Leitsatz (amtlich)

1. Die Vertragsbedingungen, die ein Anleger und eine Kapitalanlagegesellschaft vereinbaren, können nachträglich auch dann nur schriftlich geändert werden, wenn ein Spezialfonds betroffen ist, der nur für diesen einen Anleger aufgelegt worden ist.

2. Auch der Anleger, der einer Kapitalanlagegesellschaft vorwirft, sie habe einen Spezialfonds nicht ordnungsgemäß verwaltet, muss seinen Schaden in der Form berechnen, dass er den tatsächlichen Transaktionen diejenigen gegenüberstellt, die ein ordnungsgemäß handelnder Fondsmanager zur damaligen Zeit getätigt hätte.

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 06.03.2007; Aktenzeichen 3/5 O 45/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 6.3.2007 verkündete Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des LG in Frankfurt/M. abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet oder hinterlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Tatbestand, auf den der Senat Bezug nimmt (§ 540 Abs. 1 ZPO), enthält eine weitgehend zutreffende Darstellung des Sachverhalts. Ergänzend sind aus den Gründen die streitigen Behauptungen zur Vereinbarung einer Stop-Loss-Marke zu entnehmen.

Das LG hat der Klage stattgegeben und hat die Auffassung vertreten, die Klägerin könne von der Beklagten wegen der im Rahmen der Verwaltung des Spezialfonds getroffenen Investitionsentscheidungen Schadensersatz verlangen, wobei jeder Ankauf eines Papiers isoliert zu betrachten sei. Darauf, ob in den Ausschusssitzungen die Einhaltung einer Stop-Loss-Marke gefordert worden sei, komme es nicht an, da eine solche Forderung wegen der nach § 15 Abs. 1 KAGG erforderlichen schriftlichen Fixierung nicht verbindlich gewesen sei. Maßgebend sei vielmehr, dass die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt und es unterlassen habe darzulegen, dass sie ihren Verpflichtungen aus § 10 Abs. 1 KAGG zur Minimierung der Verluste nachgekommen sei. Der Auflage der Kammer, näher zu begründen, warum die Aktien auch nach Erreichen eines Verlusts von 20 % im Verhältnis zum Einstandspreis gehalten worden seien, sei die Beklagte nicht nachgekommen. Zwar seien keine Stop-Loss-Orders geboten gewesen. Bei Erreichen einer gewissen Verlustgrenze, die mit 20 % jedenfalls nicht zu niedrig angesetzt worden sei, sei es, wie der Sachverständige Professor Dr. M. ausgeführt habe, aber geboten gewesen, die jeweilige Aktienanlage kritisch zu überprüfen. Zur Frage, ob sie dieser Pflicht nachgekommen sei, habe sich die Beklagte jedoch nur in allgemeiner Form geäußert und nicht im Einzelnen dargelegt, welche konkreten Analysen damals durchgeführt bzw. herangezogen worden seien. Dass die beiden Fondsverwalter nicht mehr für die Beklagte tätig seien und ihr auch keine generelle Dokumentationspflicht obliege, führe nicht dazu, dass die Darlegungslast entfalle. Denn die Beklagte hätte, da sie bereits im Jahre 2002 vorgerichtlich in Anspruch genommen worden sei, die erforderlichen Vorkehrungen treffen können.

Die Pflichtverletzung habe auch zu dem geltend gemachten Schaden geführt. Eine Vorteilsausgleichung mit den Anleiheerträgen komme nicht in Betracht. Die Pflichtwidrigkeit entfalle auch nicht auf Grund des Umstandes, dass ein langfristiges Investment geplant gewesen sei. Fiktive Verkaufskosten könnten nicht schadensmindernd angerechnet werden, da sie später ohnehin entstanden wären.

Die Beklagte hat gegen dieses Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt, die diese wie folgt begründet:

Das Urteil des LG beruhe auf unrichtiger bzw. unvollständiger Tatsachenfeststellung, einer unzulänglichen Beweiswürdigung und weise Rechtsfehler auf. Überdies habe das LG einen gem. § 139 ZPO erforderlichen Hinweis unterlassen, da es vor Erlass des Urteils nicht begründet habe, warum es seine bisherige Meinung geändert habe (Bl. 1048).

Die Begründung des LG sei schon vom Ansatz her nicht sachgerecht. Sie müsse nämlich nicht begründen, warum Titel auch nach Kursverlusten i.H.v. 20 % gehalten worden seien. Die Einzelentscheidungen des jeweiligen Fondsverwalters seien - wie bei einem Vermögensverwaltungsvertrag - einer Überprüfung nicht zugänglich, wenn sie sich, wie hier, im Rahmen der Anlegungsgrenzen und -ziele gehalten hätten. Eine entsprechende Auffassung habe auch der Gerichtssachverständige Professor Dr. M. vertreten. Das LG habe es verabsäumt, sich in dem angefochtenen Urteil damit auseinanderzusetzen. Einem Fondsverwalter stehe ein nicht justiziabler Ermessensspielraum zu. Wegen dessen Weisungsunabhängigkeit könne ein Anlageausschuss einem Fondsverwalter nur Empfehlungen geben. Entgegen der Auffassung des LG treffe die Darlegungs- und Beweislast die Klägerin. Sie habe es verabsäumt darzulegen, auf Grund we...

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