Rn 1

für die Übertragung des Entscheidungsrechts ist, dass die Eltern, denen zumindest in dem streitigen Teilbereich die elterliche Sorge gemeinsam zustehen muss, sich in einer bestimmten Art von Angelegenheit nicht einigen können. Dem steht gleich, wenn sich ein Elternteil nicht zu einer Stellungnahme durchringen kann (AG Pankow FamRZ 09, 1843). Das Sorgerecht als Ganzes kann nicht übertragen werden. Aufgrund des der Vorschrift immanenten Subsidiaritätsgedankens setzt die familiengerichtliche Übertragung der Entscheidungsbefugnis über eine sorgerechtliche Angelegenheit von erheblicher Bedeutung vorangegangene ernsthafte – erfolglos gebliebene – Verständigungs- und Einigungsbemühungen zwischen den Elternteilen unter Ausschöpfung der Beratungsmöglichkeiten durch das Jugendamt nach §§ 16, 17 SGB VIII voraus (Ddorf FamRZ 21, 1387).

 

Rn 2

Schwierigkeiten bereitet die Abgrenzung zu § 1671, weil der Anwendungsbereich des § 1628 nicht auf Eltern beschränkt ist, die zusammenleben, sondern auch bei Getrenntleben gilt (vgl Schwab FamRZ 98, 457, 468 Hamm FamRZ 11, 821). Die Unterscheidung ist aber wichtig, weil § 1671 höhere Anforderungen an die Übertragung des Sorgerechts stellt. Daher ist der Anwendungsbereich des § 1628 eng zu fassen (München FamRZ 08, 1103, 1104: Bestimmung des Erstwohnsitzes des Kindes nach MeldeG ist in Wirklichkeit Streit um Aufenthaltsbestimmungsrecht nach § 1671; ebenso Köln FamRZ 12, 563; Jena FamRZ 15, 148, 149). Nach dem Willen des Gesetzgebers geht es bei § 1628 um die auf eine konkrete Situation bezogene Zuteilung der Entscheidungsbefugnis (BTDrs 13/4899 S 99; vgl Köln FamRZ 05, 644, 645; 12, 1502: Passbeantragung; Karlsr FamRZ 08, 1368: Urlaubsreise; Hambg FamRZ 2012, 562: Verwandtenbesuch in Kasachstan; Köln FamRZ 12, 563: Großmutterbesuch in Russland, aber aA insoweit als keine Angelegenheit von besonderer Bedeutung; Karlsr FamRZ 15, 150: besondere Bedeutung bei Reise in Krisengebiete, hier Ostukraine; Frankf FamRZ 16, 1595; Kobl FamRZ 22, 197: Türkeiurlaubsreise; Braunschw FamRZ 20, 1658: Mallorcareise während Corona-Pandemie; Köln FamRZ 20, 997: Afghanistan; FamRZ 20, 998: Nigeria; Frankf FamRZ 09, 894: Kindergartenwahl; Jena FamRZ 09, 894: Umgang mit Dritten; Karlsr FamRZ 20, 1380: Betreuung durch Tagesmutter (FamRZ 20, 1380); Dresd FamRZ 09, 1330, 1331; Stuttg FamRZ 11, 305: Familiennamenswahl; Karlsr FamRZ 15, 1723; BGH FamRZ 17, 119; Hamm FamRZ 21, 500: Namensänderung; Frankf FamRZ 21, 853; 21, 1533 mAnm Lipp; München FamRZ 21, 1980; 22, 1200; Rostock FamRZ 22, 192; Dresd FamRZ 22, 528; AG Hamburg FamRZ 22, 104 mAnm Rake; AG Bad Iburg FamRZ 22, 696; AG Brandenburg FamRZ 22, 697; 1704; 1852: Corona-Impfungen; Hamm FamRZ 11, 821: Sozialgeldantrag; Jena FamRZ 15, 148: Sozialgerichtsverfahren; Hambg FamRZ 15, 416; ebenso Celle FamRZ 15, 590 und Frankf FamRZ 17, 289: Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen beim Wechselmodell, da § 1629 II 2 nicht einschlägig (vgl BGH NJW 06, 2258; aA Celle FamRZ 19, 40: Ergänzungspfleger notwendig); AG Stolzenau: Geltendmachung von Bildlöschung in sozialen Medien; Frankf FamRZ 21, 198: freiwillige Quarantäne; AG Hannover FamRZ 14, 856: begleitetes Fahren; Oldbg FamRZ 19, 203: Antrag auf Genehmigung gem § 1631b; AG Ddorf FamRZ 14, 1209; BGH FamRZ 05, 1167: christliche Taufe; wie BGH: Ddorf FamRZ 10, 1255; 21, 1387; Oldbg FamRZ 10, 1256; Hamm FamRZ 14, 1712; Stuttg FamRZ 18, 354; Karlsr FamRZ 19, 1697; AG Monschau FamRZ 12, 1883: Teilnahme am Religionsunterricht und an Schulgottesdiensten; AG Mainz FamRZ 21, 1118: Teilnahme am Präsenzunterricht bei Corona-Schnelltestverpflichtung, ebenso Bambg FamRZ 21, 1537, anders zu Schnelltest AG Marl FamRZ 21, 761; Stuttg FamRZ 16, 1380; Karlsr FamRZ 16, 1376: noch keine Entscheidung notwendig bei 3-Jährigem); Ddorf FamRZ 21, 1714: Vorgehen gg Veröffentlichung von Kinderfotos. Dagegen betrifft § 1671 eine teilw Übertragung des Sorgerechts für alle in diesem Teilbereich denkbaren Entscheidungen bis zum Eintritt der Volljährigkeit des Kindes (BTDrs 13/4899 S 99; vgl Hamm FamRZ 06, 1058, 1059 hinsichtlich Staatsangehörigkeit). In einen Fall steht demnach der situative Bezug im Vordergrund, während im anderen Fall eher eine grds Entscheidung zu treffen ist (Köln FamRZ 12, 563; krit hierzu Schwab FamRZ 98, 457, 467 f). Deshalb ist die Entscheidung über die Wahl der Schule dem § 1628 zuzuordnen (Schlesw FamRZ 11, 1304; KG FamRZ 18, 502; Brandbg FamRZ 19, 1241; Frankf FamRZ 19, 1244; Rostock FamRZ 20, 102; Hambg FamRZ 22, 107; Hamm FamRZ 18, 1669 für Kindergarten; AG Mainz FamRZ 21, 1711: Internatsbesuch, auch Kriterien des § 1671), während die Entscheidung über alle schulischen Angelegenheiten nur gem § 1671 auf einen Elternteil übertragen werden kann (vgl Schwab FamRZ 98, 457, 467). Das Aufenthaltsbestimmungsrecht kann nur gem § 1671 übertragen werden (Köln FamRZ 12, 563; Stuttg FamRZ 19, 802; Kobl FamRZ 19, 804 mAnm Rake; anders in einem Einzelfall Celle FamRZ 11, 488 mit zu Recht krit Anm); anders nur, wenn die Eltern noch...

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