Rn 27

Nach § 20 I 1 AGG ist eine Ungleichbehandlung wegen der Religion, einer Behinderung, des Alters und des Geschlechtes zulässig, wenn hierfür ein sachlicher Grund besteht (BGH MDR 20, 1059 Rz 22). Ob ein sachlicher Grund besteht, ist anhand einer wertenden Feststellung im Einzelfall nach den Maßstäben von Treu und Glauben (§ 242) zu beurteilen (BGH MDR 20, 1059 Rz 24). Die wechselseitigen Interessen der unternehmerischen Handlungsfreiheit (Art 12 I 1 GG) auf der einen und des Schutzes vor Diskriminierung (§ 19 I Nr 1 AGG) auf der anderen Seite sind in einen angemessenen Ausgleich zueinander zu bringen. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, inwieweit dem Benachteiligten die Ungleichbehandlung zumutbar und inwieweit er auf die Leistung angewiesen ist (BGH MDR 20, 1059 [BGH 27.05.2020 - VIII ZR 401/18] Rz 32). Eine Besserstellung kann außerdem nach § 5 AGG zulässig sein, um bestehende Nachteile wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes zu verhindern oder auszugleichen.

 

Rn 28

Eine unterschiedliche Behandlung ist im Einzelfall gem § 19 III AGG ferner im Hinblick auf Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse zulässig und gerechtfertigt (s.a. § 6 I Nr 4 WoFG). Diese Ausn ist eng auszulegen und kann im Regelfall nur Maßnahmen nach § 5 AGG rechtfertigen (Eisenschmid WuM 06, 475, 478). Vom Anwendungsbereich des AGG ausgenommen sind außerdem Wohnraummietverhältnisse, bei denen die Parteien oder ihre Angehörigen Wohnraum auf demselben Grundstück nutzen, § 19 V 2 AGG (s.a. § 573a). Wegen des besonderen Näheverhältnisses darf diesem Vermieter eine Vertragspartei weder aufgezwungen werden noch darf er gezwungen sein, diese zu halten; zugleich sind damit sämtliche Ansprüche auf Ersatz von Schäden ausgeschlossen, die auf eine Vertragsverweigerung zurückzuführen sind. Eine weitere Ausn kann schließlich nach § 19 V 1 AGG gegeben sein, wenn durch den Mietvertrag ein besonderes Nähe- oder Vertrauensverhältnis der Parteien oder ihrer Angehörigen begründet wird. Ein besonderes Nähe- oder Vertrauensverhältnis erfordert eine Beziehung, die über das hinausgeht, was ohnehin jedem Schuldverhältnis an persönlichem Kontakt zu Grunde liegt. Dies kann bspw darauf beruhen, dass es sich um ein für die durch das Benachteiligungsverbot verpflichtete Person besonders bedeutendes Geschäft handelt, oder dass der Vertrag besonders engen oder lang andauernden Kontakt der Mietvertragsparteien mit sich bringen würde.

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