Gesetzestext

 

(1) Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, so steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu,

1. wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärungen),
2. wenn sie einander heiraten oder
3. soweit ihnen das Familiengericht die elterliche Sorge gemeinsam überträgt.

(2) 1Das Familiengericht überträgt gemäß Absatz 1 Nummer 3 auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. 2Trägt der andere Elternteil keine Gründe vor, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können, und sind solche Gründe auch sonst nicht ersichtlich, wird vermutet, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht.

(3) Im Übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge.

A. Gesetzesgeschichte.

 

Rn 1

Mit G v 16.4.13 (BGBl I 795), das am 19.5.13 in Kraft trat, wurde I Nr 3 und II in die Vorschrift eingefügt. Damit wurde die Konventions- und Verfassungswidrigkeit beseitigt, die der EGMR mit Urt v 3.12.09 (FamRZ 10, 103 m Anm Henrich) und anschließend das BVerfG mit Beschl v 21.7.10 (FamRZ 10, 1403 mit Anm Luthin) festgestellt hatten, weil die aF das Elternrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes dadurch verletzt hat, dass er ohne gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit mangels Zustimmung der Mutter generell von der Sorgetragung für sein Kind ausgeschlossen war. Zur Neuregelung vgl Huber/Antomo FamRZ 12, 1257; 13, 665; Büte FuR 13, 311; Coester FamRZ 12, 1337.

B. Allgemeines.

 

Rn 2

Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes verheiratet, steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu. Für unverheiratete Eltern gilt § 1626a. Nach III ist die Mutter grds alleinsorgeberechtigt. Der Vater kann gem I durch Sorgeerklärungen, Heirat oder antragsgemäße gerichtliche Entscheidung die gemeinsame Sorge erlangen, jedoch nur insoweit als sie der Mutter zu diesem Zeitpunkt noch zustand (BGH FamRZ 05, 1469, 1470). Wurde der Mutter die elterliche Sorge, die ihr gem III allein zustand, ganz oder teilweise gem § 1666 entzogen und nicht gem § 1680 II, III in diesem Umfang zugleich dem Vater übertragen, kann dieser nur gem § 1696 das Sorgerecht später (insoweit) erhalten (BGH FamRZ 05, 1469, 1470; Grüneberg/Götz § 1626a Rz 16; J/H/A/Lack § 1626a Rz 7; MüKo/Huber § 1626a Rz 22; Staud/Coester § 1626a Rz 26). Das Verfahren zu § 1626a regelt der mit selbem G neu eingefügte § 155a FamFG.

C. Abs 1 Nr 1: Sorgeerklärungen.

 

Rn 3

Die gemeinsame Sorge kann nach I Nr 1 dadurch begründet werden, dass die Eltern jeweils Sorgeerklärungen abgeben. Das Nähere zur Sorgeerklärung regeln die §§ 1626b – 1626e. Der Umfang der Begründung der gemeinsamen Sorge steht nicht zur Disposition der Eltern. Sie können keine auf Teilbereiche beschränkte Sorgeerklärungen abgeben, sondern die gemeinsame Sorge nur umfassend begründen, soweit sie der Mutter bislang allein zustand (BGH FamRZ 08, 251, 255; Nürnbg FamRZ 14, 854: Ausnahme bei gerichtlicher Billigung; Grüneberg/Götz § 1626a Rz 16; MüKo/Huber § 1626a Rz 6; Staud/Coester § 1626a Rz 59 f).

D. Abs 1 Nr 2: Heirat.

 

Rn 4

Im Falle der Heirat der Eltern werden sie in dem Umfang gemeinsam sorgeberechtigt als die Alleinsorge der Mutter zustand. § 1626b III gilt im Falle der Heirat nicht, weshalb der Vater das gemeinsame Sorgerecht auch dann erlangt, wenn es zuvor gem § 1671 der Mutter übertragen worden war (Ddorf FamRZ 10, 385; MüKo/Huber § 1626a Rz 23; Staud/Coester § 1626a Rz 19).

E. Abs 1 Nr 3, Abs 2: Gerichtliche Entscheidung.

I. Abs 2 S 1: Antrag.

 

Rn 5

Das gerichtliche Verfahren setzt einen Antrag voraus (vgl Celle FamRZ 20, 424), den auch die Mutter stellen kann, um den ›vordergründig sorgeunwilligen‹ Vater in die gemeinsame Sorge einzubinden, was freilich eher selten vorkommen dürfte (BTDrs 17/11048, 16; Staud/Coester § 1626a Rz 83). Antragsberechtigt sind ohne Einschränkungen auch solche nicht miteinander verheirateten Eltern, deren Kinder vor Inkrafttreten der Neuregelung geboren wurden (BTDrs 17/11048, 16). Gem § 30 der Überleitungsvorschrift (BGBl I 2013, 797) gilt ein vor dem 19.5.13 gestellter Antrag auf Ersetzung der Sorgeerklärung des anderen Elternteils als Antrag nach II 1.

 

Rn 6

Für die Zulässigkeit des Antrags ist nicht erforderlich, dass der Antragsteller zuvor eine Sorgeerklärung abgegeben hat. Dem Vater steht es frei, zunächst eine Sorgeerklärung beim Jugendamt abzugeben oder direkt einen Antrag bei Gericht zu stellen (BTDrs 17/11048, 16). Durch den Antrag bei Gericht erklärt der Antragsteller hinreichend seinen Willen zur Übernahme der Sorge in gemeinsamer Verantwortung mit dem anderen Elternteil (BTDrs 17/11048, 16).

II. Abs 2 S 2: Kein Widerspruch zum Kindeswohl.

 

Rn 7

Das FamG überträgt den Eltern die elterliche Sorge gemeinsam, wenn und soweit dies dem Kindeswohl nicht widerspricht; eine Teilübertragung ist möglich. Diese nur negative Kindeswohlprüfung bringt die Überzeugung des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass die gemeinsame elterliche Sorge grds den Bedürfnissen des Kindes nach Beziehungen zu beiden Elternteilen entspricht und ihm verdeutlicht, dass beide Eltern gleichermaßen bereit sind, für das Kind Verantwortung zu trag...

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