Rn 3

Das IPR der GoA spielt in der Rechtspraxis nur eine untergeordnete Rolle. Die kollisionsrechtliche Qualifikation der GoA iSd Art 11 erfolgt im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen nach der autonomen Auslegung der Verordnung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der kollisionsrechtliche, von der Verordnung bestimmte, und der materiell-rechtliche Begriff der GoA nicht identisch sind (vgl auch Art 39 EGBGB Rz 4). Die GoA kann in unterschiedlichen Fallgruppen oder Typen auftreten. Dabei lassen sich die Nothilfe, die Einwirkung auf fremde Sachen oder Rechte und die Tilgung fremder Verbindlichkeiten unterscheiden. Dabei sind allen Gruppen die Einmischung in einen fremden Geschäftskreis und der Wille zur Fremdgeschäftsführung gemeinsam. Für Handlungen aufgrund nichtiger Verträge ist Art 12 I lit e ROM I vorrangig zu berücksichtigen. Probleme der Auslegung bei der Anwendung des Art 11 sind in zwei Bereichen zu erwarten. Einerseits geht es um die Bestimmung des Vornahmeortes (III), falls weder eine Rechtswahl noch die I und II das anzuwendende Recht festlegen (zur nachträglichen Rechtswahl bzw. akzessorischen Anknüpfung bei freiwilliger Fortsetzung einer medizinischen Notversorgung s Deutsch MedR 09, 576, 579; zur Erledigung der Zollformalitäten, Köln BeckRS 18, 33096). Andererseits fehlt in Art 11 eine besondere Regelung für die Tilgung fremder Verbindlichkeiten.

I. Vornahmeort.

 

Rn 4

Der Vornahmeort kann bei sukzessiv vorgenommener Geschäftsführung an mehreren Orten liegen und verschiedene Rechtsordnungen berühren (zB bei grenzüberschreitender Unfallrettung). Es ist nicht sachgerecht, dass ein einzelnes, einheitliches Geschäft durch das Kollisionsrecht und die Berufung verschiedener Rechtsordnungen aufgeteilt wird. Zur Vermeidung sollte der Ort des Tätigkeitsbeginns für die Bestimmung des anzuwendenden Rechts maßgebend sein.

 

Rn 5

Der Vornahmeort kann gespalten sein, wenn Handlungs- und Erfolgsort voneinander abweichen (zB telefonische Beauftragung eines Handwerkers für Reparaturen im Ferienhaus des Nachbarn in Spanien; zu Ausgleichsansprüchen unter Ehegatten OGH IPRax 17, 515). Um Gefahren der Manipulation vorzubeugen und im Einklang mit den Regeln zum Deliktsrecht spricht viel dafür, generell auf den Erfolgsort abzustellen (Sonnentag ZVglRWiss 105 (2006), 256, 304; für den Handlungsort etwa Hüßtege/Mansel/Limbach Art 11 ROM II Rz 13). Unter verschiedenen Erfolgsorten in mehreren Staaten ist der Schwerpunkt zu ermitteln (zB Verwaltung eines Vermögens mit Bestandteilen in zahlreichen Staaten) und eine Aufteilung vorzunehmen. Mangels eines erkennbaren Schwerpunkts ist nach dem Günstigkeitsprinzip zu verfahren. Eine Korrektur ist allerdings bei engerer Verbindung über IV möglich.

II. Tilgung fremder Verbindlichkeiten.

 

Rn 6

Der Ausgleichsanspruch bei der Geschäftsführung mit dem Ziel der Tilgung einer fremden Verbindlichkeit, die ohne Verpflichtung (zB Vertrag oder Gesetz) ggü dem Schuldner erfolgt – also freiwillig –, wird in Art 11 nicht gesondert geregelt. Da in einem solchen Fall kein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien besteht, an welches akzessorisch angeknüpft werden könnte, spricht viel für eine Anwendung des Art 11 IV (zurückhaltend MüKo/Junker Art 11 ROM II Rz 27). Die engere Verbindung ergibt sich insoweit aus dem Statut, dem die getilgte Verbindlichkeit unterliegt (Wagner IPRax 08, 1, 12). Das konkrete Schuldstatut hängt von der getilgten Verbindlichkeit ab. Für vertragliche Ansprüche ist das jeweilige Vertragsstatut maßgebend, für die Tilgung von Schadensersatzansprüchen aus unerlaubter Handlung das Deliktsstatut.

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