher als ›Reise‹ verstanden die Bündelung von in der RL genannten Leistungen wie Transport (AG München RRa 96, 109) und Unterkunft (BGH NJW 02, 2238 [BGH 16.04.2002 - X ZR 17/01]; LG Frankfurt NJW-RR 94, 634 [LG Frankfurt am Main 14.02.1994 - 2/24 S 195/93]), zB bei einer Frachtschiffsreise (EuGH NJW 11, 505, 506; zur Kreuzfahrt BGH 18.12.12 – X ZR 2/12 Rz 14 f; zur Wohnwagenmiete und Schiffsreise BGH NJW 12, 3368, 3370 [BGH 31.07.2012 - X ZR 154/11]), ferner mit anderen Leistungen die Verpflegung (LG Frankfurt NJW-RR 87, 175 [mit Betreuung vor Ort]). Relevante Teilleistungen können auch nur gelegentlich der Reise erbracht werden, wenn sie mit der Ortsveränderung typischer Weise verbunden sind, zB Ausflüge am Urlaubsort (Celle NJW-RR 02, 1637 [OLG Celle 21.03.2002 - 11 U 139/01]), Konzerte oder Musicals (LG Frankfurt NJW-RR 99, 57), Theaterbesuche, Ausstellungen, Fitness- oder Wellnessprogramme, Sportveranstaltungen, Freizeiteinrichtungen (BGH NJW 00, 1639: zu Ferienparks), Stellung eines Mietwagens (vgl EuGH NJW 05, 3055). So liegt eine Gesamtheit von Reiseleistungen vor bei Abenteuer- und Expeditions- (Karlsr OLGZ 82, 250; München OLGZ 84, 234), Bergsteiger- (München NJW-RR 02, 694 [OLG München 24.01.2002 - 8 U 2053/01]: mit Übernachtung, Halbpension und Silvesterparty), Studien- und Sprachreisen (BGH NJW 93, 263 [BGH 24.09.1992 - VII ZR 36/92]; Karlsr NJW-RR 98, 841 [OLG Karlsruhe 28.01.1998 - 1 U 218/97]: mit Transfer und Unterbringung; s.a. BFH BB 06, 1781 [BFH 01.06.2006 - V R 104/01]).

 

Rn 11

Irrelevant sind Reiseleistungen, die wesensmäßig Bestandteil einer anderen Reiseleistung sind (III 2; 12. Aufl. § 651a Rz 3), wie bei III 1 Nr 1 kleinere Beförderungsleistungen (Transfer zwischen Hotel und Flughafen/Bahnhof; Personenbeförderung im Rahmen einer Führung; sog Kombi-Tickets mit Nutzungsrecht bzgl des öffentlichen Personennahverkehrs nach Veranstaltungen – BTDrs 18/10822, 66) oder bei III 1 Nr 2 untergeordnete Beherbergung als Teil der Beförderung oder bei III 1 Nr 3 untergeordnete Kfz-Miete wie ggf beim kurzzeitigem Carsharing nach einer Bahnfahrt (BTDs 18/10822, 67) oder bei III 1 Nr 4 die Gepäckbeförderung im Zuge der Beförderung von Personen, Mahlzeiten, Getränke oder Reinigung im Rahmen der Unterbringung oder ein inbegriffener Zugang zu hoteleigenen Einrichtungen wie Schwimmbad, Sauna, Wellnessbereich oder Fitnessraum (BTDrs aaO). Entspr gilt nach IV für untergeordnete touristische Leistungen (III Nr 4), die neben eine Leistung iSv III Nr 1 bis 3 treten, wenn auf sie weniger als 25% des Gesamtpreises entfällt (IV 2) und sie weder wesentliches Merkmal der Zusammenstellung sind noch sie als solches beworben wurden (IV 1 Nr 1), oder wenn sie nach Beginn der Erfüllung einer Reiseleistung iSv III Nr 1–3 ausgewählt und vereinbart wurden. Diese Formulierung soll eine Umgehung dadurch, dass der formale Vertragsschluss ›künstlich‹ aufgeschoben, dem Reisenden aber vorab angeboten wird, zusätzliche touristische Leistungen auszuwählen, entgegenwirken (BTDrs 18/10822, 67). Zu Scheinleistungen s Führich NJW 18, 2926, 2928.

 

Rn 12

Fehlt es an einer Gesamtheit von Reiseleistungen, scheidet eine unmittelbare Anwendung des Reisevertragsrechts – auch durch entspr AGB (Führich NJW 18, 2926) – aus (BGH NJW 90, 317 [BGH 12.10.1989 - VII ZR 339/88]; 85, 906 [BGH 17.01.1985 - VII ZR 163/84]). Da nach der Vollharmonisierung des Reiserechts keine Lücke mehr angenommen werden kann, nachdem aus dem Referentenentwurf die Vorschrift, die eine analoge Anwendung des Reisevertrags auf veranstaltermäßig erbrachte Einzelleistungen vorsah, bewusst gestrichen worden ist (BTDs 18/10822, 66; BTDs 18/12600, 13), ist bisherige der Weg der Rspr (iE 12. Auf. § 651a Rz 4), das Reiserecht zT entspr anzuwenden, wenn zwar lediglich eine einzelne Reiseleistung geschuldet wird, aber die Interessenlage der Beteiligten derjenigen bei einem Reisevertrag iSd § 651a gleicht, weil der Veranstalter aus der Sicht eines durchschnittlichen...

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