Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzureichende Aufklärung über Vergleichsabschluss durch Rechtsanwalt. Anwaltliche Pflichten bei Zustandekommen eines gerichtlichen Vergleichs. Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts. Rentenschaden. Steuerschaden

 

Leitsatz (amtlich)

a) Die Pflicht eines Rechtsanwalts, seinen Mandanten über den Inhalt eines möglichen Vergleichs aufzuklären, dient auch dem Schutz der ohne den Vergleich bestehenden Rechtsposition des Mandanten.

b) Schließt der Mandant einen Vergleich, weil ihn sein Rechtsanwalt über dessen Inhalt unzureichend aufgeklärt hat, so kann sein Anspruch auf Schadensersatz nicht unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der verletzten Pflicht auf die Differenz zu der Vermögenslage beschränkt werden, die er - nicht aber die Gegenpartei - als Inhalt des Vergleichs akzeptiert hätte.

 

Normenkette

BGB § 675 Abs. 1, § 280 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OLG Stuttgart (Urteil vom 04.09.2007; Aktenzeichen 12 U 179/06)

LG Heilbronn (Entscheidung vom 25.09.2005; Aktenzeichen 5 O 462/05 Mü-K)

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats des OLG Stuttgart vom 4.9.2007, berichtigt durch Beschluss vom 26.9.2007, im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die auf eine Verletzung anwaltlicher Pflichten bei dem Zustandekommen des gerichtlichen Vergleichs vom 6.5.2002 gestützte Widerklage für die Zeit ab dem 1.1.2003 abgewiesen wurde.

In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

[1] Der am 22.9.1941 geborene Beklagte war ab dem 1.10.1995 beim M. (im Folgenden: Arbeitgeber) als Chefingenieur beschäftigt. Der Arbeitgeber kündigte den Arbeitsvertrag zum 30.4.1996. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage des Beklagten, der vom Kläger anwaltlich vertreten wurde, hatte Erfolg. Gegen zwei weitere zwischenzeitlich vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigungen ließ der Beklagte ebenfalls durch den Kläger Klage erheben. In einem anderen arbeitsgerichtlichen Verfahren machte der Kläger im Auftrag des Beklagten die seit dem 1.1.1999 vom Arbeitgeber einbehaltene Vergütung geltend. In diesem Verfahren schloss der Kläger für den Beklagten am 6.5.2002 - auch zur Erledigung des (zweiten) Kündigungsschutzprozesses - einen bis zum 27.5.2002 widerruflichen Vergleich. Dieser hatte zum Inhalt, dass das Arbeitsverhältnis bis zum 31.12.2000 auf der Grundlage der vertragsgemäßen Bezüge abgerechnet, in den Jahren 2001 und 2002 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit Vergütung nach dem Altersteilzeitgesetz geführt und zum 31.12.2002 beendet wurde. Der Vergleich wurde nicht widerrufen. In der Folgezeit stellte sich heraus, dass der Vergleich in zwei Punkten nicht den Vorstellungen des Beklagten entsprach. Zum einen war der Arbeitgeber entgegen der Annahme des Beklagten nach dem Vergleich nicht verpflichtet, die Vergütung für die Altersteilzeit entsprechend einem Tarifvertrag vom 27.4.2001 aufzustocken. Zum zweiten musste es der Beklagte hinnehmen, dass ihm der Arbeitgeber auf der Grundlage eines bei ihm geltenden Versorgungstarifvertrags ab dem 1.1.2003 nur eine wegen vorzeitiger Inanspruchnahme um monatlich 321,34 EUR gekürzte Altersrente bezahlte.

