Rn 26

II gebietet – wie schon Art 10 II EVÜ und ex Art 32 II EGBGB für einen Kernbereich des Vertrages – die Art und Weise der Erfüllung: ›die äußere Abwicklung der Erfüllung‹ (vgl BGH NJW-RR 06, 1694, 1695 [BGH 29.06.2006 - I ZR 168/03]) – und für das Verhalten des Gläubigers bei mangelhafter Erfüllung eine Ergänzung des Vertragsstatuts (Grüneberg/Thorn Art 12 Rz 5) um das Recht des Staates, in dem die Erfüllung tatsächlich (v Bar/Mankowski IPR II Rz 835; MüKoIPR/Spellenberg Art 12 Rz 183; Staud/Magnus Art 12 Rz 79, 82). Dies vermeidet Konflikte zwischen dem Vertragsstatut und dem Recht des Erfüllungsortes (BTDrs 10/503/Giuliano 65 zum EVÜ) und entspricht meist dem Willen der Parteien zu vertraglich nicht geregelten (Detail-)Fragen der Erfüllung (Mayer/Heuzé Rz 795). Die Ergänzung des Vertragsstatuts nach Art 12 entfällt, wenn zwingendes örtliches Recht bereits nach Art 9 (insb III) anzuwenden ist.

 

Rn 27

Aus dem Recht des Erfüllungsortes sind somit insb Regelungen zu berücksichtigen über: (1) die Aufbewahrung nicht abgenommener Lieferungen (AmtlBegr BTDrs 10/504 S 82); (2) Be- und Entladen (Mayer/Heuzé Rz 795); (3) Feiertage (BGH NJW-RR 06, 1694; MüKoIPR/Spellenberg Art 12 Rz 186; Mayer/Heuzé Rz 795); (4) Genehmigungen (Staud/Magnus Art 12 Rz 87); (5) Geschäftszeiten (BGH NJW-RR 06, 1694 [BGH 29.06.2006 - I ZR 168/03]): s aber Rn 24; (6) Regelungen zum Ausmaß kaufmännischer Untersuchungs- und Rügepflichten (AmtlBegr BTDrs 10/504 S 82; v Bar/Mankowski IPR II Rz 840; Mayer/Heuzé Rz 795): Ob zu rügen ist, bestimmt hingegen das Vertragsstatut: s.o. Rn 13; (7) Modalitäten der Versteigerung, wenn diese nach dem Vertragsstatut geboten oder zulässig ist (MüKoIPR/Spellenberg Art 12 Rz 188);

 

Rn 28

(8) die Zahlungswährung (s die Ersetzungsbefugnis nach § 244 BGB; MüKoIPR/Spellenberg Art 12 Rz 189; Staud/Magnus Art 12 Rz 113 f: im Gegensatz zur Schuldwährung, die den Wert der Zahlung bestimmt; ebenso Mayer/Heuzé Rz 793, 797 aE für Frankreich: monnaie de règlement im Gegensatz zum monnaie de compte). Für örtliche Vorschriften, die zwingend die Zahlung in einer Währung gebieten, gilt hingegen Art 9 (s.o. Rn 26; ex Art 34 EGBGB 7. Aufl Rz 6); (9) Zollformalitäten (MüKoIPR/Spellenberg Art 12 Rz 187; Staud/Magnus Art 12 Rz 87).

 

Rn 29

Das Gesetz spricht von ›berücksichtigen‹, was in der Praxis meist einer Sonderanknüpfung der genannten Detailregelungen gleichkommt (str, s v Bar/Mankowski IPR II Rz 841: Sonderanknüpfung; MüKoIPR/Spellenberg Art 12 Rz 5: keine eigene Anknüpfung, aber diese nicht schlechthin ausgeschlossen). UU ist eine Anpassung (Angleichung, s Vor ROM I Rn 18) zwischen Vertragsstatut und Erfüllungsortsstatut erforderlich (MüKoIPR/Spellenberg Art 12 Rz 192).

 

Rn 30

Ist eine im Vertrag vorgesehene Handlung am Erfüllungsort nicht möglich, kann sie durch eine funktional äquivalente Handlung nach dem Ortsrecht ersetzt werden (Substitution; MüKoIPR/Spellenberg Art 12 Rz 186 f). Das kann eine Vielzahl von Modalitäten betreffen, zB Dokumente, Transportmittel (MüKoIPR/Spellenberg Art 12 Rz 186), personelle Ressourcen (zB nach dem Vertrag heranzuziehender Hafenkommissar: MüKoIPR/Spellenberg Art 12 Rz 191).

 

Rn 31

Soweit Erfüllungsmodalitäten nicht im Vertrag geregelt sind, wird man den Parteien die Beachtung der Ortsform gestatten müssen, solange keine der Parteien dadurch einen Schaden erleidet (MüKoIPR/Spellenberg Art 12 Rz 195).

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