Rn 81

Rechtsanwälte: Der Rechtsanwalt ist zu einer umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung des Mandanten verpflichtet (BGH NJW 88, 563, 566 [BGH 22.10.1987 - IX ZR 175/86]; 91, 2079 [BGH 16.05.1991 - IX ZR 131/90]; BGH NJW-RR 90, 1241 [BGH 28.06.1990 - IX ZR 209/89]), es sei denn, dass dieser zu erkennen gegeben hat, dass er nur hinsichtlich einer bestimmten Richtung der Beratung bedarf (BGH NJW 96, 2931, 97, 2168 [BGH 20.06.1996 - IX ZR 106/95], 2169); die Rechtskundigkeit des Mandanten schränkt die Aufklärungsverpflichtung des Rechtsanwalts indes nicht ein (BGH NJW 92, 820; BGHZ 193, 193 [Geschäftsführer der Mandantin Rechtsanwalt]). Drängt sich eine steuerliche Belastung auf, muss er darauf hinweisen, auch wenn das Mandat auf die zivilrechtliche Beratung beschränkt ist (BGH NJW 20, 1139 [BGH 09.01.2020 - IX ZR 61/19]). Der Rechtsanwalt ist auch zur Aufklärung über etwaige konkrete wirtschaftliche Gefahren des beabsichtigten Vorgehens sowie über erforderliche Vorsichtsmaßnahmen verpflichtet (BGH NJW 98, 900 [BGH 27.11.1997 - IX ZR 141/96]). Insofern gilt allerdings eine Einschränkung, wenn der Anwalt etwa einem Kostengesichtspunkt bei den Entscheidungen seines Mandanten lediglich untergeordnete Bedeutung beimessen darf (BGH NJW-RR 06, 557, 558 [BGH 08.12.2005 - IX ZR 188/04] [Unterlassener Hinweis auf Kostenvermeidung durch unaufgefordert abgegebene Abschlusserklärung in einer Urheberrechtssache]). Die Pflicht zur Aufklärung über die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung besteht vor ihrer Einleitung sowie dann, wenn sich im Laufe des Verfahrens die Erfolgsaussichten verändern (BGH NJW 21, 3324 [BGH 16.09.2021 - IX ZR 165/19]). Von Bedeutung ist zudem die Verpflichtung des Rechtsanwalts, sicherzustellen, dass seinem Mandanten keine Rechtsnachteile durch eine Verjährung des Anspruchs entstehen können – er muss daher den Beginn und die Länge der Verjährungsfrist prüfen (Ddorf VersR 89, 850) und für rechtzeitige Hemmung oder einen Neubeginn der Verjährung sorgen (BGH NJW 81, 2741; 92, 840; 11, 2889 [BGH 09.06.2011 - IX ZR 75/10] Rz 15 [Hinweis auf Notwendigkeit ›sofort‹ Klage zu erheben]). Begehrt der Mandant die Geltendmachung eines bereits verjährten Anspruchs, so ist der Rechtsanwalt verpflichtet, ihm von der Rechtsverfolgung abzuraten (Celle MDR 06, 479 [OLG Celle 09.11.2005 - 3 U 83/05]). Es gilt – wie für die gesamte Mandatsbetreuung – das Gebot des sichersten Weges (BGH NJW 81, 2741, 2742; 88, 487, 566 [BGH 05.11.1987 - IX ZR 86/86]; 11, 2649 [BGH 10.03.2011 - IX ZR 82/10] Rz 11), wenn der Rechtsanwalt Zweifel hinsichtlich des Endes der Verjährungsfrist hat (BGH NJW 81, 2741 [BGH 23.06.1981 - VI ZR 42/80]); die Rspr geht so weit, dass sie die Haftung des Erstanwalts nicht entfallen lässt, obwohl auch der erst später tätig gewordene Rechtsanwalt die Verjährung noch hätte verhindern können (BGH NJW-RR 05, 1146 [BGH 07.04.2005 - IX ZR 132/01]). Der Rechtsanwalt ist zur Kenntnis aller einschlägigen, auch aus neuester Zeit stammenden Gesetze, verpflichtet (BGH NJW 71, 1704; 82, 96, 97 [BGH 24.09.1981 - IX ZR 93/80]). Zudem muss er sich über den Stand der höchstrichterlichen Rspr durch die fortlaufende Lektüre von Fachzeitschriften informieren (BGH NJW 52, 425; 01, 675 [BGH 21.09.2000 - IX ZR 127/99]). Bei mangelnder eigener Sachkenntnis muss er die Einholung eines gerichtlichen SV-Gutachtens anregen oder ggf selbst ein Privatgutachten einholen (BGH NJW 13, 2965 [BGH 13.06.2013 - IX ZR 155/11] [psychischer Unfallfolgeschaden]). Im Interesse des Mandanten soll der Rechtsanwalt sich an den Ergebnissen der höchstrichterlichen Rspr orientieren (BGH NJW 93, 3323, 3324 [BGH 30.09.1993 - IX ZR 211/92]). Er ist verpflichtet, Weisungen des Mandanten zu befolgen (Köln NJW-RR 94, 955, 956), vgl §§ 675 I, 665. Schadet die Weisung, muss er den Mandanten darauf hinweisen. Ist die Weisung rechtswidrig, muss er das Mandat notfalls niederlegen (BGH NJW 18, 541 [BGH 09.11.2017 - IX ZR 270/16] Rz 11, 29). Wird ein Prozess eingeleitet, so hat der Rechtsanwalt alle für einen Prozesserfolg notwendigen Maßnahmen zu treffen, etwa die notwendigen Beweisanträge zu stellen und Beweise im Interesse seines Mandanten zu sichern (BGH NJW 93, 2676 [BGH 08.07.1993 - IX ZR 242/92]), das Gericht auf Fehler hinzuweisen (BGH NJW 10, 73 [BGH 17.09.2009 - IX ZR 74/08]) und Anregungen des Gerichts kritisch zu prüfen (BGH NJW 13, 2036 [BGH 08.05.2013 - XII ZB 396/12]). Hierzu gehört auch die Sicherstellung der Fristenkontrolle, an deren Organisation sowohl für die internen Zuständigkeiten (BGH NJW 07, 1453 [BGH 17.01.2007 - XII ZB 166/05] Rz 12 f) als auch für Mechanismen zur Fehlervermeidung (BGH NJW 07, 2778 [BGH 18.07.2007 - XII ZB 32/07] Rz 6 ff) hohe Anforderungen zu stellen sind. Zu der Sorgfaltspflicht bei plötzlicher Erkrankung des Anwalts s BGH NJW 13, 3183. Geht es um die Annahme eines Vergleichsvorschlags, so hat der Rechtsanwalt sorgfältig über das Für und Wider zu beraten (BGH NJW 09, 1589 [BGH 15.01.2009 - IX ZR 166/07] [auch...

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