Gesetzestext

 

Auf Vereine, die nicht rechtsfähig sind, finden die Vorschriften über die Gesellschaft Anwendung. Aus einem Rechtsgeschäft, das im Namen eines solchen Vereins einem Dritten gegenüber vorgenommen wird, haftet der Handelnde persönlich; handeln mehrere, so haften sie als Gesamtschuldner.

 

Vereine ohne Rechtspersönlichkeit. (zum 1.1.24)

(1) 1Für Vereine, deren Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist und die nicht durch Eintragung in das Vereinsregister Rechtspersönlichkeit erlangt haben, sind die Vorschriften der §§ 24 bis 53 entsprechend anzuwenden. 2Für Vereine, deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist und die nicht durch staatliche Verleihung Rechtspersönlichkeit erlangt haben, sind die Vorschriften über die Gesellschaft entsprechend anzuwenden.

(2) Aus einem Rechtsgeschäft, das im Namen eines Vereins ohne Rechtspersönlichkeit einem Dritten gegenüber vorgenommen wird, haftet der Handelnde persönlich; handeln mehrere, haften sie als Gesamtschuldner.

A. Grundlagen und Reform

 

Rn 1

Der nichtrechtsfähige Verein (nV) unterscheidet sich vom eV durch die fehlende Eintragung in das Vereinsregister, in Betracht kommen alle Vereine, insbes auch Parteien und Gewerkschaften sowie selbstständige Untergliederungen von Großvereinen. IdF ab dem 1.1.24 wird die Vorschrift für Idealvereine eine Verweisung auf §§ 24–53 enthalten, für wirtschaftliche Vereine ohne Rechtspersönlichkeit dagegen auf das Gesellschaftsrecht verweisen (MoPeG vom 10.08.21, BGBl I, 3436). Die Regelung zur Handelndenhaftung bleibt unverändert. Es wird durch die Bezeichnung ›Vereine ohne Rechtspersönlichkeit‹ klargestellt, dass dem Verein die juristische Persönlichkeit fehlt und die aufgrund der Annahme, der nichtrechtsfähige Verein sei rechtsfähig, unpassend gewordene Terminologie aufgegeben.

B. Rechtsgeschichtliches und Rechtspolitisches.

 

Rn 2

Mit der Verweisung auf das Recht der Gesellschaft griff das BGB die bis dahin herrschende Rechtslage auf und sicherte das System der Normativbestimmungen ab, nach dem rechtsfähige Idealvereine durch Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen aufgrund Eintragung entstehen. Im Jahr 1900 hatte die Verwaltungsbehörde ein Einspruchsrecht gegen die Eintragung (sozial-)politischer oder religiöser Vereine. Das AG konnte von dem Vorstand des eV jederzeit ein Verzeichnis der Namen sämtlicher Vereinsmitglieder verlangen. Diese Kontrollbefugnisse gibt es nicht mehr und damit keinen Grund, die Eintragung zu meiden.

 

Rn 3

Die Gründung eines eV ist mit äußerst geringem Kostenaufwand möglich, das Vereinsregister dient legitimen Zwecken des Rechtsverkehrsschutzes. § 54 verstößt mit seiner Verweisung in das scheinbar wenig passende Personengesellschaftsrecht auch nicht gegen das GG, weil genügend zumutbare Rechtsformalternativen insbes in Gestalt des eV vorhanden sind (Schöpflin 117–139 mwN auch zur Gegenmeinung). Unter diesem Gesichtspunkt wäre es nicht notwendig, dass § 54 I ab 1.1.24 für nichtwirtschaftliche nichteingetragene Vereine ganz auf das Vereinsrecht verweist und die Nachteile der Verweisung in das Gesellschaftsrecht aufgibt. So werden Anreize zur Eintragung abgebaut.

C. Verweisung.

 

Rn 4

Ab 1.1.24 ist § 54 I 1 eine dynamische Verweisung, die auf das Recht des Vereinsin seiner jeweiligen Ausgestaltung Bezug nimmt. Bis dahin verweist § 54 1 noch auf die GbR und für den wirtschaftlichen nV verweist die Norm auf das Recht der OHG (näher Schöpflin 77–81), ab 1.1.24 erfolgt für wirtschaftliche Vereine die Verweisung durch § 54 I 2 auf das Recht der GbR bzw OHG.

D. Abgrenzung zu anderen Rechtsformen.

I. GbR.

 

Rn 5

Die Abgrenzung zur GbR ist angesichts § 54 2 (ab 1.1.24 § 54 II) und wegen der Frage, ob das Innenrecht des Vereins oder der GbR Anwendung findet, unverzichtbar. Der nV setzt begrifflich einen gemeinsamen Zweck, Gesamtnamen sowie körperschaftliche Struktur durch Vorstand, Mitgliederversammlung und Unabhängigkeit vom Mitgliederwechsel voraus. Er muss mindestens drei (nach aA zwei) Mitglieder haben und insofern von Dauer sein als die angestrebte Länge seines Bestehens Raum lassen muss für praktizierte körperschaftliche Organisation. Diese zur Unterscheidung von der GbR dienenden Einzelkriterien bedürfen einer Gesamtbetrachtung (s.a. Rn 10).

 

Rn 6

Wegen der Schwierigkeit der Abgrenzung nimmt die Rspr Mischformen zwischen nV und GbR an (BGH NJW 79, 2304 [BGH 02.04.1979 - II ZR 141/78]). Jedoch muss jede Vereinigung eindeutig einer Rechtsform zugeordnet werden. Freilich kann ein Verein personalistischer sein als ein anderer, so dass im Innenrecht mit Vorsicht ergänzend Normen aus dem Recht der GbR Anwendung finden können. Das ändert aber nichts daran, dass der nV eine Körperschaft ist und nicht lediglich eine körperschaftlich verfasste Gesellschaft (aA Bergmann ZGR 05, 654).

II. Vorvereine und Vorgesellschaften.

 

Rn 7

Vorvereine, die die Rechtspersönlichkeit durch Eintragung oder Konzessionierung anstreben, sind nVe (Vereine ohne Rechtspersönlichkeit). Da das Vereinsrecht die Grundform des Rechts privater Körperschaften darstellt, sind die Vorgesellschaften anderer Rechtsform (zB die Vor-GmbH) als Vereine ohne Rechtspersönlichkeit anzusehen (aA di...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge