Rn 90

Wenn der an Körper oder Gesundheit Verletzte seine Erwerbstätigkeit fortsetzt (vielleicht in geringerem Umfang) oder eine andere Erwerbstätigkeit aufnimmt, ist der so erzielte Verdienst idR anzurechnen. Die Grenze wird durch § 254 bestimmt (vgl § 254 Rn 21 f): Anzurechnen ist nur, soweit der Erwerb dem Geschädigten zur Schadensminderung obliegt. Darüber hinausgehender Verdienst wird nicht angerechnet (BGHZ 55, 329). Diese Frage stellt sich etwa bei einer Erwerbstätigkeit der Unfallwitwe. Immaterielle Vorteile dürften nicht auf das Schmerzensgeld ›anrechenbar‹ sein, Zweibrücken OLGR 99, 153; aA Köln VersR 09, 982; Pauge VersR 07, 569 (mit dem – offenbar zweifelhaften Filmen entnommenen – Beispiel, dass sich der Verletzte in die Krankenschwester verliebt). Ausf Erm, Vorteilsanrechnung beim Schmerzensgeld, 2013.

 

Rn 91

Ein Deckungsgeschäft (etwa des nicht belieferten Käufers) begrenzt jedenfalls seinen Schaden (BGH NJW 08, 2430 [BGH 15.05.2008 - III ZR 170/07] Tz 11) und obliegt dem Geschädigten daher idR auch nach § 254 (vgl § 254 Rn 26). Doch kann das Geschäft zusätzlichen Gewinn bringen, etwa wenn die Ware zu einem günstigeren Preis beschafft werden kann. Dem ersatzpflichtigen Verkäufer wird dieser Zusatzgewinn idR nicht zugutekommen, wenn er dem Käufer nicht mühelos durch eine Änderung der Marktbedingungen zugefallen ist (Lange/Schiemann § 9 V 4). Das gilt etwa für eine Bank, die sich günstiger refinanzieren konnte. Die Verletzung von Aufklärungspflichten bei der Vermögensanlage darf nicht allemal zu einer Saldierung der daraus folgenden Schäden und Vorteile führen, vgl Köln ZIP 07, 1599 [OLG Köln 18.10.2006 - 13 U 216/05]. Hat eine schädliche Anl zugleich endgültig einen Steuervorteil gebracht, soll dieser angerechnet werden (BGHZ 172, 147 Tz 26 f; ZIP 10, 1646 ff, auch ZIP 07, 1911 Tz 14, einschränkend NJW 08, 2773 Tz 6 ff), Gleiches gilt für eine fehlerhafte steuerliche Beratung, wenn diese – auch – steuerliche Vorteile brachte (BGH VersR 22, 117).

 

Rn 92

Wer auf Kosten des Schädigers einen Mietwagen nimmt, muss sich die ersparte Abnutzung des eigenen Wagens anrechnen lassen (idR mit 10 % der Mietwagenkosten, Frankf VersR 78, 1044; ob dies auch bei Anmietung eines Wagens geringerer Kategorie gilt, ist streitig, MüKo/Oetker Rz 441 mwN). Ähnl sind dem in einem Krankhaus Untergebrachten die ersparten Kosten der häuslichen Verpflegung anzurechnen, aber nur bis zum Wert der Verpflegung im Krankenhaus (Lange/Schiemann § 49 IV 2b) und bei Arbeitsunfähigkeit die ersparten Kosten von Fahrten zur Arbeitsstelle (BGH NJW 80, 1787 f [BGH 22.01.1980 - VI ZR 198/78]).

 

Rn 93

Wenn in einer werkvertraglichen Leistungskette der Nachunternehmer (etwa wegen Verjährung) von seinem Auftraggeber nicht mehr für Werkmängel haftbar gemacht werden kann, soll er nach dem ›Rechtsgedanken der Vorteilsausgleichung‹ uU auch seinerseits nicht mehr gegen seinen Auftragnehmer vorgehen können (BGHZ 173, 83 Tz 15 ff; NJW 07, 2697 Tz 15 ff, krit Schiemann NJW 07, 3037; A. Mezger JZ 08, 498).

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