Leitsatz (amtlich)

Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung der aus einem Vermögensverwaltungsvertrag resultierenden Pflichten (hier: Verstoß gegen Anlagerichtlinien) kann nicht mit der Begründung verneint werden, es fehle an einem Schaden, da die Vermögensverwaltung nicht insgesamt zu einem negativen Ergebnis geführt habe. An einem Schaden des Anliegers fehlt es allerdings, wenn eine Saldierung der Gewinne und Verluste aus den unter Verstoß gegen die Anlagerichtlinien vorgenommenen Geschäften ein positives Ergebnis ergibt.

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 29.11.2005; Aktenzeichen 3 O 144/05)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 29.11.2005 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Köln - 3 O 144/05 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes R. S. (im Folgenden: Zedent) Schadensersatz aus einem zwischen diesem und der Beklagten abgeschlossenen Vermögensverwaltungsvertrag.

Der Zedent schloss mit der Beklagten am 20.2.1997 einen Vermögensverwaltungsvertrag (Anlage K 2, Anlagenheft). Im Rahmen der Vermögensverwaltung nahm die Beklagte u.a. die in der Tabelle auf S. 3/4 des landgerichtlichen Urteils (im Folgenden: Tabelle I.) aufgeführten An- und Verkäufe vor, die im Depot des Zedenten zu einem Verlust von insgesamt 149.833,31 DM (= 76.608,55 EUR) führten. Darüber hinaus tätigte die Beklagte für den Zedenten die in der weiteren Tabelle auf S. 4-6 des landgerichtlichen Urteils aufgeführten Geschäfte (Tabelle II.), aus denen ein weiterer Verlust von 143.513,60 DM (= 73.377,34 EUR) resultierte. Insgesamt hat die Beklagte für den Zedenten während der Laufzeit des im Jahre 2002 gekündigten Vermögensverwaltungsvertrages einen Gewinn von 225.052,15 EUR erzielt. Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin den Gesamtverlust aus den Geschäften gemäß Tabellen I. und II. (149.985,89 EUR) von der Beklagten erstattet.

Die Klägerin hat behauptet, der Erwerb der in Tabelle I. aufgeführten Aktien und Fondsanteile habe nicht der zwischen dem Zedenten und der zuständigen Mitarbeiterin der Beklagten, der Zeugin C., mündlich vereinbarten Anlagestrategie entsprochen. Der Zedent habe mehrfach den ausdrücklichen Wunsch geäußert, dass lediglich konservative Werte (Standardaktien) erworben werden sollten, so dass der Erwerb der in der Tabelle aufgeführten Werte des "Neuen Marktes" nicht den mündlich vereinbarten Anlagerichtlinien entsprochen habe.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei hinsichtlich der in der Tabelle II. aufgeführten Aktien und Fondsanteile verpflichtet gewesen, diese angesichts der eingetretenen Kursverluste rechtzeitig abzustoßen. Eine entsprechende Verpflichtung habe bei einem Absinken des Kurses um 10 % ggü. dem Einstandspreis, jedenfalls aber bei einem Kursverlust von 20 % ggü. dem Einstandspreis bestanden.

Die Beklagte hat demgegenüber behauptet, der Zedent sei durch die Zeugin C. umfassend und zutreffend beraten worden; dies gelte insbesondere auch für die Risiken und Chancen einer Beteiligung am sog. "Neuen Markt". Der Zedent habe während der gesamten Laufzeit des Verwaltungsvertrages mehrmals wöchentlich mit der für ihn zuständigen Zeugin C. gesprochen und dabei u.a. auch bezüglich eines Teils der streitgegenständlichen Geschäfte einzelne Weisungen erteilt. Er habe auch die ausdrückliche Anweisung gegeben, Anlagen am Neuen Markt und im Technologiebereich zu erwerben.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, etwaige Ansprüche des Zedenten seien gem. § 37a WpHG verjährt. Darüber hinaus habe der Zedent selbst bei unterstellten Pflichtverletzungen wegen des im Rahmen der Vermögensverwaltung insgesamt erzielten Gewinnes von 225.052,15 EUR keinen Schaden erlitten.

Das LG hat die Klage mit Urteil vom 29.11.2005, auf das wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes einschließlich der gestellten Anträge Bezug genommen wird, abgewiesen. Etwaige Ansprüche wegen des Erwerbs der in der Tabelle I. aufgeführten Werte seien gem. § 37a WpHG verjährt. Hinsichtlich der in der Tabelle II. aufgeführten Aktien und Fondsanteile sei zwar noch keine Verjährung eingetreten, insoweit scheide ein Schadensersatzanspruch aber deshalb aus, weil die Klägerin nicht substantiiert dargelegt habe, zu welchem genauen Zeitpunkt der Verkauf der entsprechenden Papiere zwingend geboten gewesen sei. Darüber hinaus sei dem Zedenten auch kein Schaden entstanden, weil die Vermögensverwaltung der Beklagten insgesamt zu einem Gewinn geführt habe.

Gegen dieses ihr am 2.12.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 27.12.2005, bei Ge...

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