Gesetzestext

 

Die Annahme eines Volljährigen darf nicht ausgesprochen werden, wenn ihr überwiegende Interessen der Kinder des Annehmenden oder des Anzunehmenden entgegenstehen.

 

Rn 1

Da das in § 1745 für die Minderjährigenadoption normierte Verbot der Annahme aufgrund einer Gefährdung der Interessen der Kinder des Annehmenden oder Anzunehmenden bei der Volljährigenadoption gem § 1768 I 2 keine Anwendung findet, enthält § 1769 eine eigenständige Regelung. Im Gegensatz zu § 1745 können bei der Volljährigenadoption durchaus vermögensrechtliche Aspekte ausschlaggebend sein. Wie auch bei der Annahme eines Minderjährigen muss das FamG ermitteln und prüfen, ob überwiegende Interessen der Kinder des Annehmenden oder des Anzunehmenden zB auf erbrechtlicher Ebene einer Adoption entgegenstehen (München FGPrax 05, 261). Die Norm soll aber den Kindern nicht den wirtschaftlichen Status quo garantieren (Schlesw FamRZ 20, 615). Der im Falle der Adoption bloß verringerte Pflichtteilsanspruch kann das Interesse an der rechtlichen Verankerung einer jahrzehntelang tatsächlich gelebten familiären Beziehung idR nicht überwiegen (AG Bremen FamRZ 10, 47). Eine Beeinträchtigung in erheblicher und unangemessener Weise kann bspw aber dann vorliegen, wenn das Kind ohne das zu erbende Vermögen für seinen Unterhalt nicht sorgen kann oder auf das Vermögen angewiesen ist, um einen elterlichen Betrieb fortzuführen (Brandbg Urt v 30.3.22 – 7 U 59/20 –, juris, Rz 43).

 

Rn 1a

Gem § 193 FamFG bedarf es der Anhörung der Kinder von Annehmendem bzw Anzunehmendem, denn nur auf diesem Weg wird das FamG Kenntnis von entgegenstehenden Interessen erlangen. Sind die anzuhörenden Kinder noch minderjährig, muss die Anhörung über den jeweiligen gesetzlichen Vertreter erfolgen. Das FamG kann trotz bestehender Amtsermittlungspflicht grds darauf vertrauen, dass relevante Tatsachen und Umstände durch die Kinder bzw deren gesetzliche Vertreter geltend gemacht werden, denn alle Beteiligten haben eine Mitwirkungspflicht (§ 27 FamFG) und die Amtsermittlung erstreckt sich nur auf solche Umstände, für die das Gericht Anhaltspunkte hat. Es muss also nicht allen nur theoretisch denkbaren Ansätzen nachgegangen werden. Einer Anhörung bedarf es dagegen nicht, wenn das FamG aufgrund fehlender sittlicher Rechtfertigung den Ausspruch der Annahme ablehnt (BGH NZFam 21, 964 m Anm Löhnig).

 

Rn 2

Ein Beschwerderecht steht den Kindern des Annehmenden oder Anzunehmenden bei einem Ausspruch der Adoption nicht zu (§ 197 III 1 FamFG). Mangels Vergleichbarkeit der jeweiligen Lage begründet das Fehlen eines Beschwerderechts der Kinder auch keine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Gleichem iSv Art 3 I GG in Bezug auf das Beschwerderecht des Annehmenden und Anzunehmenden nach §§ 58, 59 FamFG im Fall einer abgelehnten Adoption (BVerfG NJW 22, 3210, 3212 [BVerfG 05.08.2022 - 1 BvR 2329/21]). Wurden die Kinder jedoch gar nicht angehört, begründet dies einen Verstoß gegen das rechtliche Gehör gem Art 103 I GG mit der Möglichkeit der Verfassungsbeschwerde (BVerfG FamRZ 94, 493).

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