1. Allgemeine Definition.

 

Rn 8

§ 650 erfasst nur die Herstellung oder Erzeugung beweglicher Sachen. Der Begriff der beweglichen Sache ist zwar für das Sachenrecht in § 90 legaldefiniert und umfasst neben vertretbaren und nicht vertretbaren Sachen nach § 90a auch Tiere. Beweglich sind nach der Rspr alle Sachen, die nicht Grundstück, den Grundstücken gleichgestellt (Erbbaurecht; Wohnungseigentum) oder Grundstücksbestandteile (§ 94) sind (RGZ 55, 284; 87, 51). Abgrenzungsschwierigkeiten bereiten dabei die Fälle des § 95 (Scheinbestandteile), dh der vorübergehenden Verbindung von Sachen mit einem Grundstück (dies wird widerleglich vermutet bei Errichtung eines Gebäudes durch Mieter oder Pächter des Grundstücks, BGH NJW 96, 916 [BGH 22.12.1995 - V ZR 334/94]; daneben ist die Verkehrsanschauung entscheidend). Scheinbestandteile sind keine Bestandteile des Grundstücks und damit bewegliche Sachen (§ 95 S 1; RGZ 55, 284). Gleiches gilt nach § 95 2 für ein Gebäude oder anderes Werk, das in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden ist (dies trifft insbes auf den Fall der Errichtung eines Gebäudes auf einem Erbbaugrundstück zu). Bei Anwendung dieses sachenrechtlichen Verständnisses auf den Begriff der ›beweglichen Sache‹ in § 650 würde auf Verträge über Bauleistungen auf Miet- oder Erbbaugrundstücken Kaufrecht Anwendung finden. Weil das zu kaum hinnehmbaren Ergebnissen führen würde (vgl Thode NZBau 02, 361) ist es richtig, den Begriff der beweglichen Sache iSd § 650 nicht an den sachenrechtlichen Maßstäben des BGB (Zweck: Schutz wirtschaftlicher Werte vor der Zerschlagung) zu messen, sondern richtlinienkonform idS auszulegen, dass die Herstellung/Erzeugung und Lieferung aller (tatsächlich) beweglichen körperlichen Gegenstände mit Ausnahme der in Art 1 II lit b VerbrauchsgüterkaufRL näher bezeichneten Gütern dem Regelungsbereich des § 650 unterliegt (s Voit BauR 09, 369, 370, Sienz BauR 02, 181, 191; Messerschmidt/Voit/Leidig § 650 Rz 17; Thode NZBau 02, 360, 362; Konopka/Acker BauR 04, 251, 254; idS auch: BGH BauR 09, 1581, 1582 Tz 11).

2. Im Einzelnen: Richtlinienkonforme Auslegung.

 

Rn 9

Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie stellt in Art 1 II lit b auf bewegliche körperliche Gegenstände ab und nimmt dabei zum einen Güter aus, die aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder anderer gerichtlicher Maßnahmen verkauft werden, zum anderen nicht abgegrenztes, abgefülltes Wasser/Gas sowie Strom (nicht körperlich). IÜ ist die RL in diesem Punkt wenig aussagekräftig, eine Präzisierung des Begriffs durch die Rspr des EuGH ist noch nicht erfolgt. Sie umfasst allerdings nach ihrem Ziel und Zweck nur Verbrauchsgüter. Deshalb wird erwogen, nur Verbrauchsgüter als bewegliche Sache iSd § 650 anzusehen (Erman/Schwenker § 651 Rz 5, mit dem Hinweis auf die negative Folge der unterschiedlichen Definition des Begriffs bewegliche Sache; vorbehaltlich EuGH-Überprüfung; ähnl Metzger AcP 204, 231, 253; in diese Richtung auch 14. Aufl Rz 9). Das ist abzulehnen. Dem Wortlaut des § 650 ist keine Beschränkung auf Verbrauchsgüter zu entnehmen. Sie war vom Gesetzgeber auch nicht beabsichtigt, der im Interesse einer starken Vereinfachung des Rechts für § 651 nF gerade keine Aufspaltung zwischen Verbrauchs- und Investitionsgütern vorgenommen hat (vgl BGH BauR 09, 1581, 1584 Tz 19 unter Hinweis auf BTDrs 14/6040, 267 f; vgl auch: Rudolph BauR 09, 1796, 1810 f). Aus der RL selbst und ihrer Entstehungsgeschichte (hierzu: Rudolph, Die Abgrenzung zwischen Kauf- und Werkvertragsrecht, 67 ff) ergibt sich die Notwendigkeit einer Beschränkung des § 650 auf Geschäfte mit ›Massengütern‹, die zum Verbrauch bestimmt sind, nicht. Denn auch die RL erfasst nach der Legaldefinition des Verbrauchsguts in Art 1 II grds alle Geschäfte mit Verbrauchern über körperliche bewegliche Gegenstände, also auch solche, die typischerweise nicht von Verbrauchern bestellt werden. Ausgenommen hiervon sind nur die in Art 1 II RL ausdrücklich aufgeführten Güter (BGH BauR 09, 1581, 1584 Tz 20). Wegen der überschießenden Umsetzung der RL findet § 650 über den Regelungsbereich der RL hinaus auch auf Verträge mit Unternehmern Anwendung (ausf zum Ganzen: Rudolph BauR 09, 1796, 1812 ff – keine ›gespaltene Auslegung‹).

3. Weitere Einzelfälle/Planung und Konstruktion.

 

Rn 10

Nicht unter 1 zu subsumieren sind sicherlich Arbeiten an Personen (da keine Gegenstände; zB Haarschnitt) und die Herstellung von geistigen Werken (Architektenplanung, Gutachten, Theateraufführungen). Dies gilt selbst dann, wenn diese Werke in einem Gegenstand verkörpert werden (so bei schriftlichen Gutachten, individuellen Softwarelösungen auf Datenträger, künstlerischen Leistungen, Plänen). Dies vor dem Hintergrund, dass das geistige Werk und nicht die Sache als Träger des geistigen Werks prägend ist. Daher unterfallen auch in Plänen festgehaltene Architektenleistungen dem Werkvertragsrecht (vgl BTDrs 14/6040, 268). Anders zu beurteilen sind hingegen die Fälle, in denen Planungs- bzw Konstruktionsarbeiten zwar zum Gegenstand eines Vertrages über die Herstellung und Lieferung von Bau...

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