Rn 2

Nr 1: Zum entgeltlichen wie dem unentgeltlichen Erwerb eines Erwerbsgeschäfts (oder eines Teils davon) ist ohne Rücksicht auf den Rechtsgrund des Erwerbs die Genehmigung des BtG erforderlich. Ein Erwerbsgeschäft ist jede mit der Absicht der Gewinnerzielung selbstständig ausgeübte berufliche Tätigkeit (RGZ 133, 7, 11), wobei der Gegenstand, die bisherige und die zukünftige Rechtsform sowie der Umstand, ob der Mündel es allein oder mit anderen zusammen erwirbt, ohne Bedeutung sind (MüKo/Schwab § 1822 aF Rz 14; Klüsener Rpfleger 90, 321). Die Genehmigungspflicht soll sich ausschließlich auf das Verpflichtungsgeschäft beziehen (BTDrs 19/24445, 288; krit dazu Grüneberg/Götz § 1852 Rz 2). Auf die Rechtsform des Erwerbsgeschäfts kommt es nicht an. Die Genehmigung ist auch notwendig, wenn der Mündel entgeltlich die Beteiligung an einer Personengesellschaft (OHG, KG, BGB-Erwerbsgesellschaft) erwirbt, an Kapitalgesellschaften nur dann, wenn die Beteiligung über ein bloße Kapitalbeteiligung hinausgeht und wirtschaftlich als Beteiligung an dem von der GmbH betriebenen Erwerbsgeschäft anzusehen ist (BGH 55, 1067; Bremen NJW-RR 98, 376 f [OLG Düsseldorf 01.07.1997 - 21 U 245/96], Staud/Veit § 1822 aF Rz 42 ff). Zur Problematik bei der GmbH vgl Staud/Veit § 1822 aF Rz 56 ff. Entsprechendes gilt für die Veräußerung (Soergel/Zimmermann § 1822 aF Rz 19).

 

Rn 3

Gleichfalls genehmigungspflichtig ist der unentgeltliche Erwerb des Erwerbsgeschäfts durch Schenkung oder Erbschaft sowie die Fortführung eines ererbten Einzelunternehmens in Erbengemeinschaft, da auch dieser für den Betreuten mit nicht unerheblichen Haftungsrisiken verbunden sein kann. Zur Problematik des nach dem Tode des früheren Inhabers in ungeteilter Erbengemeinschaft fortgeführten Erwerbsgeschäfts s Staud/Veit § 1822 aF Rz 80 ff.

 

Rn 4

Nr 2. Zum Abschluss eines Gesellschaftsvertrages (§§ 705 ff), der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts erfolgt, bedarf der Betreuer stets der Genehmigung des BtG (Dresd NJW-RR 19, 29 [OLG Rostock 08.11.2018 - 4 W 27/18]). Dies gilt für die Gründung einer Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechts, einer offenen Handelsgesellschaft (§ 105 HGB), einer KG, ferner einer KG auf Aktien (§ 278 AktG). Ferner bedürfen auch Verträge, mit denen sich der Mündel an der Gründung von Kapitalgesellschaften (GmbH, AG) beteiligt der Genehmigung nach Nr 2 (Staud/Veit § 1822 aF Rz 85). Welcher Art die Gesellschafterstellung des Mündels ist, ist unerheblich. Genehmigungspflichtig ist daher auch die Beteiligung an einer KG als Kommanditist (BGH NJW 55, 1067 [BGH 30.04.1955 - II ZR 202/53], BayObLG Rpfleger 77, 60, Staud/Veit § 1822 aF Rz 78, MüKo/Schwab § 1822 aF Rz 21) und die Beteiligung als stiller Gesellschafter (Soergel/Zimmermann § 1822 aF Rz 18). Ob die Beteiligung an einer stillen Gesellschaft, wegen fehlenden Schutzbedürfnisses, ausnahmsweise genehmigungsfrei erfolgen kann, wenn der Mündel über seine Kapitaleinlage hinaus nicht am Verlust beteiligt ist und auch an der Führung der Geschäfte nicht mitwirkt, ist str (bejahend BGH FamRZ 57, 121; Hamm OLGZ 74, 158; Grüneberg/Götz § 1852 Rz 5; aA Staud/Veit § 1822 aF Rz 86 ff mwN; MüKo/Schwab § 1822 aF Rz 26, Soergel/Zimmermann aF § 1822 Rz 25; Brüggemann FamRZ 90, 124, 127). Für Verträge, durch die neue Gesellschafter aufgenommen oder durch die Bedingungen des Gesellschaftsvertrages über Gewinnverteilung unwesentlich geändert werden, ist nach hM keine Genehmigung erforderlich (BGH NJW 61, 724, BGHZ 38, 26, Staud/Veit § 1822 aF Rz 94; aA Soergel/Zimmermann § 1822 aF Rz 26; Grüneberg/Götz § 1852 Rz 5 mwN). Beteiligungen des Betreuten, die auf andere Weise als durch Vertrag (zB Erbschaft) entstehen, sind nicht genehmigungspflichtig (Grüneberg/Götz § 1852 Rz 6).

 

Rn 5

Der Verstoß gegen die Genehmigungspflicht zum Erwerb eines Erwerbsgeschäfts lässt die Wirksamkeit der späteren Einzelgeschäfte unberührt, die nicht genehmigte Beteiligung an einer Erwerbsgesellschaft führt zu einer Behandlung des Betreuten als Gesellschafter ohne Verpflichtungen nach innen und nach außen und ohne Haftung des Betreuten (Staud/Veit § 1822 aF Rz 99).

 

Rn 6

Nr 3 macht die Erteilung der Prokura durch den Betreuer von der vorherigen Genehmigung abhängig. Gemeint ist hier ausschließlich die Erteilung einer Prokura iSd §§ 48 ff HGB, nicht die Erteilung sonstiger Vollmachten (Hamm FamRZ 72, 270). Ferner muss der Prokurist Vertreter des Betreuten sein, vertritt er nur eine juristische Person, an der der Betreute beteiligt ist (GmbH, AG), ist Nr 3 nicht anzuwenden (Staud/Veit § 1822 aF Rz 191). Ist der Betreute an dem Handelsgeschäft, für das Prokura erteilt werden soll, beteiligt, bedarf es keiner Genehmigung durch das BtG (KG OLGE 27, 369). Ist die Genehmigung erteilt, kann der Prokurist alle von seiner Vertretungsmacht umfassten weiteren Geschäfte genehmigungsfrei abschließen. Für die Zurücknahme der Prokura ist die Genehmigung des BtG nicht erforderlich (Staud/Veit § 1822 aF Rz 194). Unabhängig von der Eintragung ins Handelsregister ist di...

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