Rn 1

Art 16 bestimmt (im Wege der Sachnormverweisung, s Art 20) das auf den Gesamtschuldnerausgleich anwendbare Recht. Die Regelung hat in dieser Form keinen Vorgänger im EVÜ bzw im EGBGB, entspricht aber in ihrem I Art 20 ROM II. Bisher war das IPR des Gesamtschuldnerausgleichs nur teilweise geregelt (Art 13 II EVÜ bzw ex Art 33 III 2 EGBGB). Mit Art 16 hat die Kommission einen im EVÜ enthaltenen Grundgedanken verallgemeinert. Art 16 geht – wie auch schon Art 13 II EVÜ bzw ex Art 33 III 2 EGBGB – vom Primat der (jeweiligen) Beziehung der einzelnen Gesamtschuldner zum Hauptgläubiger aus. Unterliegen die Beziehungen zwischen einem Hauptgläubiger und seinen Gesamtschuldnern unterschiedlichen Rechtsordnungen, bestimmt die (jeweilige) Beziehung der Gesamtschuldner zum Hauptgläubiger über das die Ansprüche und die Einwendungen beim Gesamtschuldnerausgleich regelnde Recht. Dabei unterliegen die Ansprüche und die Einwendungen unterschiedlichem Recht, wenn die Verpflichtung der Gesamtschuldner ggü dem Gläubiger verschiedenen Rechtsordnungen unterliegt (Bsp: Gesamtschuldnerische Haftung von Dienstleistern aus verschiedenen Staaten, die gemeinsam und ohne Rechtswahlklausel im Vertrag ein Projekt entwickeln, vgl Art 4 I lit b).

 

Rn 2

Art 16 gilt nur für die mehrfache Haftung für gleichrangige Verbindlichkeiten. Bei Nachrangigkeit gilt Art 15 (NK-BGB, Bd. 6, Hüßtege/Mansel/Doehner Art 16 Rz 4; MüKoIPR/Martiny Art 16 Rz 4; Grüneberg/Thorn Art 16 Rz 2; Ferrari/Kieninger Art 16 Rz 2; wohl auch Einsele WM 09, 298). Das Vertragsstatut bestimmt, ob die Verbindlichkeit gleich- oder nachrangig ist, s zB die Unterschiede bei der Bürgschaft Vor § 765 BGB Rn 68–70.

 

Rn 3

Art 20 ROM II stellt die ›übrigen Schuldner‹ ohne ersichtlichen Grund schlechter (s Art 20 ROM II Rn 3). Da zB allein die schnellere Befriedigung einer Schuld durch einen anderen Gesamtschuldner kein Grund für eine Schlechterstellung ist, wird Art 16 S 2 zT analog bei Art 20 ROM II angewendet (MüKoIPR/Junker Art 20 ROM II Rz 15). Jedenfalls gilt Art 16 S 2 nach dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (zu diesem Grundsatz vgl die stRspr des EuGH, zB Rs C-217/91, Slg 93, I-03923, Rs C-306/93, Slg 94 I-5555) bei gemischten vertraglichen und außervertraglichen Gesamtschulden für alle Gesamtschuldner (Art 20 ROM II Rn 3).

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