Rn 14

Auch bei konkreter Gefährdung des Kindesvermögens ist das FamG befugt, einzugreifen (vgl auch BverfGE 72, 155, 174 = FamRZ 86, 769, 773). Die wichtigsten Fälle der Gefährdung des Kindesvermögens sind in II als Regelbsp genannt. Eine abschließende Definition der Vermögensgefährdung und damit eine zusätzliche Voraussetzung für staatliche Eingriffe stellt dies aber nicht dar (Staud/Coester § 1666 Rz 191; BTDrs 13/4899 S 97).

I. Gefährdung des Kindesvermögens im Allgemeinen, Abs 1.

 

Rn 15

Eine Gefährdung des Kindesvermögens setzt eine gegenwärtige Gefahr voraus, also eine Situation, in der nach den Umständen der Eintritt eines Schadens wahrscheinlich ist oder zumindest als naheliegende Möglichkeit erscheint. Dies hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab (BayObLG FamRZ 83, 528, 530; 89, 652, 653; 94, 11). Dabei reicht es aus, dass eine derartige Pflichtverletzung nach den Umständen des Falles nicht ganz fern liegt (vgl BayObLG FamRZ 91, 1339).

 

Rn 16

Gefährdung kann nicht nur bei einer Verminderung oder einem ordnungswidrigen Verbrauch des Kindesvermögens, sondern grds auch dann anzunehmen sein, wenn durch Verletzung der mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten übliche Möglichkeiten der Vermögensmehrung nicht genutzt werden, so beim Unterlassen der in § 1642 vorgeschriebenen Geldanlage (BayObLG FamRZ 83, 528, 530; 89, 652, 653; 94, 11).

 

Rn 17

Es muss das Vermögen des Kindes in seiner Gesamtheit gefährdet sein. Die Verletzung einzelner Vermögensinteressen genügt nicht, es sei denn die Vermögenslage des Kindes wird dadurch insgesamt beeinträchtigt. Dabei muss eine erhebliche Schädigung drohen, da geringere Beeinträchtigungen keine staatlichen Eingriffe rechtfertigen können (Staud/Coester § 1666 Rz 189).

 

Rn 18

Ein schuldhaftes Verhalten des Sorgeberechtigten war bereits nach altem Recht nicht erforderlich (BayObLG FamRZ 89, 1215, 1216; 94, 11); zum neuen Recht s.o. Rn 4. Gerade bei der Verletzung der Vermögenssorge muss der Schutz auch objektive Gefährdungen umfassen, da die mangelnde Fähigkeit der Eltern im ökonomischen Bereich richtig zu handeln regelmäßig unverschuldet ist.

 

Rn 19

Neben den Regelbsp des II hat der allg Tatbestand des I kaum noch eigenständige Bedeutung. Doch muss bei Vermögensgefährdungen durch Vermögensverfall der Eltern oder Handlungen Dritter auf die Generalklausel zurückgegriffen werden (Staud/Coester § 1666 Rz 202 f).

II. Regelbsp für eine Gefährdung des Kindesvermögens, Abs 2.

1. Verletzung der Unterhaltspflicht.

 

Rn 20

Die Verletzung der Unterhaltspflicht setzt einen Unterhaltsanspruch gem §§ 1601 ff voraus, also insb Bedürftigkeit des Kindes und Leistungsfähigkeit der Eltern. Erfasst wird sowohl der Bar- als auch der Naturalunterhalt. Bei einem iSd § 1602 II vermögenden Kind müssen die Eltern diesem das Vermögen zur Verfügung stellen und ihm seinen Arbeitsverdienst in angemessenem Umfang belassen (Staud/Coester § 1666 Rz 194). Zur Feststellung der Unterhaltspflichtverletzung kann auch auf die strafrechtlichen Grundsätze für die Verwirklichung des § 170 StGB zurückgegriffen werden. Deshalb ist ein Rechtsirrtum der Eltern über ihre Unterhaltspflicht nur beachtlich, wenn er unvermeidbar war (aA Staud/Coester § 1666 Rz 194: Rechtsirrtum stets unbeachtlich). Auch entlasten die gesetzlichen oder freiwilligen Versorgungsleistungen Dritter, insb öffentliche Hilfen, die Eltern grds nicht. Anders ist es aber, wenn die Zahlungen Dritter unabhängig von der Nichtzahlung durch den Sorgerechtsinhaber erfolgen oder wenn dieser seinen Beitrag zur Unterhaltssicherung gerade dadurch leistet, dass er dafür Sorge trägt, dass das Kind von Dritten – etwa den Großeltern – versorgt wird und dies auf einer Vereinbarung zwischen allen Beteiligten beruht (BayObLG FamRZ 89, 652).

 

Rn 21

Die Gesamtvermögenslage des Kindes muss gefährdet sein und nicht nur der Unterhalt. Deshalb kommt bei kleineren Verletzungen der Unterhaltspflicht eine Gefährdung des Kindesvermögens nicht in Betracht. Vornehmlich geht es um den Schutz des leiblichen Kindeswohls (BayObLG FamRZ 89, 652).

2. Verletzung der Vermögenssorgepflicht.

 

Rn 22

Ganz allg sind die Eltern verpflichtet das Kindesvermögen zu erhalten, zu verwerten und zu vermehren, also nach den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung anzulegen, soweit es nicht zur Bestreitung von Ausgaben, insb für den Kindesunterhalt, bereitzuhalten ist, vgl §§ 1626 I 2, 1642, 1649 I 1.

 

Rn 23

Als Verletzungshandlungen kommen demnach insb in Betracht: Eine nachlässige Vermögensverwaltung, etwa durch Unterlassen der durch § 1642 vorgeschriebenen Geldanlage (BayObLG FamRZ 94, 11), und ein ordnungswidriger Verbrauch des dem Kind zustehenden Sparguthabens (BayObLG FamRZ 91, 1339, 1340), der bereits in der Abhebung des Sparguthabens zum Zwecke der eigenen Verwendung, insb bei überschuldetem Elternteil, gesehen werden kann (BayObLG FamRZ 89, 1215, 1216).

 

Rn 24

Zu beachten ist, dass auch hier nicht jede Verletzung einer Vermögenssorgepflicht genügt. Für eine staatliche Schutzmaßnahme gem I ist vielmehr die Gefährdung des Kindesvermögens insgesamt und nicht nur einzelner Positionen erforderlich (Staud/Coester § 1666 Rz 197).

3. Verstoß gegen gerichtliche Anordnungen zur Vermögenssorge.

 

Rn 25

Das Gericht kann insb gem § 1640 III und § 1667 ...

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