[2] Da der Beklagte verschiedene Rechnungen des Klägers nicht beglich, verklagte ihn der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit auf Zahlung von 7.351,97 EUR zzgl. Zinsen. Der Beklagte hat Widerklage erhoben und Schadensersatz i.H.v. 163.273,43 EUR nebst Zinsen verlangt, insb. mit der Behauptung, der Kläger habe die ihm als Rechtsanwalt im Zusammenhang mit dem Abschluss des Vergleichs vom 6.5.2002 obliegenden Pflichten verletzt. Er verlangt so gestellt zu werden, als wäre der Vergleich nicht geschlossen und das Arbeitsverhältnis bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres fortgesetzt worden, und hat deshalb zusätzlich beantragt festzustellen, dass der Kläger den infolge des Vergleichs anfallenden Rentenschaden sowie den Steuerschaden zu ersetzen hat, der aus der Nachzahlung des Betrags von 163.273,43 EUR im Vergleich zur monatlichen Zahlung von Arbeitsentgelt für den Zeitraum vom 1.1.2001 bis einschließlich 30.9.2006 erwächst. Die Widerklage hatte beim LG keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat den Kläger auf die Widerklage verurteilt, an den Beklagten 14.460,30 EUR zzgl. Zinsen zu zahlen. Den Feststellungsanträgen hat es stattgegeben mit der Einschränkung, dass ein Rentenschaden von maximal 321,34 EUR monatlich zu ersetzen sei und dass sich der Steuerschaden nach dem Vergleich der Steuerbelastung aufgrund der Nachzahlung von 14.460,30 EUR und derjenigen bei monatlicher Zahlung von 321,34 EUR von Januar 2003 bis September 2006 bemesse. Schadensersatzansprüche betreffend die Jahre 2001 und 2002 hat es als verjährt abgewiesen. Die Revision hat das Berufungsgericht nur insoweit zugelassen, als die auf eine Verletzung anwaltlicher Pflichten bei dem Zustandekommen des gerichtlichen Vergleichs vom 6.5.2002 gestützte Widerklage für die Zeit ab dem 1.1.2003 abgewiesen wurde. Gegen die Abweisung der Widerklage in diesem Umfang richtet sich die Revision des Beklagten.

 

Entscheidungsgründe

I.

[3] Die Beschränkung der Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht ist wirksam. Die Zulassung ist innerhalb der Widerklage auf einen klar abgegrenzten Teilzeitraum eines einheitlichen prozessualen Anspruchs beschränkt. Allein für diesen Teil des Streitgegenstands ist die Rechtsfrage von Bedeutung, ob die Höhe des Schadens normativ zu begrenzen ist. Die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen des von der Revisionszulassung betroffenen und des übrigen Teils besteht nicht (vgl. , , 1402; v. 25.10.2006 - XII ZR 141/04, NJW 2007, 144; Wenzel in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 543 Rz. 36 ff.).

II.

[4] Die Revision hat Erfolg. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

[5] Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Kläger sei zum Schadensersatz verpflichtet, weil er nicht erkannt habe, welche Ziele der Beklagte mit dem Vergleich angestrebt habe, und ihn dementsprechend nicht mit der gebotenen Deutlichkeit darüber belehrt habe, dass der Vergleich in den Punkten "Aufstockung der Altersteilzeitvergütung gemäß dem Tarifvertrag Altersteilzeit" und "Kürzung der Altersversorgung wegen vorzeitiger Inanspruchnahme gemäß dem Versorgungstarifvertrag" hinter den Vorstellungen des Beklagten zurückgeblieben sei. Bei pflichtgemäßer Aufklärung durch den Kläger hätte der Beklagte den Kläger angewiesen, den Vergleich zu widerrufen. In den dann streitig fortzuführenden Verfahren hätte der Beklagte obsiegt und wäre bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres von seinem Arbeitgeber weiterbeschäftigt worden. Bei einer reinen Kausalitätsbetrachtung bestehe der Schaden des Beklagten in der Differenz zwischen der Vermögenslage, die durch den Vergleich geschaffen worden sei, und der hypothetischen Vermögenslage, die bestanden hätte, wenn der Beklagte bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres weiterbeschäftigt worden wäre. Dann ergebe sich im Wesentlichen ein Schaden, wie er mit der Widerklage geltend gemacht werde. Im Hinblick auf den Schutzzweck der verletzten anwaltlichen Belehrungs- und Aufklärungspflicht sei jedoch eine normative Korrektur der Kausalitätsbetrachtung geboten, die zu einer Begrenzung des ersatzfähigen Schadens führe. Der Beklagte könne im Wege des Schadensersatzes nicht mehr erhalten als das, was er als Vergleichsinhalt nach einer umfassenden und pflichtgemäßen anwaltlichen Beratung akzeptiert hätte. Akzeptiert hätte er den Vergleich, wenn dieser zusätzlich zu seiner konkreten Ausgestaltung Regelungen enthalten hätte, die ihm die Aufstockung der Altersteilzeitvergütung gesichert und die Kürzung der Altersversorgung verhindert hätten. Durch die Vermögenslage, die sich dann ergeben hätte, werde sein Schadensersatzanspruch "gedeckelt". Darauf, dass der Arbeitgeber einem solchen Vergleich nicht zugestimmt hätte, komme es nicht an.

