Leitsatz (amtlich)

1. Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, seinen Mandanten, der die gerichtliche Geltendmachung eines verjährten Anspruchs begehrt, von der Rechtsverfolgung abzuhalten.

2. An einem Verschulden des Anwalts fehlt es auch nicht deshalb, weil ein Kollegialgericht seiner Auffassung (hier: durch Anordnung einer Beweisaufnahme) zunächst und zu Unrecht folgt.

 

Normenkette

BGB §§ 280, 611, 675

 

Verfahrensgang

LG Stade (Urteil vom 10.03.2005; Aktenzeichen 4 O 333/04)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 10.3.2005 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des LG Stade wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, die die jeweils zu vollstreckende Forderung von 10 % übersteigt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den beklagten Rechtsanwalt auf Schadensersatz in Form von Zahlung und Freistellung i.H.v. insgesamt 24.343,01 EUR wegen Schlechterfüllung eines zwischen den Parteien geschlossenen anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrages in Anspruch. Sie wirft dem Beklagten vor, durch die gerichtliche Geltendmachung verjährter Ansprüche vermeidbare Prozesskosten verursacht zu haben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das LG hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt und ausgeführt, der Beklagte habe seine anwaltlichen Pflichten verletzt, da er erst zu einem Zeitpunkt, zu dem die Ansprüche der Klägerin ggü. dem Subunternehmer S. bereits verjährt waren, Klage erhoben habe. Der Umstand, dass das OLG Brandenburg Beweis zu der Frage erhoben habe, ob der Subunternehmer S. seine Schadensersatzverpflichtung ggü. der Klägerin anerkannt und ihr ggü. auf die Einrede der Verjährung verzichtet habe, entlaste den Beklagten nicht, da er die Klägerin zuvor auf das Risiko eines negativen Ausgangs der Beweisaufnahme und damit den - schließlich eingetretenen - Misserfolg im Prozess hätte hinweisen müssen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, der geltend macht, die im Verfahren vor dem LG Neuruppin durch die Klägerin ggü. dem Subunternehmer geltend gemachten Ansprüche seien nicht verjährt gewesen, da es sich um versteckte Mängel gehandelt habe, auf die die Vorschrift des § 13 Nr. 7 VOB keine Anwendung hätte finden dürfen. Im Übrigen, so der Beklagte, habe er die Klägerin auf die Geltung der VOB und eine mögliche Verjährung ihrer Ansprüche hingewiesen. Dafür, dass sich deren Sachvortrag zur Verjährungsunterbrechung durch mündliches Anerkenntnis nicht bestätigt habe, habe er als Anwalt nicht einzustehen. Bereits die Durchführung der Beweisaufnahme zeige, dass sein Vortrag erheblich gewesen sei. Hilfsweise macht er geltend, er sei von der Klägerin erst am 26.2.1998 mit der Mandatswahrnehmung betraut worden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Verjährung der klägerischen Ansprüche bereits eingetreten gewesen.

Der Beklagte beantragt, das Urteil erster Instanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

II. Die Berufung des Beklagten ist zulässig, hat jedoch i.E. keinen Erfolg. Der Beklagte schuldet der Klägerin Schadensersatz im geltend gemachten Umfang wegen Schlechterfüllung des zwischen den Parteien geschlossenen anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrages, pVV i.V.m. § 675 BGB.

1. Der Beklagte hat die ihm aus dem Mandatsverhältnis mit dem Kläger obliegenden Pflichten dadurch verletzt, dass er ggü. dem Subunternehmer S. Ansprüche klagweise zu einem Zeitpunkt geltend gemacht hat, zu dem diese bereits verjährt waren. Nachdem aufgrund der Mängelanzeige der Bauherren, die die Klägerin ihrerseits dem Subunternehmer S. im Februar 1996 mitgeteilt hatte, die Verjährung zu laufen begann, ist diese ggü. dem Subunternehmer gem. § 13 Nr. 7 VOB nach zwei Jahren, mithin im Februar 1998 abgelaufen. Die im Berufungsrechtzug ohne jegliche nähere Darstellung vertretene Auffassung, es habe sich bei den angezeigten Mängeln - Kellerfeuchtigkeit - um versteckte Mängel gehandelt, weshalb die zweijährige Verjährungsfrist nicht eingreife, trifft nicht zu. Das Gegenteil ist - wenn auch nicht rechtskräftig mit bindender Wirkung für das hier vorliegende Verfahren - im Vorprozess zwischen der Klägerin und dem Subunternehmer S. zutreffend festgestellt. Das gegenteilige Vorbringen des Beklagten ist ohne jede Substanz und zudem im Berufungsrechtszug nach §§ 529, 531 ZPO als verspätet zurückzuweisen.

2. Es kann dahinstehen, ob - wie der Beklagte ohne nähere Darstellung des Gesprächsverlaufs behauptet - er die Klägerin auf die Risiken, die bei der Durchführung des Klage- und auch des Berufungsverfahrens bestanden, hingewiesen hat. Ein solcher Hinweis des Bek...

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