Rn 17

Bei Verletzung vertraglicher Pflichten aufgrund einer Störung, die schon bei Vertragsschluss vorlag, trifft § 311a II 2 eine Sonderregelung für den Standard der Haftung (vgl § 311a Rn 16), welcher in seinem Anwendungsbereich den Standardwert des Vertretenmüssens verdrängt. Richtigerweise erfasst § 311a II über die Fälle des § 275 I–III hinaus im Wege einer teleologischen Extension jegliche anfängliche Pflichtverletzung (Schlechtriem/Schmidt-Kessel Schuldrecht AT Rz 577; der Sache nach argumentieren zahlreiche Entscheidungen idS, etwa BGH NJW 11, 2120 [BGH 10.02.2011 - VII ZR 53/10] Rz 16). Bei nicht zu vertretender Unkenntnis ist eine Haftung für spätere Sorgfaltsverstöße nicht ausgeschlossen (vgl S. Lorenz NJW 02, 2497, 2500 ff). § 276 I gilt auch für die Konkretisierung von § 311a II 2 (Karlsr NJW 05, 989, 990 [OLG Karlsruhe 14.09.2004 - 8 U 97/04]; zu den Standards der gebotenen Vergewisserung s Rn 11): Die Verletzung der vorvertraglichen Pflicht, sich über die eigene Leistungsmöglichkeit zu vergewissern, kann deshalb durchaus auch ohne Verschulden zu vertreten sein, etwa wenn der Schuldner insoweit eine Garantie oder ein Beschaffungsrisiko übernommen hat (Zimmer NJW 02, 1, 3; in concreto verneint durch Karlsr NJW 05, 989, 990). Andererseits müssen auch Haftungsmilderungen, die für den jeweiligen Vertrag und die Verantwortung des Schuldners für sein Leistungsvermögen gelten, auf die vorvertragliche Verantwortung, sich über dieses Leistungsvermögen zu vergewissern, durchschlagen. Nimmt der Schenker leicht fahrlässig an, er sei Miteigentümer eines Nachlassgegenstandes, den er deshalb verschenken könne, dann sollte er nur für grob fahrlässige Unkenntnis oder Kenntnis haften – es sei denn, er hat wirklich eine Garantie übernommen (anders zum alten Recht BGHZ 144, 118; dagegen Löwisch JZ 01, 355).

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