III.

[6] Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

[7] 1. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, der mit der Widerklage geltend gemachte Schaden sei eine äquivalent und adäquat kausale Folge der Pflichtverletzungen des Klägers. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wäre kein Vergleich zustande gekommen, wenn der Beklagte vom Kläger pflichtgemäß über den genauen Inhalt des vereinbarten Vergleichs aufgeklärt worden wäre. Den vereinbarten Vergleich hätte der Beklagte widerrufen lassen. Einem Vergleich mit dem Inhalt, den der Beklagte akzeptiert hätte, hätte sein Arbeitgeber nicht zugestimmt. Sowohl der Prozess über die einbehaltene Vergütung als auch der (zweite) Kündigungsschutzprozess wären daher streitig fortgeführt worden. Der Beklagte hätte im Kündigungsschutzprozess obsiegt, so dass sein Arbeitsverhältnis bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres fortgedauert hätte. Er hätte bis zu diesem Zeitpunkt die im Arbeitsvertrag vereinbarte Vergütung erhalten, und die mit dem Abschluss des Vergleichs verbundenen nachteiligen Auswirkungen auf seine Rente und die Lohnsteuer wären ausgeblieben.

[8] 2. Der ersatzfähige Schaden des Beklagten wird jedoch nicht durch die Vermögenslage begrenzt, die sich für ihn ergeben hätte, wenn der Inhalt des Vergleichs seinen Vorstellungen entsprochen hätte. Der Schutzzweck der verletzten Pflicht rechtfertigt eine solche Begrenzung nicht. Denn die Pflicht eines Rechtsanwalts, seinen Mandanten über den Inhalt eines möglichen Vergleichs aufzuklären, soll nicht nur sicherstellen, dass der Vergleich den Vorstellungen des Mandanten entspricht, sondern dient auch dem Schutz der ohne den Vergleich bestehenden Rechtsposition des Mandanten.

[9] a) In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass die Kriterien der äquivalenten und adäquaten Verursachung nicht in allen Fällen zu einer sachgerechten Eingrenzung der Haftung für schadensursächliches Verhalten führen. Dem Schädiger wird ein Schaden deshalb nur dann zugerechnet, wenn dieser sich innerhalb des Schutzzwecks der verletzten Norm verwirklicht. Diese Wertung gilt auch im Vertragsrecht. Die Haftung des Schädigers ist dort durch den Schutzzweck der verletzten vertraglichen Pflicht beschränkt. Dies gilt auch für den Anwaltsvertrag. Auch hier sind nur solche Nachteile zu ersetzen, zu deren Abwendung die verletzte Vertragspflicht übernommen worden ist (BGH, Urt. v. 17.6.1993 - IX ZR 206/92, NJW 1993, 2797 [2799]; v. 20.10.1994 - IX ZR 116/93, NJW 1995, 449 [451]; v. 26.6.1997 - IX ZR 233/96, NJW 1997, 2946 [2947]; v. 6.6.2002 - III ZR 206/01, NJW 2002, 2459 [2460]; v. 13.2.2003 - IX ZR 62/02, NJW-RR 2003, 1035 f.; Fischer in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung 2. Aufl. Rz. 1032 f.).

