Rn 1

Ist die Verjährungsfrist endgültig abgelaufen, steht dem Schuldner ein dauerndes Leistungsverweigerungsrecht zu. Der Anspruch selbst erlischt, von wenigen Ausnahmen abgesehen (§§ 901, 1028 2, 1090 I), gerade nicht, sondern bleibt bestehen (BGH NJW 16, 3158 [BGH 14.06.2016 - XI ZR 242/15] Rz 26) und erfüllbar (BGH NJW 20, 2270 [BGH 28.05.2020 - VII ZR 108/19] Rz 21). Nichts hindert den Gläubiger am Versuch der Durchsetzung einschl Klageerhebung. Die Erhebung der Verjährungseinrede steht im Belieben des Schuldners (BGH 24.5.16 – X ZR 28/14 Rz 14). Macht er diese nicht geltend, kann er zur Leistung verurteilt werden (§ 194 Rn 1). Folgerichtig ist eine Feststellungsklage auf Nichtbestehen eines Anspruchs wegen Eintritts der Verjährung nicht begründet, allenfalls eine solche auf Nichtdurchsetzbarkeit (BGH NJW 83, 392 [BGH 10.11.1982 - VIII ZR 156/81]). Für die Erhebung der Verjährungseinrede ist keine bestimmte Form oder Ausdrucksweise vorgegeben. Vielmehr genügt, wenn sich der Schuldner dem Sinne nach auf den Ablauf der Verjährungsfrist beruft. Dabei muss aus der Erklärung klar werden, der Schuldner wolle seine endgültige Leistungsverweigerung gerade mit dem Ablauf der Verjährungsfrist begründen; der auf Verwirkung gerichtete Sachvortrag enthält daher idR, insb im Anwaltsprozess, nicht zugleich eine Verjährungseinrede (BGH NJW-RR 09, 1043 [OLG Düsseldorf 28.04.2008 - I-1 U 239/07] Rz 28). Die Erhebung ist bedingungsfeindlich.

 

Rn 2

Aus dem rechtsgeschäftlichen Charakter als Erhebung der Einrede (§ 194 Rn 1) ergibt sich, dass es grds Sache des Schuldners (bzw seines gesetzlichen Vertreters) ist, die Verjährung in einem Verfahren – ggf erst in der Berufungsinstanz (BGH NJW 12, 2435 [BGH 10.05.2012 - IX ZR 125/10] Rz 54; 3087 Rz 7), aber nicht erst in der Revision (BGH 27.11.12 – X ZR 123/09 Rz 13) – geltend zu machen; es kann sie nicht etwa ein Verfahrenspfleger für den Betreuten erheben (BGH 5.11.14 – XII ZB 186/13 Rz 13; 30.4.14 – XII ZB 704/13 Rz 12); für den Streithelfer eröffnen §§ 66, 67 ZPO die Möglichkeit (BGH NJW 12, 3509 [BGH 22.08.2012 - XII ZB 474/11] Rz 15). Zu berücksichtigen ist die Einrede auch, wenn der Gläubiger selbst vorträgt, der Beklagte habe sie erhoben (Ddorf NJW 91, 2089, 2091 [OLG Düsseldorf 05.02.1991 - 24 U 121/90]; vgl § 138 III ZPO), nicht aber vAw. Auch erlaubt nicht die materielle Prozessleitung, insb 139 ZPO, es dem Gericht, einen Hinweis auf die Einrede zu erteilen (BGH NJW 04, 164 [BGH 02.10.2003 - V ZB 22/03]; Hamm MDR 13, 1121 [OLG München 22.04.2013 - 34 AR 135/13]: je zu § 42 II ZPO; aA Grüneberg/Ellenberger Rz 2), wenn es hierfür im Sachvortrag der Parteien nicht zumindest andeutungsweise bereits eine Grundlage gibt, da die Einrede eben nicht nur prozessuale Fragen betrifft (§ 194 Rn 1). Etwas anderes gilt, wenn mit dem Hinweis auf einen anderen bestimmten rechtlichen Gesichtspunkt zwangsläufig eine Erörterung der Verjährungsfrage verbunden ist (BGH NJW 98, 612 [BGH 12.11.1997 - IV ZR 214/96]).

Die erstmalige Erhebung der Einrede im Prozess stellt ein erledigendes Ereignis selbst dann dar, wenn der geltend gemachte Anspruch vor Rechtshängigkeit verjährt ist (BGH NJW 10, 2422 [BGH 27.01.2010 - VIII ZR 58/09] Rz 26). Zum Verzicht auf die Einrede der Verjährung s § 202 Rn 4, zur Verwirkung und unzulässiger Rechtsausübung § 194 Rn 10 f. Die Erhebung der Einrede kann nach § 296 ZPO präkludiert sein, jedoch nicht, wenn sie und die den Verjährungseintritt begründenden tatsächlichen Umstände unstreitig sind (BGH NJW 08, 3434 [BGH 23.06.2008 - GSZ 1/08] Rz 11). Ein Teilurteil ist ausgeschlossen, wenn die Einrede der Verjährung dem Anspruch insgesamt entgegenstehen kann (BGH NJW 97, 3447, 3448 [BGH 13.05.1997 - VI ZR 181/96]).

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