Gesetzestext

 

(1) Auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus einer Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums ist das Recht des Staates anzuwenden, für den der Schutz beansprucht wird.

(2) Bei außervertraglichen Schuldverhältnissen aus einer Verletzung von gemeinschaftsweit einheitlichen Rechten des geistigen Eigentums ist auf Fragen, die nicht unter den einschlägigen Rechtsakt der Gemeinschaft fallen, das Recht des Staates anzuwenden, in dem die Verletzung begangen wurde.

(3) Von dem nach diesem Artikel anzuwendenden Recht kann nicht durch eine Vereinbarung nach Artikel 14 abgewichen werden.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Art 8, dessen Einfügung maßgeblich auf den Einfluss der Hamburg Group for Private International Law (RabelsZ 03, 1 ff) zurückgeht, enthält (zwingende, Art 8 III) Sonderanknüpfungen für die Verletzung einzelstaatlicher (I) sowie gemeinschaftsweiter (II) Rechte an geistigem Eigentum und ist im Zusammenhang mit Art 13 zu lesen. Die Regelung bietet vergleichsweise wenig Raum für Auflockerungen des Grundstatuts.

B. Anwendungsbereich.

 

Rn 2

Art 8 bezieht sich auf Rechte des geistigen Eigentums. Das können nach Erw 26 zB Urheberrechte, verwandte Schutzrechte, das Schutzrecht sui generis für Datenbanken sowie gewerbliche Schutzrechte sein (ausf Sack WRP 08, 1405, 1406 f; Grünberger ZVglRWiss 09, 134, 140 ff). Unerheblich ist die Entstehung des Schutzes (durch staatlichen Hoheitsakt oder formlos, zB durch Erfüllen bestimmter materiellrechtlicher Schutzvoraussetzungen). Problematisch kann die Qualifikation von Rechten im Grenzbereich zwischen Lauterkeitsrecht und gewerblichem Rechtsschutz sein, zB bei ergänzenden Leistungsschutzrechten oder geographischen Herkunftsangaben und neuerdings auch bei Geschäftsgeheimnissen (für eine Qualifikation als immaterialgüterrechtlich, aber mit Differenzierung etwa BeckOGK/McGuire Art 8 Rz 118 ff; dies WRP 23, 1, 6 ff; ähnl Rieländer ZVglRWiss 20, 339, 344 ff – mit paralleler Anwendung von Art 6; offengelassen: Ddorf GRUR-RS 19, 33225; s aber auch Art 4 Rn 20, Art 6 Rn 2). IRe gemeinschaftsautonomen Auslegung des Begriffs der Rechte des geistigen Eigentums (zur einheitlichen Auslegung mit Blick auf die Enforcement-RL [RL 2004/48/EG, ABl 04, L 195/16] H-J Ahrens WRP 11, 945, 947) sollte die Vergleichbarkeit mit den beispielhaft genannten Rechten maßgeblich sein. Dafür dürfte es insb auf den Charakter als selbstständige, einer bestimmten Person zuzuordnende (und Unberechtigte von der Nutzung ausschließende) Rechte ankommen (aA zum ergänzenden Leistungsschutz insb Sack GRUR Int 12, 601, 608 ff). IRe autonomen Interpretation sollten auch die persönlichkeitsrechtlichen Elemente dieser Rechte in den Anwendungsbereich des Art 8 einbezogen werden (so für Urheber- und Interpretenpersönlichkeitsrecht auch Grünberger ZVglRWiss 09, 134, 173 ff; Richter Parteiautonomie im internationalen Immaterialgüterrecht 17, 24; aA Soergel/Krimphove Art 8 Rz 136 ff).

 

Rn 3

Art 8 betrifft zunächst nur die Verletzung solcher Rechte, einschließlich mittelbarer Verletzungen (BGH GRUR 17, 785 Rz 57 mwN; Kur WRP 11, 971, 972 ff, auch zu weiteren Sonderfragen; zur Einbeziehung von Tatbeiträgen im Ausland Tochtermann GRUR Int 19, 437, 441 f). Durch die Erweiterung in Art 13 werden aber auch andere außervertragliche Schuldverhältnisse erfasst, was aus deutscher Perspektive besonders für Bereicherungsansprüche relevant ist. Wichtig bleibt aber die Begrenzung auf Rechtsverletzungen. Nicht erfasst wird die Vorfrage der Rechtsinhaberschaft (s nur Boschiero YbPrIntL 07, 87, 103; Schack FS Kropholler 651, 656; Grüneberg/Thorn Art 8 Rz 9; v Bar/Mankowski IPR II § 2 Rz 358 f; für das Urheberrecht auch Obergfell IPRax 05, 9, 12 f; Klass GRUR Int 07, 373, 379 ff; Metzger JZ 10, 929, 933; aA BGHZ 136, 380, 387 – noch nicht zur ROM II-VO; WRP 15, 347 Rz 24; 16, 1114 Rz 24; 18, 201 Rz 13; Braunschw ZUM-RD 22, 342, 357; Buchner GRUR Int 05, 1004, 1008; Sack WRP 08, 1405, 1409 f; NK-BGB/Grünberger Art 8 Rz 52 f; ders ZVglRWiss 09, 134, 158; Staud/Fezer/Koos Int WirtschR Rz 1084), denn diese kann für ein einheitliches Recht (insb ein Urheberrecht) nicht je nach Schutzland unterschiedlich beantwortet werden und ist daher nach dem Recht des Ursprungslandes zu beurteilen (im Urheberrecht sollte dies iSd Rechts des gewöhnlichen Aufenthalts des Schöpfers zum Zeitpunkt der Schöpfung präzisiert werden, Klass GRUR-RR 08, 546, 554 ff, auch zu Ausnahmen; aA zB Grünberger ZVglRWiss 09, 134, 160 ff; Metzger JZ 10, 929, 933; H-J Ahrens WRP 11, 945, 948: Recht des Schutzlandes). Dagegen wird die Haftung für das Verhalten anderer Personen über Art 15 I lit g mit erfasst und damit auch die Störerhaftung (LG Düsseldorf GRUR-RS 22, 20506; 20507). Fraglich ist die Einbeziehung von Fragen des Inhalts des Rechts in das Schutzlandprinzip (dafür insb de Boer YbPrIntL 07, 19, 26; Richter Parteiautonomie im internationalen Immaterialgüterrecht 17, 93 ff; LG München BeckRS 12, 13691; dagegen Schack FS Kropholler 651, 655 f; v Bar/Mankowski IPR II § 2 Rz 356). Art 15 lit a sowie der Wille der Kommission, de...

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