[10] b) Ein Rechtsanwalt ist innerhalb der Grenzen des ihm erteilten Mandats verpflichtet, seinen Auftraggeber umfassend und erschöpfend zu belehren, um ihm eine eigenverantwortliche, sachgerechte Entscheidung darüber zu ermöglichen, wie er seine Interessen in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht zur Geltung bringen will (BGHZ 171, 261, 263 f, Rz. 9 f.; BGH, Urt. v. 13.3.2008 - IX ZR 136/07, WM 2008, 1560, 1561, Rz. 14 f, jeweils mit weiteren Nachweisen; Zugehör in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung 2. Aufl. Rz. 483). Dies gilt in besonderer Weise, wenn ein Rechtsstreit durch einen Vergleich beendet werden soll. Eigenverantwortlich kann der Mandant diese Entscheidung nur treffen, wenn ihm die Chancen und Risiken der Prozessführung verdeutlicht werden, also die Aussichten, den Prozess zu gewinnen oder zu verlieren. Sodann muss der Mandant über Inhalt und Tragweite des beabsichtigten Vergleichs informiert werden (BGH, Urt. v. 7.12.1995 - IX ZR 238/94, NJW-RR 1996, 567; v. 8.11.2001 - IX ZR 64/01, NJW 2002, 292). Eine Aufklärung in der zweiten Richtung ist insb. dann erforderlich, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Mandant erwartet, durch einen Vergleich bestimmte Rechtspositionen gewahrt zu wissen, und der Anwalt beabsichtigt, den Vergleich mit einem abweichenden Inhalt abzuschließen (BGH, Urt. v. 14.1.1993 - IX ZR 76/92, NJW 1993, 1325).

[11] c) Eine Beschränkung des ersatzfähigen Schadens auf den Umfang des Erfolgs, den der Mandant im Vergleichswege erzielen wollte, kann danach in Betracht kommen, wenn der Mandant, weil er das von seinem Anwalt zutreffend dargestellte Prozessrisiko scheut, einen Vergleich schließen möchte und hierbei aufgrund einer unzureichenden Belehrung über dessen Inhalt rechtliche oder tatsächliche Positionen aufgibt, über die der Prozessgegner noch verhandlungsbereit war. In einem solchen Fall ist es Aufgabe des Anwalts, die Ziele seines Mandanten zu ermitteln und sie ggü. dem gesprächsbereiten Gegner durchzusetzen. Dem Mandanten kann nicht deshalb, weil durch Verschulden seines Rechtsanwalts im Vergleichswege nicht noch mehr Zugeständnisse des Prozessgegners erzielt worden sind, als Schadensersatz dasjenige zugesprochen werden, was er durch ein voll obsiegendes Urteil erhalten hätte.

[12] d) Um einen solchen Fall handelt es sich hier jedoch nicht. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hätten Nachverhandlungen zu keiner Einigung geführt, weil der Arbeitgeber auf die zusätzlichen Wünsche des Beklagten nicht eingegangen wäre. Die Pflicht des Klägers wäre es unter diesen Umständen gewesen, dem Beklagten - nach der Verdeutlichung der Prozessaussichten, der Ermittlung seiner in einem Vergleich als Mindestinhalt zu wahrenden Interessen, der Information über den davon abweichenden Inhalt des widerruflich geschlossenen Vergleichs und über die Aussichtslosigkeit von Nachverhandlungen - klar zu machen, dass er nur die Alternativen hatte, entweder den Vergleich wirksam werden zu lassen oder ihn zu widerrufen und die Prozesse fortzuführen. Der Beklagte musste sich zwischen der durch den Vergleich herbeigeführten und der bei einer Fortführung des Prozesses bestehenden Vermögenslage entscheiden. Die Pflicht des Klägers, es dem Beklagten durch eine umfassende Beratung zu ermöglichen, diese Entscheidung eigenverantwortlich und sachgerecht zu treffen, hatte somit auch den Zweck, den Beklagten davor zu bewahren, aufgrund einer Fehlvorstellung über den Inhalt des Vergleichs auf die Fortführung der Prozesse und die damit zu wahrende Rechtsposition zu verzichten.

