Gesetzestext

 

(1) Nimmt der wahlberechtigte Schuldner die Wahl nicht vor dem Beginn der Zwangsvollstreckung vor, so kann der Gläubiger die Zwangsvollstreckung nach seiner Wahl auf die eine oder auf die andere Leistung richten; der Schuldner kann sich jedoch, solange nicht der Gläubiger die gewählte Leistung ganz oder zum Teil empfangen hat, durch eine der übrigen Leistungen von seiner Verbindlichkeit befreien.

(2) 1Ist der wahlberechtigte Gläubiger im Verzug, so kann der Schuldner ihn unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Vornahme der Wahl auffordern. 2Mit dem Ablauf der Frist geht das Wahlrecht auf den Schuldner über, wenn nicht der Gläubiger rechtzeitig die Wahl vornimmt.

A. Normzweck.

 

Rn 1

§ 264 regelt den Fall, dass der Schuldner (§ 264 I) oder der Gläubiger (§ 264 II) das ihm zustehende Wahlrecht nicht ausübt. Da mangels spezieller Vereinbarung (Soergel/Forster § 264 Rz 1) keine Pflicht zur Wahl besteht, kann auf die Ausübung des Wahlrechts nicht geklagt werden. Der Verzug des Wahlberechtigten wird unterschiedlich geregelt, je nachdem, ob das Wahlrecht dem Schuldner oder dem Gläubiger zusteht.

B. Wahlrecht des Schuldners.

 

Rn 2

Der Verzug des Schuldners mit der Ausübung des Wahlrechts ist vom Leistungsverzug zu trennen. Es bleibt bis zur Erfüllung beim Schuldner, auch dann, wenn der Gläubiger ihn ergebnislos zur Wahl auffordert oder in Leistungsverzug setzt, und geht anders als nach § 264 II nicht auf den Gläubiger über (MüKoBGB/Krüger § 264 Rz 2). Der Gläubiger kann den Schuldner nur alternativ auf Bewirkung der einen oder anderen Leistung klagen und nach Erlass eines entspr Urteils die Zwangsvollstreckung auf eine bestimmte Leistung bewirken (Staud/Bittner/Kolbe § 264 Rz 6). Bis zu diesem Zeitpunkt besteht das Wahlrecht des Schuldners unverändert fort, kann also durch Erklärung ausgeübt werden (§ 263). Trotz Beginns der auf eine bestimmte Leistung bezogenen Zwangsvollstreckung bleibt das Wahlrecht beim Schuldner, doch kann es nun nicht mehr durch Erklärung, sondern nur mehr durch Vornahme der Leistung ausgeübt werden (RGZ 53, 82; Staud/Bittner/Kolbe § 264 Rz 7). Das Wahlrecht des Schuldners endet, wenn der Gläubiger die Leistung ganz oder teilw empfängt. Dem steht der Empfang der Leistung durch den Gerichtsvollzieher gleich (BGH NJW 95, 3190; Kobl ZMR 11, 124; Soergel/Forster § 264 Rz 6).

C. Wahlrecht des Gläubigers.

 

Rn 3

Voraussetzung für den Verzug des Gläubigers mit der Ausübung des Wahlrechts ist mangels anderer Vereinbarung, dass ihn der Schuldner nach den §§ 293 ff in Annahmeverzug gesetzt hat (MüKoBGB/Krüger § 264 Rz 10), also die zur Wahl stehenden Leistungen wörtlich (§ 295) anbietet. Nimmt der Gläubiger die Wahl nicht vor, kann ihm der Schuldner eine angemessene Frist zur Vornahme der Wahl setzen, die auch mit dem wörtlichen Angebot der Leistungen verbunden werden kann. Es gelten die zu § 326 aF entwickelten Grundsätze (MüKoBGB/Krüger § 264 Rz 11), dh, das Setzen einer zu kurzen Frist setzt eine angemessene Frist in Gang (Soergel/Forster § 264 Rz 9; MüKoBGB/Krüger § 264 Rz 11) und die Fristsetzung ist bei endgültiger und ernsthafter Verweigerung der Wahl oder Leistung entbehrlich (RGZ 129, 145; Grüneberg/Grüneberg § 264 Rz 3). Mit Ablauf der Frist geht das Wahlrecht auf den Schuldner über. Nimmt nun der Schuldner die Wahl nicht vor, gilt § 264 I.

 

Rn 4

§ 264 II 1 ist als ein allg Grundsatz (Grüneberg/Grüneberg § 262 Rz 5) analogiefähig (MüKoBGB/Krüger § 264 Rz 13; zur Anwendbarkeit im Werkvertragsrecht BGH NJW 03, 1526 f [BGH 27.02.2003 - VII ZR 338/01]), zB auf die Fälle der elektiven Konkurrenz (Grüneberg/Grüneberg § 264 Rz 3; vgl auch BAG DB 91, 709 für ein arbeitsrechtliches Wettbewerbsverbot). Übt allerdings der Käufer das ihm nach § 439 I zustehende Wahlrecht zwischen Ersatzlieferung und Nachbesserung nicht aus, wird die Anwendung des § 264 II wegen des Gebots der richtlinienkonformen Interpretation bezweifelt (so Schröter NJW 06, 1763 f; für eine Anwendung hingegen Heinrichs FS Derleder, 108; Büdenbender AcP 205, 417). Richtig erscheint, in der Nichtausübung einen (konkludenten) Verzicht des Käufers auf das Wahlrecht zu sehen (Jud Schadenersatz 185).

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