Rn 23

Der Verletzung oder drohenden Verletzung der Wohlverhaltenspflicht gem II kann das FamG durch Anordnungen gem III 2 begegnen. Auch der umgangsberechtigte Elternteil kann mittels solcher Anordnungen zu einem bestimmten wünschenswerten Verhalten angewiesen werden, wenn die Voraussetzungen für einen Umgangsrechtsausschluss gem IV noch nicht vorliegen oder ein solcher dadurch gerade verhindert werden kann. Gem § 156 I 4 FamFG können die Eltern zur Teilnahme an einer Familienberatung verpflichet werden, weiterhin aber nicht zu einer Therapie (Nürnbg FamRZ 06, 1146, Karlsr FamRZ 04, 56; Brandbg FamRZ 02, 975; Stuttg FamRZ 07, 1682 unter Aufgabe FamRZ 01, 932; Kobl FamRZ 13, 1823; KG FamRZ 19, 982; Staud/Rauscher § 1684 Rz 107).

 

Rn 24

Mit Inkrafttreten des FamFG am 1.9.09 wurden die S 3–6 in III eingefügt und dadurch die bisherige gerichtliche Praxis gesetzlich geregelt, wonach bei Gefährdung des Kindeswohls ein Ergänzungspfleger (›Umgangspfleger‹) mit dem Wirkungskreis ›Regelung des Umgangs und Bestimmung des Aufenthalts für den Zeitraum der Durchführung des Umgangs‹ gem §§ 1696 I, 1666 bestellt wurde (Frankf FamRZ 00, 1240; Bambg FamRZ 85, 1175; Brandbg FamRZ 07, 577; 09, 1688; Celle FamRZ 07, 1265; Zweibr FamRZ 07, 1678; Saarbr FamRZ 08, 86; Naumbg FamRZ 09, 792, 793; Köln FamRZ 10, 1747; KG FamRZ 19, 1147; BGH FamRZ 12, 99, 101 mAnm Luthin; krit FAKomm-FamR/Ziegler § 1684 Rz 37). Nach Einfügung des Satzes 3 ist kein Raum mehr für den Entzug des Umgangbestimmungsrechts gem § 1666 und dessen Übertragung auf einen Ergänzungspfleger (Stuttg FamRZ 14, 1794; aA Frankf FamRZ 16, 68; 246; Götz Anm zu Celle FamRZ 22, 611). Die hohe Schwelle der Kindeswohlgefährdung gem § 1666 muss demnach nicht mehr überwunden werden (vgl München FamRZ 11, 823; Ddorf FamRZ 20, 178 m abl Anm Hammer), doch macht Satz 3 deutlich, dass das Umgangsrecht in erheblicher Weise vereitelt worden sein muss (AmtlBegr BTDrs 16/6308, 345; vgl auch § 1685 III 2; KG FamRZ 10, 1749: grds nicht durch einstweilige Anordnung; Ddorf FamRZ 11, 822, 823; 20, 178). Die Anordnung der Umgangspflegschaft ist kein Eingriff in das Sorgerecht, da sie nur der Durchsetzung des Umgangsrechts dient (Celle FamRZ 11, 574, 575; Schlesw FamRZ 16, 1785); sie setzt dauerhafte oder wiederholt erhebliche Verletzung der Loyalitätspflicht nach II 1 voraus (BGH FamRZ 19, 199; Saarbr FamRZ 15, 1726; nach Hamm FamRZ 22, 614 auch, wenn nur Umgangsberechtigter Wohlverhaltenspflicht verletzt). S 4 gibt dem Umgangspfleger eigene Rechte zur Durchführung des Umgangs (Gestaltung, insb Ort des Umgangs, der Übergabe, der Rückgabe sowie Herausgabeverlangen und Nachholung), von denen er Gebrauch machen kann, falls es ihm nicht gelingt, zwischen den Eltern zu vermitteln. Die Kindesherausgabe kann er aber ohne gerichtliche Anordnung gem § 90 I FamFG nicht durch unmittelbaren Zwang durchsetzen. Wegen § 90 II 1 FamFG ist eine solche Anordnung ggü dem betreuenden Elternteil nicht zulässig. Auch ist der Umgangspfleger nicht befugt über die Häufigkeit und Dauer des Umgangs zu entscheiden; hierzu kann er vom Gericht auch nicht ermächtigt werden (Hamm FamRZ 10, 1926; 13, 310; 14, 402; 1792, 1793; München FamRZ 11, 823, 824; KG FamRZ 13, 308; Celle FamRZ 13, 1237; Frankf FamRZ 13, 1824; Stuttg FamRZ 14, 1794; KG FamRZ 16, 1780: aber Feinabstimmung kann Umgangspfleger übertragen werden). Auch über § 1666 kann dies einem Ergänzungspfleger nicht übertragen werden, da das Gericht selbst Umfang und Ausübung des Umgangsrechts regeln muss, falls sich die Eltern nicht einigen (München FamRZ 11, 823, 824). Da die Umgangspflegschaft nicht über einen längeren Zeitraum sinnvoll ist, schreibt Satz 5 eine Befristung vor (AmtlBegr BTDrs 16/6308, 346). Die Verweisung in Satz 6 bewirkt, dass Aufwendungsersatz und Vergütung des Umgangspflegers, der die Pflegschaft berufsmäßig führt (§ 277 II FamFG; vgl BGH FamRZ 19, 199) zunächst aus der Staatskasse zu bezahlen sind (§ 277 V FamFG); da es sich dabei um Verfahrensauslagen handelt, trägt diese letztlich der Kostenschuldner. IÜ sind auf die Umgangspflegschaft die Vorschriften über die Pflegschaft gem §§ 1809 ff anwendbar (BTDrs 16/6308, 346; Brandbg FamRZ 15, 1735).

 

Rn 25

Verstößt der umgangsberechtigte Elternteil gegen seine Wohlverhaltenspflicht gem II, kommt neben der zeitlichen Beschränkung des Umgangsrechts (vgl Saarbr FamRZ 15, 62) im äußersten Fall der gänzliche Ausschluss gem IV, in Betracht (s.u. Rn 47 ff). Wird dagegen das Umgangsrecht vom sorgeberechtigten Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, nachhaltig beeinträchtigt oder sogar ganz vereitelt, kann auch der Entzug des Sorgerechts und die Übertragung auf den anderen Elternteil gem § 1696 I veranlasst sein (vgl Kobl FamRZ 03, 397; Ddorf FuR 05, 563; Frankf FamRZ 05, 1700; Köln FamRZ 10, 1747). Die fehlende Bindungstoleranz des Sorgerechtsinhabers führt aber nur dann zur Abänderung der Sorgerechtsregelung, wenn die vorzunehmende Gesamtabwägung aller Kindeswohlkriterien ergibt, dass dies die besser...

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