[13] e) Das Urteil des BGH vom 10.7.2003 (BGHZ 155, 354; vgl. auch LG Karlsruhe VersR 1996, 607 [608]) steht dieser Beurteilung nicht entgegen. In dieser Entscheidung wurde einer Arbeitnehmerin, die ihre Berufstätigkeit im Vertrauen auf die Richtigkeit einer Rentenauskunft des Rentenversicherungsträgers vorzeitig aufgegeben hatte, nur die Differenz zwischen der tatsächlich bezogenen Rente und der sich aus der - unrichtigen - Auskunft ergebenden Rente als Schadensersatz zugesprochen, obwohl feststand, dass sie ihre Berufstätigkeit bei richtiger Auskunft fortgesetzt hätte (a.a.O. S. 361 f.). Anders als ein Rechtsanwalt vor dem Abschluss eines Vergleichs war der Rentenversicherungsträger nicht zur umfassenden, auf alle rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte der anstehenden Entscheidung bezogenen Aufklärung und Beratung verpflichtet, sondern nur zur Auskunft über einen Einzelpunkt. Zweck der Auskunft war es ausschließlich, der Arbeitnehmerin Kenntnis von der Höhe der bei vorzeitiger Aufgabe ihrer Berufstätigkeit zu erwartenden Rente zu vermitteln. In einem solchen Fall kann es gerechtfertigt sein, den zu erstattenden Schaden auf die Differenz zu dem Betrag zu beschränken, auf den der Betroffene nach der erteilten Auskunft vertrauen durfte.

[14] f) Ähnlich wird in der Rechtsprechung bei Beratungs- und Aufklärungsmängeln im Zusammenhang mit Kapitalanlagen unterschieden. Wer dem Anlageinteressenten eine umfassende Beratung oder Aufklärung über alle in Betracht kommenden Gesichtspunkte schuldet, haftet grundsätzlich für alle mit einer nachteiligen Anlageentscheidung verbundenen Schäden, auch wenn er seine Pflicht nur hinsichtlich eines Einzelpunkts verletzt hat. Wer dagegen einem Anlageinteressenten Beratung oder Aufklärung nur hinsichtlich eines bestimmten für das Vorhaben bedeutsamen Einzelpunkts schuldet, braucht nur für diejenigen Risiken einzustehen, für deren Einschätzung die erbetene Auskunft maßgeblich war (BGHZ 116, 209, 212 f mit weiteren Nachweisen; 146, 235, 239 f.; BGH, Urt. v. 20.11.1997 - IX ZR 286/96, WM 1998, 142 [143]; v. 13.2.2003 - IX ZR 62/02, a.a.O., S. 1036).

[15] 3. Das Urteil des Berufungsgerichts ist daher im angefochtenen Umfang aufzuheben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine eigene Sachentscheidung kann der Senat nicht treffen, da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Auf der Grundlage des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts kann der dem Beklagten entstandene Schaden noch nicht exakt beziffert werden. Zum einen steht die genaue Höhe einer Betriebsrente nicht fest, die der Beklagte seit dem 1.1.2003 erhielt und die seinen Schaden mindert, zum anderen fehlen ausreichende Feststellungen zu den vom Beklagten ersparten berufsbedingten Aufwendungen, die unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles nicht durch einen nur die gewöhnlichen Aufwendungen berücksichtigenden prozentualen Abschlag erfasst werden können.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2124022

NJW 2009, 1589

NWB 2009, 680

BGHR 2009, 501

EBE/BGH 2009, 75

FamRZ 2009, 683

FA 2009, 114

IBR 2009, 242

JurBüro 2009, 389

StuB 2009, 405

StuB 2009, 446

WM 2009, 571

ZAP 2009, 499

MDR 2009, 596

VersR 2009, 1499

ZfS 2010, 16

GuT 2009, 216

BRAK-Mitt. 2009, 121

Mitt. 2009, 142

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