Rn 12

Die Zuwendung muss objektiv unentgeltlich, also weder zur Erfüllung einer Leistungspflicht erfolgt noch von einer Gegenleistung abhängig sein. Die Gegenleistung kann auch darin bestehen, dass mit der Erreichung des Zwecks vorangegangener Leistungen des Empfängers ein Bereicherungsausgleich nach § 812 I 2 2. Alt vermieden wird (BGH NJW 12, 605 [BGH 18.10.2011 - X ZR 45/10]: Aufwendungen in Haus in Erwartung späterer Eigentumsübertragung). Die Gegenleistung kann auch immateriell sein (BGH NJW-RR 90, 386 [BGH 17.01.1990 - XII ZR 1/89]; NJW 92, 238). Weder die einseitige Begünstigung des Beschenkten noch dessen freie Verfügungsgewalt über den Gegenstand der Zuwendung werden vorausgesetzt (BGHZ 184, 190). Der Hinweis auf die Vorwegnahme der Erbfolge in einem Übergabevertrag besagt nichts über die Unentgeltlichkeit (BGH NJW 95, 1349 [BGH 01.02.1995 - IV ZR 36/94]; 16, 324 [BGH 07.07.2015 - X ZR 59/13]). ›Gratis-Apps‹ sind nicht notwendig Schenkung, da mit der Bereitstellung personenbezogener und anderer Daten eine Gegenleistung erfolgt, die für den Anbieter geldwerte Vorteile bringt (str, s Schmidt-Kessel/Grimm ZfPW 17, 84; Datta/Klein CR 17, 174, 177 ff).

 

Rn 13

Verpflichtungen im Gegenseitigkeitsverhältnis (§ 320) schließen eine Schenkung aus. Zur Gegenleistung bei gemischter Schenkung Rn 26 ff.

 

Rn 14

Der Gegenseitigkeit der Pflichten steht ihre konditionale Verknüpfung gleich: Eine Zuwendung unter der Bedingung, dass der Zuwender ein – nicht geschuldetes – gleichwertiges Äquivalent, zB von einem Dritten, bekommt, ist nicht unentgeltlich (BGH NJW 51, 268 [BGH 10.01.1951 - II ZR 18/50]; 82, 436); dasselbe gilt für eine Zuwendung für den Fall, dass ein Ereignis eintritt, auf das der Empfänger hinarbeiten soll (BGH NJW 09, 2737 [BGH 28.05.2009 - Xa ZR 9/08]: sportlicher Erfolg als Trainer). An dieser Verknüpfung fehlt es bei der Schenkung unter Aufl (§§ 525–527); vgl § 525 Rn 6. Der Ausgleich bei Nichteintritt der Bedingung erfolgt nach Bereicherungsregeln (§ 812 I 1 Alt 1).

 

Rn 15

Die eine Schenkung ausschließende kausale Verknüpfung wird durch eine tatsächliche Willensübereinstimmung über den mit der Zuwendung verfolgten Zweck herbeigeführt. Von der Schenkung unter der notwendigerweise vertraglich vereinbarten Aufl (§§ 525–527) unterscheidet sie sich durch die fehlende Einklagbarkeit der zur Zweckerreichung erforderlichen Handlung (BGH NJW 84, 233). Missverständlich ist der hierfür gebrachte Begriff der Zweckschenkung. Denn diese ist, im Gegensatz zur kausalen Verknüpfung, Schenkung (BGH NJW 99, 1623 [BGH 19.01.1999 - X ZR 60/97]). Die Rechtsfolgen bei Zweckverfehlung sind in beiden Fällen gleich (§ 812 I 2 Alt 2); nur bei anderweitigen Störungen wirkt sich die Eigenschaft als Schenkung aus (§§ 528 f, 530 ff). Folgt man dieser keineswegs zwingenden Unterscheidung, bietet sich das Interesse des Zuwenders an der Zweckerreichung als Kriterium an (MüKo/Koch Rz 29). Je größer es ist, desto mehr spricht für eine kausale Verknüpfung (BGH FamRZ 2013, 296). Die Praxis ist uneinheitlich. Bsp für die Annahme einer kausalen Verknüpfung: BGH NJW 92, 2566 (Errichtung eines Gebäudes auf fremdem Grund bei erwarteter Übertragung des Grundeigentums); Hamm NJW-RR 93, 1412 (Geldzuwendung in Erwartung späterer Betreuung); Köln FamRZ 01, 1608 (Zahlungsversprechen zwecks Fortsetzung der nichtehelichen Gemeinschaft). Bsp für die Annahme einer Zweckschenkung: BGH NJW 84, 233 (Übertragung eines Miteigentumsanteils in der Erwartung, der Empfänger werde das Haus bewohnen); BGH FamRZ 94, 503 (Zuwendung von Schmuck in Erwartung des Fortbestands der Ehe). Vgl aber auch Rn 20. Als kausale Verknüpfung genügt nicht die bloße Geschäftsgrundlage (BGH NJW 84, 233; iE auch BGH FamRZ 90, 600; 05, 337).

 

Rn 16

Von der Gegenleistung ist die bloße Minderung des Werts des Zugewendeten zu unterscheiden, zB vom Beschenkten übernommene dingliche Belastungen (BGH FamRZ 93, 785; NJW 89, 2122).

 

Rn 17

Die Übertragung eines Gesellschaftsanteils ohne Einlage kann unentgeltlich sein. Für den Kommanditanteil (BGHZ 112, 40), die Einräumung der Stellung eines stillen Gesellschafters (BGH NJW 53, 138) und die stille Beteiligung am Gesellschaftsanteil (BGH WM 67, 685) ist dies allg Meinung. Entspr gilt aber auch, trotz Übernahme der persönlichen Haftung und der Pflicht zur Geschäftsführung, für den Anteil an einer OHG (MüKo/Koch Rz 91; aA BGH WM 59, 719; differenzierend BGH NJW 81, 1956; offen gelassen in BGHZ 112, 40, 44 mwN) und einer GbR (Frankf NJW-RR 96, 1123; differenzierend Schleswig ZErb 07, 326).

 

Rn 18

Die Unentgeltlichkeit kann auch bei Zuwendungen unter Ehegatten und an das Schwiegerkind vorliegen. Vgl dazu Rn 22, 23.

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