Rn 5

Bis zum 31.12.21 erfasste I nur Verträge, die eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand haben. Diese Einschränkung war mit den in Art 2 Nr 5 und 6 VRRL enthaltenen Definitionen von Kauf- und Dienstleistungsverträgen begründet worden, auf die der Anwendungsbereich von I beschränkt sein sollte (BTDrs 17/12637, 45). Nach Art 3 I VRRL galt die Richtlinie jedoch für ›jegliche Verträge, die zwischen einem Unternehmer und Verbraucher geschlossen werden‹. Deren Bestimmungen sind allerdings auf den Verkauf von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen zugeschnitten, die sich nach den genannten Definitionen durch ihre Entgeltlichkeit auszeichnen. Erforderlich ist eine Leistung durch den Unternehmer, für die der Verbraucher eine irgendwie geartete Gegenleistung erbringt. Der durch die ModernisierungsRL (Vor §§ 312 Rn 4a) geänderte Art 3 I VRRL enthält nunmehr das Tatbestandsmerkmal des vom Verbraucher zu zahlenden Preises. Dies bringt die Neufassung von I nun durch das Erfordernis der Zahlung eines Preises durch den Verbraucher zum Ausdruck, dem ein weites Begriffsverständnis zugrunde liegt (BRDrs 60/21, 34). Dabei muss es sich nicht um eine monetäre Gegenleistung handeln, so dass insbesondere auch personenbezogene Daten ein Entgelt darstellen können (s Schmidt-Kessel/Grimm ZfPW 17, 84; Metzger AcP 216, 817, 845 f; Czajkowski/Müller-ter Jung CR 18, 157, 160 f; Klink-Straub NJW 21, 3217; Schmitz/Buschuew MMR 22, 171; allg auch Sattler JZ 17, 1036; Stürner, Europäisches Vertragsrecht 21, § 23 Rz 9 ff). Dies stellt der neu eingefügte Ia 1 (Rn 8a) nun klar (BTDrs 19/27653, 34). Eine Ausnahme hiervon gilt nach Ia 2 nur dann, wenn diese Daten vom Unternehmer ausschließlich zur Erfüllung seiner Leistungspflicht oder bestehender rechtlicher Verpflichtungen verarbeitet werden. Die umgekehrte Konstellation – Leistung durch den Verbraucher, Gegenleistung durch den Unternehmer – wird nicht erfasst (Grüneberg/Grüneberg Rz 2; Schinkels WM 17, 113; ebenso BGH NJW 15, 1009 für Fernabsatzverträge; aA für Außergeschäftsraumverträge Maume NJW 16, 1041).

 

Rn 6

Unter I fallen alle gegenseitigen Verträge (vgl Vor § 320 Rn 7), insb Kauf (auch von Grundstücken, BGH NJW 07, 1947, 1948), Reisevertrag, Werkvertrag (auch Bauvertrag, BGHZ 171, 364; näher Glöckner BauR 14, 411; s.a. II Nr 3), idR auch Maklervertrag (BGH NJW 17, 1024 und NJW-RR 17, 368; so bereits Düsseldorf MDR 14, 1067 [OLG Düsseldorf 13.06.2014 - I-7 U 37/13] Rz 34 ff; Jena MMR 15, 438 Rz 36; Hamm MMR 17, 265 [OLG Hamm 20.10.2016 - 18 U 152/15] Rz 54; zum Immobilienmaklervertrag § 312c Rn 15) und Miete, aber auch typenfremde, zB Leasing. Betroffen ist weiter der Vertrag über die Beteiligung an einer Anlage- oder Publikumsgesellschaft, auch über einen Treuhänder und zum Zweck der Steuerersparnis (BGHZ 133, 254, 261 f). § 312 ist auch auf den Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds in Form einer Personengesellschaft anwendbar, wenn der Zweck darin besteht, Kapital anzulegen (BGH NJW 10, 3096 im Anschluss an EuGH 15.4.10, C-215/08 – Friz/von der Heyden, NJW 10, 1511; krit Habersack ZIP 10, 775; zur Geltung nach der VRRL Schwab JZ 15, 644, 652; ausf Gerbaulet, Der Widerruf des Haustürbeitritts zu einer Fondsgesellschaft 15); dies soll auch in der Liquidationsphase gelten (Stutt ZIP 16, 863 Rz 57; insoweit zust BGH WM 18, 709 Rz 49 ff). Zu den Folgen einer wegen Widerrufs fehlerhaften Gesellschaft vgl § 361 Rn 7. Ausreichend ist auch ein Sicherungsvertrag, wenn der Sicherungsgeber für sich oder einen Dritten daraus einen Vorteil erwartet (vgl Kuhlke NJW 06, 2223; aA Schürnbrand WM 14, 1157, 1162). Schuldversprechen und Schuldanerkenntnisse können ebenfalls unter I fallen (Kannowski VuR 09, 408; offen gelassen von BGH NJW 93, 1594). Für den Schuldbeitritt hat der BGH (ZIP 16, 1640 Rz 30) die Anwendung von I für Fernabsatzverträge abgelehnt (§ 312c Rn 6). Ein Widerrufsrecht kann auch dann bestehen, wenn der Vertrag nichtig ist, BGHZ 183, 235 (näher dazu § 355 Rn 3).

 

Rn 7

Auch die Bürgschaft war – jedenfalls bei an Art 3 VRRL orientierter, richtlinienkonformer Auslegung – bereits unter I aF als entgeltliches Rechtsgeschäft anzusehen, EuGH 17.3.98, C-45/96 – Dietzinger, NJW 98, 1295 (noch zur HausTWRL; überholt daher BGHZ 113, 287; s Schürnbrand WM 14, 1157, 1159 f; iE auch Meier ZIP 15, 1156; ausf Staud/Stürner 20, Vor § 765 Rz 81 ff); aA Schinkels WM 17, 113, 115 ff). Die von I geforderte entgeltliche Leistung des Unternehmers muss nicht gerade auch gegenüber dem Bürgen geschuldet werden. Das vertragliche Synallagma, das idR für die Entgeltlichkeit zu fordern ist, wird insoweit gelockert, als im Wege einer Gesamtbetrachtung die Hauptschuld mit einbezogen wird. In teleologischer Hinsicht streitet die Schutzbedürftigkeit des Bürgen ebenfalls für diese weite Auslegung. Unter der Neufassung von I trifft diese Einschätzung erst recht zu, zumal das Erfordernis der entgeltlichen Leistung gerade des Unternehmers weggefallen ist. Dies gilt trotz des Ausschlusses von F...

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