Rn 42

Ansprüche oder Verpflichtungen aus Schuldverhältnissen des Erblassers sind grds vererblich und gehen auf den Nachlass über. Zu nennen sind neben den Haupt- und Nebenpflichten auch die vorvertraglichen Pflichten (Oldbg VersR 98, 220), sowie Anwartschaftsrechte und Rechtsbeziehungen, die noch im Werden begriffen sind (BGH NJW 91, 2558 [BGH 07.06.1991 - V ZR 214/89]). Vererblich sind auch Gestaltungsrechte, wie der Rücktritt, das Recht auf Nacherfüllung, das Anfechtungs- und Kündigungsrecht (BGH NJW 51, 308), das Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen, das Recht zur Annahme eines Vertragsangebots. Schadensersatzansprüche, gleich aus welchem Rechtsgrund, sind ebenso vererblich wie Schmerzensgeldansprüche nach § 253 II unabhängig davon, ob sie anerkannt oder rechtshängig sind oder ob sie der Erblasser geltend machen wollte (BGH NJW 95, 783 [BGH 06.12.1994 - VI ZR 80/94]; zur Bemessung bei alsbaldigem Versterben vgl Bremen NJW-RR 12, 858 [OLG Bremen 16.03.2012 - 3 U 6/12]). Die Beteiligten können jedoch die Vererblichkeit bestimmter Ansprüche ausschließen, praktisch bedeutsam ist die Unvererblichkeit des im Rahmen vorweggenommener Erbfolge vereinbarten Rückübertragungsanspruchs (Zimmer ZEV 06, 381). Zum Anspruch aus § 528 vgl dort Rn 19. Desweiteren werden vererbt der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters nach § 89b HGB (BGHZ 24, 214), der arbeitsrechtlich vereinbarte Abfindungsanspruch, wenn der Arbeitnehmer vor dem im Abfindungsvergleich festgelegten Auflösungszeitpunkt stirbt (BAG ZEV 04, 248), sofern es sich nur um eine Gegenleistung des Arbeitgebers für die Einwilligung des Erblassers in die Beendigung des Arbeitsverhältnisses handelt; sollte die in Raten zu zahlende Abfindung dagegen vorrangig der Einkommenssicherung des Erblassers bis zum Eintritt ins Rentenalter dienen, ist die Abfindung nicht vererblich (LAG Ddorf, ZFE 07, 359). Der im Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht verwirklichte Urlaubsanspruch ist dagegen nicht vererblich, er wandelt sich jedoch in einen (vererblichen) Urlaubsabgeltungsanspruch (EuGH NJW 14, 2415; BAG NJW 19, 2052 [BAG 22.01.2019 - 9 AZR 328/16] – abweichende Vereinbarungen, soweit nicht den gesetzlichen Mindesturlaub betreffend, auch Erlöschen weitergehender Ansprüche, sind zulässig). Vererblich ist auch der Anspruch des Patienten auf Einsicht in die Krankenunterlagen (BGH NJW 83, 328 [BGH 23.11.1982 - VI ZR 222/79]), sofern die Einsichtnahme aus einer Einwilligung des Erblassers (ausdrücklich oder konkludent) gerechtfertigt werden kann, um die Schweigepflicht des Arztes nicht zu verletzen (BGH NJW 83, 2627; München ErbR 2009, 67).

 

Rn 43

Hinsichtlich der Besteuerung tritt der Erbe grds auch in die Rechtsstellung des Erblassers ein, so dass er berechtigt ist, das Wahlrecht nach § 26 EStG auszuüben (BFH NJW 64, 615). Die Erben haften, ebenso wie der Testamentsvollstrecker, der Nachlassverwalter und der Nachlasspfleger für die vom Erblasser nicht versteuerten Einkünfte, wobei aber der Erwerb von Todes wegen nicht der Einkommenssteuer unterliegt; dies gilt nicht, wenn beim Erben, Vermächtnisnehmer oder Pflichtteilsberechtigten aus dem Erwerb Einkünfte anfallen, die dann von ihm persönlich zu versteuern sind. Vererblich sind auch noch nicht entstandene Steuerlasten des Erblassers, die bei ihm entstanden wären, wenn er nicht verstorben wäre, etwa (vgl BFH/NV 12, 1785).

 

Rn 44

Zunehmend gewinnt der sogen digitale Nachlass an Bedeutung (Hoeren NJW 05, 2113; Martini JZ 12, 1145; PrunsErbR 21, 24). Im Wege der Universalsukzession gehen auch Internetdomains, ›Bitcoins‹, ›Credits‹ in ›Foto-Communities‹, ›Facebook-Accounts‹ (BGH NJW 18, 3178; Gloser DNotZ 18, 859; LG Münster FamRZ 19, 1267 – ›apple i-cloud‹) und etwa Guthaben bei Online-Spielen auf die Erben und nicht etwa die nächsten Angehörigen über (Herzog NJW 13, 3745; Deutsch ZEV 14, 2). Die Erben treten in diese Rechtsverhältnisse ein mit der Folge, dass sie als Haupt- oder Nebenrecht Zugriff auf alle gespeicherten Daten des Erblassers haben, insbes auf Auskunft und Herausgabe von Zugangsinformationen (Martini JZ 12, 1147; BGH NJW 18, 3178 [BGH 12.07.2018 - III ZR 183/17]), wobei die Übergabe der Daten allein nicht genügt (BGH ZEV 20, 714 [BGH 27.08.2020 - III ZB 30/20]). Allerdings sind Grenzen dort anzunehmen, wo überwiegende Geheimhaltungsinteresse Dritter entgegenstehen.

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